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Feuerwehr Eklat beim Maibaumsetzen in Deetz

Die Feuerwehr in Deetz (Stadt Zerbst) und der Ortsbürgermeister liegen im Clinch - die Feuerwehr klagt über fehlenden Rückhalt.

Von Thomas Kirchner 02.05.2018, 06:00

Deetz l Freunde sind sie wohl nie gewesen, und wie es momentan aussieht, werden sie das auch in Zukunft nicht: die Deetzer Feuerwehrleute und der Ortsbürgermeister Ulrich Weimeister (CDU).

Es brodelte schon lange unter der Oberfläche. Am Montagabend beim Maibaumsetzen ist es dann zum Eklat gekommen. Die Kameraden zeigten offen ihre Wut und Enttäuschung. Das Fass zum Überlaufen hat eine vor wenigen Tagen stattgefundene Abstimmung des Ortschaftsrates gebracht. Was ist geschehen?

Es ist kurz vor 19 Uhr am Montagabend. Aus allen Himmelsrichtungen strömen die Deetzer zum Dorfplatz, um dem traditionellen Maibaumsetzen beizuwohnen.

„Früher hatte die Feuerwehr beim Maibaumsetzen Uniform an“, ruft ein Deetzer den Kameraden zu. Doch die ist dieses Mal im Schrank geblieben – aus Protest. Nur wenige Minuten später rollen die Ehrenamtlichen ein Transparent aus: „Herr Ortsbürgermeister! Worte sagen viel, Taten die Wahrheit. Wir sind es leid. Die Feuerwehrkameraden aus Deetz.“

Alle Blicke wenden sich dem Transparent zu, ein Raunen geht durch die Menge, Ortsbürgermeister Ulrich Weimeister ist überrascht und sichtlich irritiert. Doch den Grund für die Aktion scheint er zu wissen. Es geht um ein Grundstück neben der Feuerwehr.

Die Kameraden ziehen den Maibaum in die Höhe, singen anschließend gemeinsam mit den Kindern der Deetzer Kita das Feuerwehrlied. Als der Ortsbürgermeister mit seinem Grußwort beginnt und der Kinder- und Jugendfeuerwehr 150 Euro für ihr Engagement beim Umwelttag überreichen will, lehnen die Kameraden ab und verlassen demonstrativ die Veranstaltung.

„Das Grundstück direkt hinter dem Gerätehaus der Feuerwehr ist schon seit längerer Zeit ausgeschrieben, dort bauen jetzt zwei junge Familien ihr Haus“, geht der Ortsbürgermeister in seinem Grußwort auf den Protest ein.

Die Feuerwehr ist der Meinung, dass das nicht so hätte entschieden werden dürfen. „Ich finde aber, dass dieses Gebiet durch junge Familien bebaut werden soll. Ich hatte ein Gespräch angeboten, das ist aber bis jetzt nicht angenommen worden“, erklärt Weimeister den Deetzern.

Die Kameraden sind sauer, stinksauer. „Genau das ist der Grund unserer Aktion. Dieses Gesprächsangebot hat es erst nach der Abstimmung gegeben“, macht Ortswehrleiter Denis Hofmann seinem Ärger Luft. Die Kameraden hätten sich gewünscht, das die Verwaltung vorher mit ihnen ins Gespräch kommt.

Wobei sich die Gespräche zwischen Ortsbürgermeister und Feuerwehr allgemein in Grenzen hielten – laut der Feuerwehr. Durch Zufall und über drei Ecken hätten sie von der Abstimmung in Sachen Grundstücksverkauf erfahren. „Nicht dass man uns missversteht, wir sind keinesfalls gegen den Zuzug junger Familien. Im Gegenteil, dies hat ja unter Umständen auch positive Auswirkungen auf die Feuerwehr“, betont Hofmann.

Doch das betreffende Grundstück hinter dem Gerätehaus sei für die Wehr von großer Bedeutung. „Hier findet regelmäßig unsere Ausbildung statt, werden Veranstaltungen durchgeführt“, erklärt der Ortswehrleiter.

Schon 2014 habe der damalige Stadtwehrleiter Jürgen Dornblut schriftlich und ausführlich die zwingende Notwendigkeit des Erhalts des Grundstücks für die Ortswehr begründet.

„Grundsätzlich sollte die Stadtverwaltung alle Grundstücksverkäufe mit dem Ortschaftsrat abstimmen, dies ist aber in diesem Fall nicht geschehen“, rechtfertigt Weimeister die Abstimmung.

Die Verwaltung habe den Verkauf des betreffenden Grundstücks einfach auf die Tagesordnung des Ortschaftsrates gesetzt, sagt Weimeister. Diese Information sei wohl im Vorfeld schon an die Feuerwehr gelangt.

Ob die Abstimmung durch den Ortschaftsrat nicht hätte vertagt werden können? „Wir haben da ein absolut reines Gewissen. Wenn ein Bebauungsgebiet ausgeschrieben ist, und das war auch der Feuerwehr klar, wird es irgendwann bebaut“, antwortet Weimeister ausweichend.

Dass sich dort junge Familien ansiedeln, könne er nur begrüßen und da sei der Rat absolut dafür. „Dass es noch Gespräche mit der Feuerwehr geben kann und wird, ist unstrittig“, sagt Ulrich Weimeister. Es gäbe ja Alternativen.

„Dieser Frust müsste sich nach Zerbst richten, weil im Prinzip ist dort wieder einmal etwas schief gegangen, was uns jetzt hier auf die Füße fällt“, schiebt Weimeister den schwarzen Peter nach Zerbst.

„Grundstücksangelegenheiten in den Ortsteilen sind grundsätzlich in den Ortschaftsräten zu beraten, bevor der Stadtrat oder ich als Bürgermeister dazu eine Entscheidung treffen“, erklärt Bürgermeister Andreas Dittmann (SPD) auf Nachfrage.

Darum sei es ganz normal, diese Beschlussvorlage auf die Tagesordnung des Deetzer Ortschaftsrates zu setzen. „Hier gibt es auch keine andere Option, das Verfahren ist eindeutig geregelt und soll ja dem Ortschaftsrat gerade die Möglichkeit der Meinungsbildung und Votierung einräumen“, so der Bürgermeister.

Außerdem handele es sich hier auch um ein von der Gemeinde Deetz noch vor der Eingemeindung beschlossenes Bebauungsplangebiet zu Wohnzwecken. „Es wird also dem Wunsch der Ortschaft in vollem Umfang entsprochen“, betont Dittmann.

Doch letztlich ist die Zustimmung des Ortschaftsrates zum Grundstücksverkauf nur die Spitze des Eisberges. „Zu unserem 100-jährigen Jubiläum 2012 beispielsweise, hatten wir als Paten für die Fahnenweihe den Innenminister und den Landrat ausgewählt. Aus Protest verlies Ulrich Weimeister die Feierstunde“, sagt der damalige Wehrleiter Heiko Bergfeld.

Die Wehr habe damals 1500 Euro Zuschuss für das Festwochenende beantragt, „und wir haben vorher noch nie für unsere zahlreichen öffentlichen Veranstaltungen Zuschüsse beantragt“, zählt Bergfeld weiter das Zusammenwirken der Feuerwehr, dem Ortsbürgermeister und dem Ortschaftsrat auf. Nach langem Betteln und einigem Hin und Her, sowie mehreren Ortschaftsratssitzungen habe die Wehr dann 400 Euro bekommen, „und der Beschluss war noch nicht einmal einstimmig“, erklärt der ehemalige Wehrleiter enttäuscht.

Und weiter: Nach dem Osterfeuer 2017 habe die Wehr eine Rechnung für Müllentsorgung in Höhe von 5400 Euro erhalten, von der sie als Veranstalter des Osterfeuers die Hälfte zahlen sollte.

„Schon seit Oktober 2016 durften die Bürger Material am Standort des Feuers abladen, obwohl wir davor gewarnt hatten, den Platz so früh freizugeben. Uns war klar, dass einige Bürger auch ihren Müll dort abladen würden“, so Hofmann. Schließlich lagen dort auch Betonstürze, Stahltüren und Rasengittersteine.

„Dies ist am Ende ja nicht zum Tragen gekommen“, bestätigt Ulrich Weimeister die Müllrechnung. Es sei dann mit dem Bürgermeister geregelt worden.

„Dies sind nur zwei Beispiele einer langen Liste von Sachverhalten, die zeigt, dass wohl zumindest ein Teil der Lokalpolitiker in Deetz nicht hinter der Ortswehr steht, die uns zu dieser Aktion bewogen haben“, erklärt Hofmann.

Der Protest richte sich nicht gegen die Deetzer Bürger. „Wir werden auch weiterhin für alle Einwohner da sein und unsere Arbeit machen, wie immer“, stellt Denis Hofmann noch einmal klar. Aber den fehlenden Rückhalt könne man nicht weiter schweigend hinnehmen.