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Gefahrenabwehr Kastrationspflicht stößt sauer auf

Die Gefahrenabwehrverordnung für Zerbst wurde abgelehnt. Der Grund: Die CDU und Freie Wähler hatten Einwände.

Von Thomas Kirchner 05.05.2020, 06:00

Zerbst l Gefahrenabwehrverordnungen dienen den Gemeinden zur Abwehr von abstrakten Gefahren und haben eine Gültigkeit von zehn Jahren. Das momentan für die Einheitsgemeinde Zerbst geltende Papier läuft zum 30. Juni aus. Heißt: Bis 1. Juli muss eine Neue her. Die ist auch erarbeitet und in den entsprechenden Ausschüssen und in den Ortschaftsräten diskutiert worden, sollte nun am vergangenen Mittwoch vom Stadtrat abschließend abgesegnet werden. Doch es kann anders.

Stadtrat Jonas Döhring (CDU) monierte zahlreiche Widersprüche und was ihm besonders sauer aufstößt, ist die Kastrationspflicht von freilaufenden Katzen. Katzenhalter, die ihrer Katze Zugang ins Freie gewähren, haben diese zuvor von einem Tierarzt kastrieren zu lassen. Die Durchführung ist von einem Tierarzt schriftlich bestätigen zu lassen sowie für die Lebenszeit der Katze aufzubewahren, heißt es im Paragraf 4, Absatz 8, der Gefahrenabwehrverordnung.

„Bei der Ferkelhaltung wird gerade nach dem Willen der Gesellschaft über ein Kastrationsverbot diskutiert. Im Moment ist der Eingriff nur unter Betäubung möglich“, führte Döhring an. Es laufe alles auf ein Verbot von Kastrationen bei Ferkeln hinaus.

„Anderseits, da wo es uns gerade passt, wie hier bei den Katzen, vertreten wir ethisch die Meinung, dass wir sie – tierschutzrechtlich völlig unbedenklich – kastrieren lassen müssen. Hier sehe ich unter ethischen Gesichtspunkten eine eindeutige Doppelmoral“, gab Döhring zu bedenken.

Als weiteres Beispiel brachte Döhring das Verbot an, Stacheldraht unterhalb einer Höhe von 2,50 Meter anzubringen. „Wenn ich durch die Straßen unserer Stadt fahre, sehe ich beispielsweise Stacheldraht an Rinderkoppeln, der zusätzlich zum Strom unterhalb dieser Mindesthöhe angebracht ist. Dies stellt laut der neuen Verordnung eine Ordnungswidrigkeit dar“, so Döhring.

In diesem Punkt kollidiere die Gefahrenabwehrverordnung mit der Realität. „Unsre Landwirte sind natürlich darauf bedacht, dass die Tiere nicht ausbrechen, gegebenenfalls auf die Straße laufen und Menschen in Gefahr bringen. Dies sollten wir uns noch einmal ansehen“, forderte Jonas Döhring und beantragte eine erneute Verweisung der Verordnung zur Überarbeitung in den zuständigen Haupt- und Finanzausschuss.

FFZ-Stadtrat Mario Rudolf sieht indes in Teilen des Papiers eine Überregulierung. „Was ohnehin bereits in Gesetzen geregelt ist, muss nicht noch in dieser Verordnung stehen“, so der Stadtrat. Rudolf: „Offene Feuer sind verboten beziehungsweise genehmigungspflichtig, ausgenommen sind mobile oder stationäre Grillgeräte und -anlagen sowie Feuerungsanlagen, wie Feuerkörbe oder -schalen, bis zu einem Durchmesser von 1,20 Meter. Wieso müssen wir die Größe von Feuerschalen regulieren oder vorschreiben?“, fragte Mario Rudolf. Damit habe er große Probleme. „Wieso muss das in die Gefahrenabwehrverordnung? In der jetzt geltenden Verordnung ist diese Regulierung auch nicht enthalten“, erklärte er.

Ein weiterer Punkt, der Rudolf missfällt, ist Paragraf 6: „Das Betreten von Eisflächen aller Gewässer ist verboten. Sicher bedeutet eine Eisfläche auch immer Gefahr. Doch es gibt auch einen gesunden Menschenverstand“, betonte Rudolf. Er blicke da in seine Kindheit zurück, sehe Schlittschuh laufende oder Eishockey spielende Menschen, Kinder die Spaß auf den Eis haben. „Die belegen wir jetzt alle mit einem Generalverbot“, gab Rudolf zu bedenken und schloss sich dem Antrag von Jonas Döhring an.

Auf den Stacheldraht eingehend, erläuterte Ordnungsamtsleiterin Kerstin Gudella, dass sich das Verbot hauptsächlich auf das Anbringen entlang von Verkehrs- beziehungsweise Gehwegen beziehe. „Wir reden hier nicht von landwirtschaftlichen Bereichen oder Tierkoppeln“, wandte sich Gudella an Jonas Döhring. Der Stadtratsvorsitzende unterbrach die entstandene Diskussion mit Hinweis auf die Geschäftsordnung.

Die Ordnungsamtsleiterin wies dennoch darauf hin, dass eigentlich ausreichend Zeit für Diskussionen über das neue Papier vorhanden war. „Wir haben die Gefahrenabwehrverordnung jetzt so lange im Umlauf gehabt. Es wäre schön gewesen, wenn die entsprechenden Anfragen in den Ausschüssen zur Sprache gekommen wären, nicht erst jetzt, wo das Papier zum Beschluss in den Stadtrat eingebracht ist“, merkte Gudella an.

Es habe die Möglichkeit gegeben, die Anliegen über die Fraktionsvorsitzenden im Hauptausschuss zur Sprache zu bringen und „wir als Verwaltung hätten die Möglichkeit gehabt, entsprechend nachzuarbeiten und Änderungen einzuarbeiten“, betonte Gudella. Es tue ihr leid, dass es jetzt so gelaufen ist, „aber vielleicht können wir in der Zukunft entsprechend verfahren und Unklarheiten in den Ausschüssen zur Sprache bringen“, bat die Ordnungsamtsleiterin.

Der Haupt- und Finanzausschuss hatte der Verordnung am 16. März einstimmig seine Zustimmung gegeben. Auch die meisten Ortschaftsräte stimmten zu – mit Ausnahme von Dobritz, Nedlitz und Gödnitz. Lediglich zur Kenntnis genommen hat die Verordnung der Ortschaftsrat Leps. Der Stadtrat votierte am Ende mehrheitlich für den Antrag von Jonas Döhring und verwies das Papier zur Überarbeitung zurück in den Hauptausschuss.