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Debatte Wie geht es weiter mit dem Müll?

40 Liter Restmüll als Mindestabnahmemenge sind vielen Zerbstern viel zu viel. Was nun?

Von Daniela Apel 27.11.2015, 13:00

Zerbst l Für viele Bürger der Einheitsgemeinde Zerbst scheint die Mindestmüllmenge von 40 Litern pro Person und Monat zu hoch. „Von den acht Pflichtbanderolen, die wir nehmen müssen, brauchen wir nur zwei“, meldet sich Annerose Hülscher am Volksstimme-Telefon. „Wir sortieren Papier und Plaste und kompostieren“, begründet die Lindauerin den geringen Restmüll, der bei ihnen anfällt. „Wir sind zwei alte Leute in Bärenthoren und bekommen im Jahr maximal eineinhalb Tonnen voll“, bestätigt Gerhard Grosch. „Wenn man Müll richtig trennt, kann es gar nicht mehr werden“, meint er.

„Ich benötige im Jahr maximal eine Tonne“, erzählt Hans-Joachim Wöhling. „Ich lebe allein und trenne sehr gut“, erklärt der Zerbster.

„Ich zahle gern für die Tonne, die ich rausstelle“, sagt Hannelore Wink. Das jetzige Regelung der Abfallentgelte indes betrachtet die Jütrichauerin als „Halsschneiderei“. „40 Liter sind abnormal, auch 30 sind noch zu viel, aber ein Anfang“, bezieht sie sich auf einen entsprechenden Vorstoß des Zerbster Bürgermeister Andreas Dittmann (SPD) im Kreistag. Durchsetzen konnte er sich mit diesem Vorschlag nicht. Das Argument, dass durch die Absenkung der Müllmenge Mehrkosten entstehen, kann Hannelore Wink nicht nachvollziehen. Die Runde müsse doch trotzdem gefahren werden, egal, wie viele Tonnen draußen stehen – auch jetzt würden sie selbst ihren Tonnen nicht im zweiwöchigen Abholrhythmus rausstellen.

Die Annahme, dass mehr Müll illegal in der Natur entsorgt wird, wenn die Mindestmenge sinkt, lässt Dr. Hartmut Wilke nicht so stehen. Persönlich empfindet er diese Unterstellung als „grenzenlose Unverschämtheit“. „Wir haben unseren Kindern beigebracht, Müll zu vermeiden und ordentlich mit Müll umzugehen.“ Keine Frage, dass sie nur die Hälfte der Pflichtmenge zusammentragen. „Wir haben schon mit den Nachbarn gekunkelt, um die Tonne vollzukriegen. Schließlich fängt der Abfall irgendwann an zu verrotten“, erzählt der Zerbster.

Auch Annegret Schumann hat nun kurz vor Jahresende noch bereits bezahlte Banderolen übrig – sowohl zu Hause als auch in der Firma. „Die Behälter muss ich nun mit Flaschen, Pappe, Papier und Gartenabfällen füllen. Das macht aber keinen Sinn“, bemerkt sie.

„Die sture Haltung vom Landrat Uwe Schulze (CDU) und Hartmut Eckelmann (Geschäftsführer der Anhalt-Bitterfelder Kreiswerke; Anm.d.Red.) kann ich nicht nachvollziehen – von wegen altes Zerbster Problem. Wenn ich Städte im Kreis habe mit überwiegend großen Wohnblocks, ist es eben so, dass die Mieter in der Anonymität einer großen Wohngemeinschaft eher nicht zur Mülltrennung neigen. In dörflichen Bereichen mit überwiegend Einfamilienhäusern achten die Bewohner schon eher darauf, wie sie große Müllmengen – auch im Sinne des Gemeinwohls – vermeiden“, erklärt Doris Lange aus Jütrichau.

Dass Hausbesitzer fleißigere Mülltrenner als Mieter sind, glaubt auch Rene Lorenz. Obwohl er sich gut vorstellen kann, dass auch Mieter, die richtig trennen, weniger Restmüll produzieren als die vorgegebene Mindestmüllmenge. „Als Grundstückseigentümer fällt aber nun mal mehr Restmüll an. Da kommt alles mögliche zusammen, sei es ein Eimer Bauschutt, den ich nicht extra zur Entsorgung bringen möchte oder ähnliches bei anfallenden Arbeiten oder Reparaturen, die eben Mieter nicht selber machen brauchen“, erläutert der Zerbster. „Ich komme somit ganz gut zurecht mit der Mindestmenge“, konstatiert er.

„40 Liter sind Mist. Ältere Leute produzieren nicht so viel Müll“, sagt Wolfgang Gens. Zusammen mit seiner Frau Doris zog der Walternienburger wegen der Mindestmüllmenge bereits vor Gericht –letztlich allerdings erfolglos. Was blieb, ist der Fakt, dass sie nach wie vor weit davon entfernt sind, ihre Pflichtbanderolen zu verbrauchen. „30 Liter pro Haushalt wären gut“, meint Wolfgang Gens. Auch würde eine vierwöchige Leerung der Tonnen seiner Ansicht nach ausreichen.

Andreas Dittmann, dessen Vorstoß im Kreistag, die Mindestmüllmenge auf 30 Liter zu reduzieren, auf Ablehnung stieß, schätzt die Chancen für eine erneute Diskussion schlecht ein.

Gegenüber der Volksstimme äußert er auf Nachfrage: „Ich glaube nicht, dass es im Kreistag eine Mehrheit dafür gibt, die Satzung bzw. die Entsorgungsbedingungen auf Grund eines erneuten (kurzfristigen) Antrages auf Reduzierung der Mindestrestmüllmenge zu diskutieren.

Dafür waren die Mehrheiten beim letzten Antrag zu deutlich.“ Es werde aber sicher andere Gründe geben, die Entsorgungsregularien auf die Tagesordnung des Kreistages nehmen zu müssen „und dann wird es natürlich wieder einen Antrag auf Reduzierung der Mindestrestmüllmenge geben“, blickt er voraus.

„Resignation steht nicht auf der Tagesordnung, wohl aber die Hoffnung, dass es durch die Datenauswertung der Chips ein größeres Einsehen bei den Kolleginnen und Kollegen im Kreistag gibt“, macht er sich Hoffnung.