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Erste Hilfe Lieber anpacken als nichts tun

Jeder Mensch ist laut Gesetz dazu verpflichtet, Erste Hilfe zu leisten. Jedoch nur solange, wie er sich selbst oder andere nicht gefährdet.

Von Sebastian Rose 12.09.2020, 01:01

Zerbst l Unscheinbar ist der rechteckig verpackte Übungstorso zur Herz-Lungen-Wiederbelebung – kurz HLW-Torso – , der im Kursraum auf einer Kiste steht. Nicht einmal ein Gesicht besitzt er. Das müssen Elisabeth Soyka, Azubi-Rettungssanitäterin im zweiten Lehrjahr und Helko Weißmüller, Rettungsdienstleiter des Deutschen Roten Kreuzes in Zerbst, ihm erst aufsetzen. „Diese werden nach der Benutzung in den Erste-Hilfe-Kursen desinfiziert und wieder verwendet. Das haben wir zwar vor der Corona-Pandemie schon gemacht, aber jetzt ist es umso wichtiger“, erklärt Helko Weißmüller. Elisabeth Soyka ergänzt: „Mit dem Torso üben wir im Kurs die Herz-Lungen-Wiederbelebung. Eines der wichtigsten Bereiche der Ersten Hilfe.“

Seit dem Jahr 2000 soll der Welt-Erste-Hilfe-Tag, der von der Internationalen Föderation von Rotkreuz und Halbmondgesellschaften initiiert wurde, auf das Problem aufmerksam machen, dass immer weniger Menschen die grundlegenden Erste-Hilfe-Maßnahmen kennen.

„Es gibt leider keine gesetzliche Pflicht, einen Erste-Hilfe-Kurs zu belegen oder aufzufrischen. Lediglich bei Führerscheinen gilt diese. Nach zwei Jahren erlischt die Bestätigung allerdings. Jeder, der einen weiteren Führerschein machen will, muss sich nochmal mit der Ersten-Hilfe auseinander setzen“, so Weißmüller. „Auch die ausgebildeten Erst-Helfer in Betrieben müssen alle zwei Jahre die Prüfung erneuern. Alle anderen allerdings nicht“, weiß Elisabeth Stoyka. „Es macht aber durchaus Sinn, seinen Erste-Hilfe-Kurs aufzufrischen.“

Denn mit der Zeit gibt es laut den beiden Rettungssanitätern große Änderungen. Die wichtigsten Bestandteile der Ersten Hilfe wie die Herz-Lungen-Wiederbelebung, die Helmabnahme, das Verbändewickeln, das Krankheitsbild-Erkennen und der Eigenschutz sind zwar geblieben, jedoch wurden viele Maßnahmen stark komprimiert. „Früher sollten die Ersthelfer den Puls messen. Das frisst allerdings wertvolle Zeit und wird heute in der Praxis nicht mehr angewandt.

Stattdessen sollen Ersthelfer beispielsweise anhand der äußeren Merkmale wie das Brustanheben und Senken die Atmung kontrollieren“, erklärt Elisabeth Stoyka. Außerdem hieß es früher: 15 Mal Herz-Lungen-Massage, zwei Mal beatmen. Auch dies wurde nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen auf 30 zu 2 geändert. „Ein weiterer wichtiger Bestandteil ist die Handhabung mit einem Defibrillator, wie er beispielsweise in Einkaufsmärkten ab und an angebracht ist.“

Die Handhabung ist zwar kinderleicht, wie ein spontaner Test vor Ort zeigte, jedoch haben viele wohl eine Scheu, die lebensrettenden Stromstöße abzugeben. „Das Gerät erklärt anhand von Bildern und einer elektronischen Stimme, welcher Schritt zu machen ist. Ich habe das auch schon Kindern gezeigt. Ohne irgendeine Erklärung haben sie es sofort hinbekommen“, erzählt Soyka.

Am Ende des Gesprächs ist den beiden Roten-Kreuzlern noch wichtig, dass Unternehmen und Betriebe in die Defibrillatoren investieren sollen. Zwar sei dies keine Pflicht, trotzdem aber eine sinnvolle Anschaffung für die Sicherheit der Mitarbeiter.