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Bahnhof Verkauf, Sanierung oder Stillstand?

Neues Kapitel in der Geschichte um das Zerbster Bahnhofsgebäude: Der Besitzer bietet es nun im Internet zum Kauf an.

Von Thomas Kirchner 11.08.2018, 01:01

Zerbst l Seit mehr als fünf Jahren gehört das Zerbster Bahnhofsgebäude der Havelinda GmbH, einer Haus- und Grundstücksverwaltung mit Sitz in Saarbrücken. Mehrmals kündigte Jörg-René Schmidt – Ehemann der Havelinda-Geschäftsführerin Darja Olegivna Schmidt – die Sanierung des historischen Gebäudes an, zuletzt im Juli 2015.

Drei Jahre sind seit dem vergangen, passiert ist nichts. Im Gegenteil, das Gebäude ist inzwischen komplett leer gezogen und verfällt immer mehr.

Nun wird der Zerbster Bahnhof im Internet zum Kauf angeboten – nicht zum ersten Mal. Schon im Dezember 2014 wurde das historische Bahnhofsgebäude bei ebay-Kleinanzeigen zum Kauf angeboten.

„Attraktives Bahnhofsgebäude mit viel Potenzial und Nutzungsmöglichkeiten in Zerbst, Sachsen-Anhalt“, heißt es derzeit bei einem Immobilienportal im Internet. Das Interessante an diesem Objekt seien die zahlreichen Nutzungsmöglichkeiten. „Es eignet sich von Pension, Hotel, Gastronomie bis hin zum Casino oder Eventhaus“, heißt es in der Anzeige. Der Preis: 180 000 Euro.

Der Kaufpreis, zu dem die Havelinda den Bahnhof von der Deutschen Bahn erworben hatte, betrug nach Volksstimme Informationen gerade einmal 35 000 Euro. „Wir wollen ja nicht mit den Gebäuden spekulieren, die wir kaufen“, sagte Jörg-René Schmidt erst im Januar am Telefon gegenüber der Volksstimme.

„Es ist extrem schwierig, irgendwelche Fördergelder zu bekommen, um die Sanierung in Angriff nehmen zu können“, erklärt Jörg-René Schmidt jetzt aktuell auf Volksstimme-Nachfrage. Sollte kein Verkauf zustande kommen, bleiben die Bahnhöfe im Bestand und es werde weiter versucht, eine Sanierung voranzutreiben.

„Wir haben einfach zu viele Objekte, um uns auf die zwei Bahnhöfe (Anm. der Red., auch der Gardelegener Bahnhof gehört der Havelinda GmbH) zu konzentrieren“, sagt Schmidt.

Dass ein Finanzierungs- und Nutzungskonzept fehle, wie beide Bürgermeister – sowohl Andreas Dittmann (SPD) für Zerbst, als auch Mandy Zepig (SPD) für Gardelegen – monieren, bestritt Schmidt. „Das ist ja nicht wahr.“ Es läge sogar ein sehr aufwendiges Nutzungskonzept vor, zumindest für Gardelegen.

Es sei eben sehr schwierig, im Vorfeld zu sagen, welche Mieter die Räume später, womit auch immer, nutzen werden. Da beiße sich die Katze in den Schwanz: ohne Mieter kein Konzept und ohne Konzept kein Geld beziehungsweise keine Fördermittel.

In Gardelegen standen sogar 200 000 Euro Fördermittel aus dem Programm Stadtumbau-Ost für den Bahnhof bereit. „Herr Schmidt wurde aufgefordert, dem Stadtrat ein Nutzungs- und Finanzierungskonzept vorzulegen“, erklärte Gardelegens Bürgermeisterin Mandy Zepig zu Jahresbeginn. Nun steht auch der Bahnhof in Gardelegen im selben Portal zum Verkauf. Preis hier: 260 000 Euro.

Auf die Verkaufspreise angesprochen, sagt Schmidt: „Die Preise sind dem Kubikmeter umbauten Raum geschuldet. Sicher werden die Bahnhöfe von der Bahn spottbillig verkauft“, gibt Schmidt zu. Das habe ja nichts mit der Realität zu tun. „Wenn sie sich ansehen, was ein Bauplatz oder ein Architekt heute kostet, dann werden sie feststellen, dass die angegebenen Verkaufspreise lächerlich sind“, betont Schmidt.

„Wenn Herr Schmidt ausführt, dass die Bahn die Bahnhöfe für wenig Geld verkauft hat und nun solche Preise aufgerufen werden, ist das wohl nicht anders als mit Spekulation zu bezeichnen“, ärgert sich Bürgermeister Andreas Dittmann. Die NASA GmbH habe stets erklärt, ein bahnnahes Dienstleistungsangebot auch investiv fördern zu wollen. „Stattdessen wurde dem einzigen Pächter gekündigt. Der jetzt aufgerufene Preis wird keine Investition ermöglichen“, betont Dittmann. Gut wäre eine Rückabwicklung, um neu beginnen zu können.

„Die Situation zeigt, dass der Eigentümer den Bahnhof nur aus Spekulationsgründen gekauft hat - billig einkaufen und teuer verkaufen“, ist sich auch Gardelegens Bauamtsleiter Engelhard Behrends sicher. Mit dem Eigentümer und seinen Forderungen, einem Verkaufspreis von 260 000 Euro, werde es nun noch schwieriger, aus dem Bahnhof etwas zu machen, erklärt er auf Volksstimme-Nachfrage.

„Wir stellen zur Zeit neue Überlegungen an, wie und mit wem wir das Thema erneut angehen werden“, erklärt Behrends. So wie der Bahnhof dasteht, könne er ja nicht bleiben. „Wir geben nicht auf“, so Gardelegens Bauamtsleiter.