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Einschulung Schulalltag: Start mit Zuckertüte und Ranzen

Am Sonnabend hat für 118 Kinder in der Stadt Zerbst ein neuer Lebensabschnitt begonnen, den viele als „Ernst des Lebens“ bezeichnen.

Von Thomas Kirchner 31.08.2020, 01:01

Zerbst l „Hurra ich bin ein Schulkind und nicht mehr klein. Ich trag auf meinem Rücken ein Ränzelein“, heißt es in einem DDR-Kinderlied. Und so richtig groß fühlten sich am Sonnabend die insgesamt 118 Abc-Schützen, die in der Grundschule „Astrid Lindgren“, in der Evangelischen Bartholomäi-Grundschule und in der Grundschule „An der Stadtmauer“ eingeschult wurden.

Da war die Aufregung groß bei den Jungen und Mädchen, schließlich beginnt jetzt etwas ganz Neues. Heike Bengner, Schulleiterin der Lindgren-Grundschule verglich dies mit dem Buch des Lebens, in dem mit der Geburt die ersten Zeilen geschrieben werden. „Stellen wir uns das lebenslange Lernen als ein Buch vor, so sind wir heute vielleicht auf Seite sechs. Und jetzt schreiben wir dieses Buch, gemeinsam ein Stückchen weiter. Denn es geht nur gemeinsam“, so die Schulleiterin.

Das sonst übliche Kennenlernen der Erstklässler an zahlreichen Nachmittagen – auch mit den Lehrern – habe in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie ausfallen müssen. „So müssen wir das in den nächsten Wochen nachholen. Vieles ist momentan anders als sonst“, sagte Heike Bengner. Bei der Feierstunde in der Schulturnhalle sind in diesem Jahr zur Einschulung nur die Eltern dabei.

Pfarrer Albrecht Lindemann bringt es in seiner Ansprache für die Abc-Schützen der Bartholomäi-Schule auf den Punkt: „Es ist relativ leer in unserer Kirche, nicht alle konnten herein. Zur Geschichte von Noah und seiner Arche, die Euch in den kommenden Monaten noch oft begegnen wird, ist da eine ganz gerade Brücke zu schlagen: Auch Noah muss auswählen: von allen Tieren des Landes immer nur ein Paar! Und so wimmelt es auf dem Schiff schließlich alles durcheinander.“

Noah solle nicht die schönsten, stärksten, schnellsten oder klügsten Geschöpfe auswählen, sondern sein Auftrag ist, die Vielfalt zu bewahren. „Jeder von euch hat ab sofort 21 Mitschüler. Je besser ihr euch kennenlernen werdet, desto stärker wird euch auffallen, wie einzigartig jeder ist. Freut euch darauf!“

In der Schule gehe es nicht darum, in allen möglichen Bereichen ständig besser zu sein, vielleicht sogar die oder der Beste. „Versucht, Euch in der Vielfalt der Gaben kennenzulernen, findet Selbstvertrauen und lernt, die Stärken anderer zu schätzen. Gottes Schöpfung ist bunt, fügt jedem Tag ein wenig von euren Farben hinzu.“

Natürlich gebe es immer eine die auffällt. In der Schule sei das nicht immer günstig. Unter den Tieren auf der Arche gibt es ein ganz prominentes. Es ist auch heute nicht zu übersehen: die Taube. „Trotz großer Flut und langer Zeit eingesperrt auf der Arche: am Ende wird alles gut. Aber Noah weiß nicht, wann das Ende erreicht ist und wieder entspanntes Leben möglich sein wird. Er hat keine Wetterapp.

Irgendwann hört der Regen auf. Um herauszufinden, wie die Lage ist, lässt Noah eine Taube fliegen. Die kommt zurück, weil sie keinen Landeplatz findet. Zweiter Versuch sieben Tage später: Die Taube kommt zurück und trägt ein Ölblatt im Schnabel. Von ihrem dritten Flug kehrt die Taube nicht mehr zurück. Noah weiß: Die Zeit der Flut und der Quarantäne auf der Arche ist vorbei“, zieht Pfarrer Lindemann Parallelen zum hier und jetzt.

Durch diese Geschichte sei die Taube eine Hoffnungsbotin. „Mit dem grünen Ölblatt ist sie das Symbol der Hoffnung auf Frieden, Schalom sagen die Juden, von denen wir die Geschichte der Arche überliefert bekommen haben. Schalom: wahrer Friede zwischen Menschen, zwischen Mensch und Schöpfung, zwischen Mensch und Gott, das Bild des Schalom ist der Regenbogen. Am Ende wird alles gut – nicht nur bei der Geschichte von Noah und seiner Arche. Wir dürfen darauf vertrauen und sind zugleich gefordert, unseren Teil beizutragen“, so der Pfarrer.

Manuela Aretz, Schulleiterin der Stadtmauer-Grundschule verglich die Schule mit der Zuckertüte: „Schule ist wie der Inhalt einer großen Schultüte, mal gibt es was Leckeres, manchmal auch was Saures.“ Die Schulleiterin wandte sich auch an die Eltern mit der Bitte, dass Lehrer und Eltern gemeinsam die Kinder unterstützen, besonders in der Schul-Eingewöhnungszeit.

In der Grundschule Astrid Lindgren lernen ab Montag zwei erste Klassen mit je 23 Kindern. In der Grundschule „An der Stadtmauer“ sind es drei erste Klassen mit insgesamt 47 Abc-Schützen, die das Lesen, Schreiben, Rechnen und andere spannender Dinge lernen.

Und so ganz nebenbei wurde in der Hof- und Stiftskirche St. Bartholomäi am Einschulungs-Sonnabend noch ein Stück Geschichte geschrieben. Zum ersten Mal nach mehr als 75 Jahren schritten die Erstklässler der Bartholomäi-Grundschule vom Westeingang der Kirche auf der Schlossfreiheit durch das offene Kirchenschiff direkt zum Altar.

Beim Umbau der Bartholomäuskirche wurde eine Trennwand eingezogen. Diese war trotz großer Glasfläche vollkommen geschlossen. Der Weg vom Westeingang zu Altar war also seit der Zerstörung der Kirche 1945 versperrt.

„Lüften war nicht möglich, Feuchtigkeitsprobleme waren die Folge. Zwei große Türen sorgen nun dafür, dass beide Probleme beseitigt sind. Die Abc-Schützen sind jetzt also die ersten, die diesen Weg wieder beschreiten konnten. Wir danken der Firma ER+TE für die Ausführung vor dem Einschulungsgottesdienst. “, freute sich Pfarrer Albrecht Lindemann.