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Corona-Krise Zerbster Gastronomen brauchen Hilfe

Nachdem viele Geschäfte schließen mussten, hat es nun Gaststätten und Cafés getroffen. Auch viele Zerbster Unternehmen leiden darunter.

Von Daniela Apel 26.03.2020, 05:00

Zerbst l Aufgrund der zunehmenden Fälle von Covid-19-Infizierten ist das öffentliche und kulturelle Leben nahezu zum Stillstand gekommen. Geschäfte sind geschlossen und auch in der Gastronomie kommt es zu massiven Einschränkungen bis hin zu kompletten Schließungen. Unzählige Betriebe des Gastgewerbes sind oder kommen in den nächsten Wochen an ihre Grenzen.

Die wirtschaftliche Liquidität nicht weniger Gastronomen und Hoteliers ist massiv gefährdet. Das stellt eine ganze Branche vor immense Herausforderungen. Viele Gastronomen stehen vor einer großen Existenzangst – denn schließlich müssen Miete, Strom/Wasser, Versicherungen und andere Kosten weitergezahlt werden und das ohne Einnahmen. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) fordert inzwischen ein Nothilfeprogramm für das Gastgewerbe.

Das kann auch Gastronom Tom Hebäcker so unterschreiben. Auf die Frage, wie es im Moment so läuft, zeigt er sein Bestellbuch. „Was soll ich sagen“, antwortet er nach einem Moment des Schweigens und blättert Seite für Seite des Kalenders durch, deutet auf unzählige gestrichene Bestellungen. „Wenn ich nur an die Jugendweihen denke, einer der umsatzstärksten Tage des Jahres“, sagt Hebäcker.

Insgesamt sieben Bestellungen standen im Kalender, vier davon mit Vollservice – Essen, Getränke, Bedienung, eben alles, was dazu gehört. Die anderen drei beinhalteten Essen-Buffets. „Das wären gastronomische Leistungen für mehr als 200 Personen gewesen, an einem einzigen Tag. Das ist schon bitter“, so der Gastronom. Und das sei noch nicht alles. „Bis in den September hinein haben die Kunden Feiern und Veranstaltungen abgesagt, darunter zwei Geburtstage mit jeweils 80 Gästen und ein Brunch mit 20 Personen. Eine einzige Bestellung haben wir noch, eine Essenslieferung für vier Personen“, erklärt Hebäcker. Andere Events, wie das Kneipen- oder das Heimatfest würden in den Sternen stehen.

„Ohne Hilfen – vor allem schnelle und unbürokratische Hilfen – vom Land und vom Bund wird es für viele Gastronomen kaum weitergehen. Denn niemand weiß ja so wirklich, wie lange die getroffenen Maßnahmen aufrecht erhalten werden müssen“, sagt Hebäcker. Kredite kämen für ihn allerdings nicht in Frage. „Wir haben jahrelang hart gearbeitet, um unsere Verbindlichkeiten abzuzahlen, da werde ich mir jetzt nicht neue Kredite aufhalsen“, so der Zerbster Gastronom.

Er werde schauen, welche Hilfen gegebenenfalls für ihn passen und dieses dann natürlich auch beantragen. „Für die Angestellten haben wir bereits Kurzarbeitergeld beantragt“, sagt Hebäcker. Für das Unternehmen werde er auch passende Hilfen beantragen. „Und selbstverständlich liefern wir auch in diesen Zeiten Speisen und Getränke außer Haus, wenn es gewünscht wird“, so der Gastronom. Hebäcker: „Nicht, dass sie mich falsch verstehen: Ich begrüße die getroffenen Maßnahmen zur Eindämmung des Virus und finde sie auch richtig und notwendig. Ich hoffe, dass sie auch wirken.“

Etwas Positives kann er der beängstigenden Situation dennoch abgewinnen: „Gas-tronomen und Geschäftspartner rücken in diesen schweren Zeiten zusammen. Man ruft sich gegenseitig an, fragt wie es geht und ob man dem anderen helfen kann. Da zahlt es sich aus, wenn man nicht gleich die Geschäftspartner und Lieferanten wechselt, wenn das Fleisch beim Mitbewerber 50 Cent billiger ist. Man kennt und vertraut sich“, betont Tom Hebäcker.

Erst der Dachstuhlbrand, nun die Pandemie. Nur wenige Monate hatte Anne Kauert ihr Eiscafé in der Zerbster Fritz-Brandt-Straße geöffnet, bevor sie es nun schon wieder schließen muss. In der vergangenen Woche war ihr wenigstens noch der Lukenverkauf erlaubt. „Und es lief gut“, blickt sie auf die sonnigen Tage zurück, die die Leute nach draußen lockten.

Es wäre der ideale Start in die diesjährige Saison gewesen, nachdem die vorige dem Feuer zum Opfer fiel. Die verordnete Schließung kann Anne Kauert nachvollziehen. Dennoch quält sie die Ungewissheit, wie lange die momentane Situation anhält. „Man muss abwarten“, sagt die junge Frau und hofft zugleich auf finanzielle Unterstützung von Bund und Land und vor allem, dass die Hilfe möglichst zeitnah gewährt wird. Denn der Monatserste steht vor der Tür „und dann gehen die meisten Abzüge runter, bis dahin sollte eine Lösung da sein“, findet sie. „Wenigstens eine kleine Finanzspritze, so dass die Fixkosten gedeckt werden und man weiterschwimmen kann“, sagt sie. Immerhin hängen auch drei Mitarbeiter mit in der Schwebe.

Gabriele Gollmer wünscht sich nichts sehnlicher, als wieder Gäste zu bedienen. Stattdessen steht sie vor leeren Stühlen. „Es wäre eine super Monat geworden“, erzählt die Inhaberin der Weinstube am Heidetor von den angemeldeten Jugendweihefeiern und den Treffen ehemaliger Francisceer. Nun muss die Kleinstunternehmerin mit dem Ausfall klar kommen, den die verordnete Schließung mit sich bringt. „Ich sehe ein, dass es nötig ist“, kann sie die Einschränkungen verstehen, die ergriffen werden, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen. Dennoch: „Ich fühle mich allein gelassen“, sagt Gabriele Gollmer. Zwar darf sie ihre kleine Pension noch für Geschäftspersonen öffnen. Das beschert ihr allerdings keine kostendeckenden Einnahmen, wenn ein einzelner mal für eine Übernachtung bucht. Die vergangenen Tage war sie damit beschäftigt herauszufinden, ob sie finanzielle Hilfe in Anspruch nehmen kann. „Ich falle wohl durch jedes Raster“, befürchtet die Solo-Selbstständige. Sie hofft, wenigstens etwas Geld zu erhalten, mit dem sie zumindest einen Teil der Fixkosten decken kann.

Von jetzt auf gleich ist alles vorbei. Das sei schon schlimm, findet Moritz Schwerin, der mit seiner Frau Ossis Lokschuppen in Güterglück betrieb. Im September wären es zwölf Jahre geworden. Die beiden haben hier was aufgebaut. „Nun müssen wir gucken, dass wir Arbeitslosengeld beantragen“, so Moritz Schwerin.

Im Moment räumen sie die Gaststätte auf und putzen, um das Objekt wieder ordentlich zu übergeben. Der Pachtvertrag ist zum Ende des Monats beendet. Ob es irgendwann weitergehen kann, ist fraglich. Schwerin denkt nicht, dass das dieses Jahr noch was wird. „Wir müssen es rankommen lassen“, sagt er. Auch wenn es ihn hart trifft, denkt er, dass man mit den Maßnahmen schon eher hätte beginnen müssen.

Von Woche zu Woche muss man nun gucken, so Marco Thiemann, der Geschäftsführer von Heinrich’s in Walternienburg. Die beiden Festangestellten hatte er gleich nach Hause geschickt. Zum Glück haben sie noch Plus-Stunden aus der vergangenen Saison. Mit Papierkram waren für Thiemann selbst die ersten Tage gefüllt.

Alle Veranstaltungen für März und April sind abgesagt. Wie lange man sich ohne die Einnahmen weiter halten kann, ist die Frage. Nach dem Winter sicher nicht lange, so Thiemann, der trotz allem auch optimistisch bleiben will. Wenn alles wieder in Gange kommt, werden die Leute auch wieder das Bedürfnis haben, rauszugehen und dann wird das Haus wieder voll, hofft er, war er doch gerade dabei, zu den Angeboten der Caféwirtschaft und Pension wieder ein paar Neuerungen hinzuzufügen. So sollte zum Beispiel eine „Milbenstube“ für Übernachtungsgäste eingeweiht werden.