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Betreuung Kita-Tür für Flüchtlingskinder öffnen

Ein neues Projekt will der Landkreis auf den Weg bringen. Im Jugendhilfeausschuss in Köthen wurde das Progamm „Kita-Einstieg“ vorgestellt.

Von Nadin Hänsch 07.04.2017, 10:00

Köthen l „Können neue Kita-Plätze geschaffen werden?“, war die Frage, die am Mittwochabend wohl am meisten auf den Nägeln brannte. Die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses des Kreises fanden sich im Kinder- und Jugendzentrum in Köthen ein, um unter anderem über das neue Bundesprogramm „Kita-Förderung – Brücken bauen in frühe Bildung “ zu diskutieren. Dazu war Bianca Muschiol vom Jugendamt des Landkreises, Sachbereich Projektbetreuung und Koordination, eingeladen, das neue Programm vorstellen.

Der Landkreis Anhalt-Bitterfeld habe sein Interesse am Bundesprogramm bekundet, welches ab Mai 2017 bis zum Ende des Jahres 2020 gefördert werde, so die Jugendamtsmitarbeiterin. Insgesamt würden 166.000 Euro pro Jahr für die Umsetzung von Projekten zur Verfügung gestellt werden. „90 Prozent der Mittel werden über den Bund gefördert. Der Lankreis hat eine finanzielle Beteiligung von zehn Prozent“, informierte Muschiol.

Um Kindern und Familien den Zugang zu Angeboten der Kindertagesbetreuung zu erleichtern, startet das Bundesfamilienministerium das neue Bundesprogramm. Damit sollen ab Frühjahr 2017 Angebote gefördert werden, die den Einstieg in das System der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung vorbereiten, begleiten und Zugangshürden abbauen. Örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe konnten bis zum 17. März ihr Interesse an einer Teilnahme am Bundesprogramm „Kita-Einstieg“ bekunden.

Die Antragstellung erfolgt durch die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Diese müssen ein zweistufiges Verfahren in Form eines Interessenbekundungsverfahrens und eines anschließenden Antragsverfahrens durchlaufen. „Nun haben wir die Möglichkeit, den Antrag auf den Weg zu bringen, so dass wir im Mai starten können.“

Vorrangig richte sich das Projekt an Familien mit Flucht-erfahrungen. „Wir wollen damit aber auch deutsche Familien, deren Kinder keine Kita besuchen, erreichen“, fügte Muschiol hinzu. Dort müsse angeknüpft werden, um eine Eingliederung vorzubereiten.

Das Projekt ziele dabei auf drei Fördertypen. Zum einen sollen die Zugänge zu Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege erleichtert werden. Zum anderen richten sich die Angebote an Kinder und ihre Familien mit dem Ziel, den Einstieg in eine solche Einrichtung vorzubereiten. Die Kompetenz der pädagogischen Fachkräfte im Umgang mit Vielfalt solle in diesem Zuge ebenfalls gestärkt werden.

Geplant sei es, eine Koordinations- und Netzwerkstelle im Landkreis zu etablieren. „Aufgabe wird es sein, vor Ort zu schauen, wo und welche Bedarfe bestehen.“ Diese Stelle werde mit 31.000 Euro im Jahr gefördert, so Muschiol. Dazu sollen vier Fachkräfte eingestellt werden.

„Drei Träger mit unterschiedlichen Konzepten hatten auch schon ihr Interesse bekundet.“ Diese seien vom Fördermittelgeber geprüft worden, so dass es nun grünes Licht für eine Antragstellung gebe. „Hätten wir nur einen großen Träger für den gesamten Landkreis, wäre die Netzwerkstelle dort angesiedelt.“ Da dies nicht der Fall sei, bleibe die Stelle beim Landkreis im Bereich der Jugendhilfe.

Das Projekt unterstütze Familien zwar dabei, einen Zugang zu Betreuungsplätzen zu bekommen, jedoch sei es nicht vorgesehen, neue Plätze zu schaffen, verneinte Muschiol die Anfrage der Ausschussmitglieder. „Es besteht aber die Möglichkeit, Flüchtlingsfamilien in ihren Gemeinschaftsunterkünften aufzusuchen, um an Kita-Kinder heranzukommen“, so die Jugendamtsmitarbeiterin weiter.

„Gibt es denn überhaupt genügend freie Kita-Plätze?“, wurde in die Diskussion eingeworfen. Jugendamtsleiter Peter Grimm vom Landkreis ging auf die Frage, die auf die Stadt Zerbst bezogen war, ein. „Wir haben in Zerbst in der Kernstadt 12 freie Plätze, im Umland 68“, bezog er sich auf ein Treffen mit dem Zerbster Bürgermeister Andreas Dittmann (SPD).

Verwundert wurden diese Zahlen zur Kenntnis genommen. „Meine Recherchen haben ergeben, dass es in Zerbst keine Kapazitäten gibt“, erwiderte ein Ausschussmitglied.

„Wir sehen bei diesem Projekt zwei große Schwerpunkte“, erläuterte Grimm weiter. Zum einen seien das Flüchtlingsfamilien, bei denen es nicht kulturell verankert sei, ihre Kinder in eine Kita zu schicken. „Wir müssen ihnen zeigen, dass es ihren Kindern dort gut geht“, so Grimm. Zum anderen sollen Familien, deren Kita-Platz gekündigt wurde, unterstützt werden.

„40 Prozent der Kinder, die in Jugendhilfen integriert sind, sind unter vier Jahre“, führte der Jugendamtsleiter als einen Schwerpunkt an. „25 Prozent von 100 Kindern sind sogar unter drei Jahre alt“, machte er auf eine Verschiebung der Probleme aufmerksam. „Unsere Zielgruppe sind schon lange nicht mehr Jungen, die in die Pubertät kommen, sondern zum größten Teil Kleinkinder, die unsere Unterstützung benötigen.“

Auch wenn der Fokus des geplanten Projektes auf zugewanderten Familien liegt, kamen die Probleme der insgesamt 1000 in Zerbst lebenden EU-Arbeitsemigranten zur Sprache. Darunter seien eben auch viele kleine Familien, deren Kinder eine frühsprachliche Förderung benötigen, wurde in die Diskussion mit eingebracht. Sonst kämen diese mit schlechten Deutschkenntnissen in die Schule.

Der Schwerpunkt des Projektes solle trotzdem bei den Neuzugewanderten liegen, sagte Muschiol abschließend.