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Diskussion Sind unsere Apotheken in Gefahr?

In Zerbst diskutierten Politiker und Apotheker. Für Zündstoff sorgte die Frage, ob Apotheken Boni auf Zuzahlungen geben dürfen.

Von Nadin Hänsch 05.03.2017, 06:00

Zerbst l „Wir als Einzelkämpfer stellen uns gegen riesige Konzerne wie ‚DocMorris‘“, sagte Katrin Ille, Inhaberin der „Neuen Apotheke“ in Zerbst. Apotheker des Stadtgebietes und aus der Region waren kürzlich der Einladung des SPD-Ortsvereins gefolgt, um in einer Diskussionsrunde über ihre Nöte und Ängste zu sprechen. Rathauschef Andreas Dittmann (SPD) freute sich Bundestagsabgeordnete und Mitglied im Gesundheitsausschusses Marina Kermer (SPD) am Tisch begrüßen zu dürfen.

Für Zündstoff sorgte an diesem Abend in der Begegnungsstätte der Volkssolidarität ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom Oktober vergangenen Jahres. Demnach ist es nun ausländischen Versandapotheken gestattet, Patienten Rabatte von einem Euro auf rezeptpflichtige Medikamente zu geben. Kermer vertrat die Meinung, dass ein gerechter Wettbewerb geschaffen werden müsse. Deutschen Apothekern ist es gesetzlich nicht erlaubt, einen Bonus für rezeptpflichtige Präparate an ihre Kunden zu geben. Auch den deutschen Apotheken solle dies gestattet werden, so die Bundestagsabgeordnete. Dafür erntete Kermer große Kritik.

Die Apotheker stellten klar: „Boni auf das, was wir verdienen zu gewähren, ist einfach nicht zu stemmen.“ Frank Zacharias, Inhaber der Schlossapotheke in Gommern, rechnete Kermer vor, was das wirtschaftlich bedeute. So würde sich beispielsweise bei 40.000 verkauften rezeptpflichtigen Packungen ein Minus von 40.000 Euro ergeben, die der Apotheker aus seiner Tasche zahlen müsse.

Wie hoch die Anzahl an solchen Präparaten im Monat ist, schwanke und sei von Apotheke zu Apotheke verschieden, so Ille. „Selbst bei einer realistischen Menge von 3500 verkauften Packungen würde ein Bonus von je einem Euro mit 3500 Euro ins Minus schlagen. „Das ist schon mehr als ein Gehalt einer meiner Mitarbeiterinnen“, hielt die Apothekerinnen den Politikern vor Augen. „Es geht hier auch um Arbeitsplätze.“

Renate Schmiedel, Vertreterin eines Arzneigroßhandels in Dessau, gab zu bedenken: „Wir vertreiben hier Waren der besonderen Art, nahm sie bezug auf verschreibungspflichtige Medikamente.“ Eigentlich dürfe keiner einen Bonus darauf geben, den damit werde nur das System verteuert. „Der Kunde merkt es erst, wenn viele ortsansässige Apotheken nicht mehr da sind“, kritisierte Schmiedel.

Die Parteibasis der SPD stellte sich ganz klar auf die Seite der Apotheker und sprach sich für die gesetzliche Beibehaltung der Preisbindung von solchen Medikamenten aus. „Der Kunde findet es vielleicht gut, wenn er bei der Zuzahlung einen Euro sparen kann, aber nur solange, bis viele Apotheken daran kaputtgegangen sind und er am Sonntag dringend Medikamente benötigt“, sagte Dittmann. Denn diesen Service biete keine Versandapotheke an, sondern nur der Notdienst der örtlichen Apotheken.

Die Apotheker machten deutlich, dass weder der alle sechs Tage für sie anstehende Notdienst noch die Herstellung von besonderen Rezepturen kostendeckend umsetzbar seien, wenn sie einen Rabatt auf die Zuzahlung geben würden. Kermer favorisierte weiter ihren Parteientwurf, der vorsieht, dass auch die deutschen Apotheken einen Bonus von einem Euro gewähren sollen. „Das würde das Aus für viele Apotheken bedeuten“, so Zacharias.