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Fotografie Das Potential eines Bildes erkennen

Foto ist nicht gleich Foto. Fotografie ist Handwerk und auch Kunst. Dieser Kunst hat sich Uli Koch aus Steutz verschrieben.

Von Petra Wiese 05.05.2020, 06:00

Steutz l Die Fotografie ist die große Leidenschaft von Uli Koch. Viele Fotos des Steutzers wurden schon in der Volksstimme veröffentlicht. Unter „cookart“ – vom Namen Koch und Kunst abgeleitet – sind seine Fotos in den sozialen Medien zu finden, hinter „peoplescreative_photography“ verbergen sich ausschließlich Menschen und Gesichter.

Das Fundament für das Hobby wurde bei dem gebürtigen Zerbster in der Schulzeit gelegt, etwa ab der 7. bis zur 9. Klasse. Sein Klassenkamerad und Freund Heiko Röder beschäftigte sich intensiv mit Fotografie. „Da habe ich einiges mitgekriegt, ihm über die Schulter geschaut“, so Koch, der sich gerne an Stunden in der Dunkelkammer, wozu sich die fensterlosen Minibäder zu DDR-Zeiten gut eigneten, erinnert.

Dann war lange „Funkstille“ in Sachen Fotografie. Mopedfahren, Disko, Kumpels waren in der Sturm-und-Drang-Zeit wichtiger. „Aber ich habe das nie aus den Augen verloren“, hielt sich der junge Mann mit Zeitschriften und Fachbüchern auf dem Laufenden. Die Wende brachte dann noch einen größeren Zugriff auf entsprechende Lektüre. „Ich habe viel erlesen, mir Fotografen angeschaut“, beschreibt Koch, wie er sein Interesse für die Fotografie verfolgte.

Um das Jahr 2000 schaffte sich der gelernte Industrie-mechaniker dann die erste Kamera an – eine Canon EOS 20 D mit APSC Sensor, eine digitale Spiegelreflexkamera für ambitionierte Amateurfotografen. „Damit habe ich angefangen zu üben und zu testen. Landschaften und Architektur haben mich fasziniert“, erzählt Koch.

Nun war das Fotografieren die eine Sache, „aber es fehlte der Schritt, die Bilder ordentlich zu entwickeln“. Der folgte dann auf den Fuß. Beim Fotografieren im RAW-Format (raw = roh) erhält die Kamera alle Bildinformationen, die der Bildsensor aufgenommen hat. Alles wird abgespeichert, und die RAW-Datei wird im Nachhinein digital „entwickelt“. Uli Koch arbeitet seitdem mit „Lightroom“, um aus den rohen Bildern seine Kunstwerke entstehen zu lassen.

„Da merkt man erst, was für Potential in einem Bild steckt“, sagt der 54-jährige Familienvater, der seit 17 Jahren in Steutz zu Hause ist. Täglich, bei Wind und Wetter, fährt er mit dem Fahrrad nach Zerbst zur Arbeit. Seit 21 Jahren arbeitet er in der EMAG.

Das Radfahren ist ein weiteres Hobby von Uli Koch – hin und wieder schwingt er sich für eine Tour auf sein Rennrad. 70 Kilometer kommen da schnell zusammen. Handwerklich hat der Mann nicht nur in Sachen Bildbearbeitung etwas auf dem Kasten. Mit viel Geschick und Spaß dabei hat er in Steutz einiges aus Haus und Hof gemacht. Und schließlich gibt es da noch den Fußball. Inzwischen beschränkt sich der Hobbyfotograf darauf, die Szenen mit der Kamera einzufangen, wenn seine Söhne spielen. Und auch beim Steckbyer Karnevalsverein, zu dem seine Frau gehört, macht er jedes Jahr die Gruppenfotos.

Die Fotografie erstreckt sich in viele Lebensbereiche des Steutzers. So vielfältig sind die Motive bei Uli Koch. Jede Art der Fotografie hat etwas Besonderes für ihn. Im Sport versucht er, den richtigen Moment zu erwischen, „das ist das schwierigste“. Der Augenblick, wo der Fuß den Staub aufwirbelt, der Schweiß von der Stirn perlt oder sich im Gesicht der Spieler die Aggressivität eines Angriffs oder die Freude über den Sieg widerspiegelt. Diverse Objektive hat er immer dabei, und inzwischen arbeitet er mit seiner dritten Kamera, einer Canon 5 D Mark III.

Natur oder Architektur zu fotografieren sei dagegen relativ einfach. Bei den Aufnahmen komme es vor allem auf das Licht an, meint Koch, der sich schon mal den Wecker stellt, um den Sonnenaufgang an einer bestimmten Stelle zu fotografieren. „Ich liebe das natürliche Licht“, bekennt er und nimmt es gleichzeitig als Entspannung, draußen zu sein und ziehende Wolken zu beobachten. Nur wenn es sich um sogenannte „Lost Places“ (geheime, verlassene Orte oder Ruinen) handelt, sei auf jeden Fall für den Adrenalinkick gesorgt.

Uli Koch hat nicht nur den Blick für die Mohnblume im Sonnenuntergang, sondern auch dafür, Menschen ins rechte Licht zu setzen, Gesichter festzuhalten. Ihn fasziniert es, „was man aus Gesichtern so raus lesen kann.“ Gern bedient er sich dabei der Schwarz-weiß-Fotografie, da wirkt plötzlich alles noch ganz anders.

Der Steutzer fotografiert aus Spaß an der Freude, speichert die Bilder ab, macht sie für Freunde. Was er macht, hat sich längst herum gesprochen. Es gibt Anfragen. „tfp“ heißt es bei Uli Koch – „time for pictures“, was bedeutet, dass das Fotomodell sich und seine Zeit dem Fotografen zur Verfügung stellt und dafür die Fotos bekommt. Meist hat Koch den Hot spot schon vorher im Kopf, wo er jemanden fotografieren will. Manche Mädels bewegen sich ganz frei und selbstbewusst, hat er die Erfahrung gemacht. Aber es sind oft nicht die Posen, sondern die Zwischenbilder, die am Ende die attraktiveren sind. Auch wer ganz besondere Hochzeitsfotos haben möchte, ist bei Uli Koch an der richtigen Adresse.

Sein Hobby hat er seit 2018 auch als Kleingewerbe angemeldet. Ein eigenes Fotostudio im Nebengebäude auf seinem Hof, das wäre irgendwann sein Traum, verrät er. Das würde dann schon ein bisschen anders ausfallen unterm alten Dachgebälk. Doch bislang steht sein Laptop, mit dem er die Bilder stundenlang bearbeitet, in der Küche. Da sind seine mehr als 10.000 Bilder abgespeichert, nach System geordnet. Mal eine Ausstellung zu gestalten, haben schon einige Freunde und Bekannte angeregt. „Der Gedanke war immer schon mal da“, sagt Uli Koch. Nun werden als erstes Zerbst-Motive von ihm im E-Center zu sehen sein.

Der Steutzer ist immer bestrebt, noch mehr aus seinen Fotos herauszuholen. Vielleicht hat er ja ein paar Gene mitbekommen. Die Cousine seiner Mutter war eine ausgebildete und talentierte Fotografin. Ansonsten hat er Ellen von Unwerth und Peter Lindbergh als Vorbilder und zwei DDR-Fotografen – Roger Melis und Günter Rössler. Die Aktfotografie hält Uli Koch für eine besondere Herausforderung, einen „schmalen Grat“. Vielleicht will er sich auch darin irgendwann einmal ausprobieren. Mit Teilakten könne man auf jeden Fall für Anregungen im Kopf sorgen.

Auf die Frage, welche Motive oder Menschen Uli Koch gerne einmal fotografieren würde, fiel ihm spontan das faszinierende Gesicht von Robert de Niro ein. Bilder, die in die Geschichte eingehen, hätte Corona mitgebracht. Da wären es die menschenleeren Straßen von Rom oder Venedig gewesen, die den Steutzer gereizt hätten ...