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Bahnhof Geisterhaus begrüßt Gäste der Stadt

Eines der größten Ärgernisse der Zerbster ist das Bahnhofsgebäude. Ungenutzt zerfällt das historische Objekt immer mehr.

Von Thomas Kirchner 12.02.2019, 00:01

Zerbst l Dass er ein Schandfleck ist, darüber sind sich alle einig. Der Zerbster Bahnhof steht seit Langem leer. Das Haus verkommt zusehends. Die Fenster sind vernagelt. Schalterhalle, Café, Toilette – all das ist längst Geschichte.

Seit mehr als fünf Jahren gehört das Zerbster Bahnhofsgebäude der Havelinda GmbH, einer Haus- und Grundstücksverwaltung mit Sitz in Saarbrücken. Mehrmals in den vergangenen Jahren kündigte Jörg-René Schmidt – Ehemann der Havelinda-Geschäftsführerin Darja Olegivna Schmidt – die Sanierung des historischen Gebäudes an, zuletzt im Juli 2015. Passiert ist nichts.

Und damit ist Zerbst nicht allein. Auch der Bahnhof in Gardelegen gehört der Havelinda GmbH. Die Probleme sind die gleichen – Leerstand und Verfall. Immer wieder macht Schmidt beide Stadtverwaltungen für den Stillstand mitverantwortlich. Seiner Meinung nach erhält er zu wenig Unterstützung beispielsweise bei der Beschaffung von Fördermitteln. Die Bürgermeister beider Städte weisen die wiederholt geäußerten Vorwürfe Schmidts zurück. Der wurde mehrmals aufgefordert, ein Finanzierungs- und Nutzungskonzept vorzulegen – erfolglos.

Seit einigen Monaten werden beide Bahnhöfe im Internet zum Kauf angeboten – nicht zum ersten Mal. Schon im Dezember 2014 wurde das historische Zerbster Bahnhofsgebäude bei ebay-Kleinanzeigen zum Kauf angeboten. „Attraktives Bahnhofsgebäude mit viel Potenzial und Nutzungsmöglichkeiten in Zerbst, Sachsen-Anhalt“, heißt es derzeit auf dem Immobilien- Portal immonet.de.

Das Interessante an diesem Objekt seien die zahlreichen Nutzungsmöglichkeiten. „Es eignet sich von Pension, Hotel, Gastronomie bis hin zum Casino oder Eventhaus“, heißt es in der Anzeige. Der Preis: 180.000 Euro. Ähnlich klingt die Anzeige für den Bahnhof in Gardelegen, Preis hier: 260.000 Euro.

Nun scheint zumindest in Gardelegen Bewegung in Sachen Verkauf zu kommen. Laut Finanzausschuss der Hansestadt gibt es einen Kaufinteressenten für den Bahnhof von Gardelegen, der das Objekt auch schon besichtigt habe.

Der Interessent habe aber „Erfahrung mit solchen Objekten“, auch was den Denkmalschutz angehe. Und der Mann komme aus der Region. Ein „Heuschreckenprinzip“, wie beim aktuellen Eigentümer zu vermuten, habe man also nicht zu befürchten, berichtet die Gardelegener Volksstimme aus dem Finanzausschuss der Hansestadt.

„Es gibt einen ernstzunehmenden Interessenten für den Gardelegener Bahnhof und Fördermittel sind schon die ganze Zeit für mögliche Sicherungsmaßnahmen eingestellt“, bestätigt Bürgermeisterin Mandy Zepig (SPD) auf Volksstimme-Nachfrage.

Gibt es auch für den Zerbster Bahnhof Kaufinteressenten? Eigentümer Jörg-René Schmidt wollte sich dazu auf Nachfrage nicht äußern, weder zum Zerbster noch zum Gardelegener Bahnhof.

Schmidt: „Es gibt permanent Miet- und auch Kaufinteressenten. Wir haben die Gebäude nicht zum Spaß gekauft. Die Bahnhöfe sollen schon wieder aufgebaut und einer Nutzung zugeführt werden.“ Allerdings komme aus den Rathäusern wenig Hilfe. „Im Übrigen werde ich auch keine Presseauskünfte mehr geben“, sagt Jörg-René Schmidt, der sich von den Medien falsch verstanden und falsch wiedergegeben fühlt. „Daher macht es keinen Sinn, weiter Auskünfte zu geben“, so Schmidt.

„Mir liegt keine neue Info zum Bahnhof vor“, erklärt Bürgermeister Andreas Dittmann (SPD) auf Nachfrage. Die bislang bekannten Preisvorstellungen seien aus seiner Sicht keine realistische Ausgangsbasis für eine Entwicklung des Bahnhofs, was er sehr bedauere. Dittmann: „Der Zustand des Gebäudes verbessert sich durch den langen Leerstand nicht, sondern das Gegenteil tritt ein. Leider hat die Stadt hier aber keine Möglichkeit der Einflussnahme.“