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Flora  Der Mann der Zerbster Bäume

Es gibt einen Mann in der Gemeinde, der kennt nahezu jeden Zerbster Baum - sozusagen persönlich. Matthias Karich ist Baumkontrolleur.

Von Arlette Krickau 06.03.2018, 07:00

Zerbst l Mit dem Hammer in der Hand schreitet er um den Baum und klopft immer wieder an den Stamm. Matthias Karich geht hier keinem merkwürdigen Ritual nach, nein, er ist Baumkontrolleur in der Stadt Zerbst. Das Klopfen am Stamm gehört zur Standardkontrolle eines jeden Baumes. Genauso wie das Messen des Stammumfanges und die Bestimmung der Höhe.

Seit Dezember 2016 ist der junge Mann bei der Stadt Zerbst angestellt, um alle Bäume im großen Stadtgebiet zu erfassen und Regel- wie auch Zusatzkontrollen an den Bäumen durchzuführen.

Vorher waren diese Arbeiten extern vergeben. „Aber mit externen Firmen dauert die Informationsübermittlung und die damit auch verbundene Entscheidungsfindungen manchmal einfach zu lange, so dass wir uns entschieden, diesen Posten direkt in den Bauhof zu holen“, erklärt Bauhofleiter Michael Lindner.

Für Matthias Karich war es wohl ein Wink des Schicksals, denn für ihn scheint es der Traumjob zu sein. Er selbst hat Forstwirtschaft studiert, hat einen Abschluss als Gärtner, hat im Baumschnitt gearbeitet sowie in der Naturschutzbehörde. „Dann brachte mich meine Frau darauf, dass es auch den Beruf des Baumkontrolleurs gibt, und ich entschied mich, die Qualifikation dafür bei der Forschungsgesellschaft Landeswentwicklung Landschaftsbau (FLL) zu machen“, erzählt er. Dann kam die Ausschreibung der Stadt Zerbst, und er wurde genommen.

Seitdem ist der 41-jährige Dresdner Berufspendler zwischen Sachsen und Sachsen-Anhalt. Doch er sagt entschieden, dass er das für den Beruf gerne mache, weil er ihn erfüllt. „Mir gefällt die Vielfalt. Ich bin draußen unterwegs und befasse mich vor Ort mit den Bäumen, andererseits bin ich aber auch im Büro und pflege die Daten digital ein und erstelle das Baumkataster. Ich befasse mich mit jedem einzelnen Baum, ganz individuell, anders als ein Förster, der eher das Kollektiv der Bäume im Blick hat.“

Abgesehen von guter und fachlicher Vorbildung sowie der Qualifikation durch das FLL – was braucht man eigentlich noch, um Baumkontrolleur zu werden? „Ich glaube Leidenschaft und Geduld“, sagt Karich nach kurzem Überlegen und lächelt. Bäume seien seine Leidenschaft wie andere sich beispielsweise für eine bestimmte Tierart begeistern können. Diese entdeckte er bereits im Kindesalter, als sein Vater ihn immer wieder mit in den Garten nahm und ihm den Obstbaumschnitt zeigte.

„Außerdem liegen mir Menschen und ihre Sicherheit am Herzen. Und mit der Arbeit als Baumkontrolleur kann ich ein Stück für Sicherheit sorgen“, sagt Karich. Dafür muss er entscheiden, welcher Baum noch Standfestigkeit besitzt oder ob Bäume gefällt werden müssen, weil sie ansonsten auf Menschen oder Häuser fallen könnten. Das ist sicherlich nicht immer einfach? „Nein, ist es nicht. Letztlich ist es aber ein wenig wie beim Arzt. Ich als eine Art Baumdoktor sehe mir jeden Baum an wie einen Patienten. Und auch ein Arzt muss manchmal Entscheidungen ganz individuell auf den Patienten abgestimmt treffen, die auch nicht immer schön sind. Aber wenn etwas nicht stimmt muss entschieden werden, wie es weitergeht. Und ich bin dafür da, Wege aufzuweisen“, erklärt Matthias Karich. Er weiß aber auch: „Es kann bei der Baumkontrolle nicht nach dem Motto ‚Baum ab – Nein, danke‘ gehen, aber auch nicht wie die Axt im Walde. Es muss abgewogen werden.“

Dabei werde genau bedacht, ob Bäume beispielsweise noch mit einem Sicherungsschnitt gehalten werden können oder ob die Baumart das gar nicht verkraftet. Ob Infektionsgefahren bei einem Beschnitt zu groß sind oder ob alle Bedenken so viel wiegen, dass es nicht mehr wirtschaftlich ist. „Leichtfertig wird hier keine Entscheidung getroffen“, versichert er. Lebensverlängernde Maßnahmen, wieder mit dem Menschen vergleichbar, werden hier sehr häufig vorgenommen.

So lange die Temperaturen weit unter Null waren, war Karich vorwiegend im Büro tätig. Erfasste seine Protokolle digital. Für jeden Baum gibt es eins. Jetzt, wo es wieder wärmer wird, wird er wieder vermehrt in den Orten zu sehen sein, wo er jeden einzelnen Baum unter die Lupe nimmt.