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Gericht Angeklagte muss 400 Euro zahlen

Betrugsfall in Zerbst: Die Berufungskammer geht nicht davon aus, dass sich die Schadenssumme auf 10.000 Euro beläuft.

Von Andreas Behling 30.07.2018, 23:01

Dessau/Zerbst l Die 4. Strafkammer des Landgerichts Dessau-Roßlau hat das Verfahren gegen eine 48 Jahre alte Frau aus Biederitz eingestellt. Allerdings muss die Frau binnen eines halben Jahres 400 Euro an den Verein „Krebskranke Kinder in Not“ in Jessen (Landkreis Wittenberg) zahlen. Erfüllt sie diese Auflage nicht, muss sie mit einer Verurteilung rechnen. „Ich mache das sehr selten. Und wir haben uns auch als Kammer etwas schwer getan. Aber wir machen es so“, sagte der Vorsitzende Richter Thomas Knief.

Er sprach von einer Idee, die Staatsanwalt Thorsten Förster und Verteidigerin Heike Rabenow in einer Prozesspause gemeinsam entwickelten. „Die halten wir für nachvollziehbar“, so Knief. Mit diesem Ausgang des Verfahrens ist die Frau sehr gut bedient.

Das Amtsgericht in Zerbst hatte am 28. Februar 2018 gegen sie eine Geldstrafe in Höhe von 3300 Euro verhängt. Die erste Instanz hatte es für erwiesen gehalten, dass die Biederitzerin sich zwischen April 2014 und Mai 2015 durch falsche Angaben gegenüber dem Jobcenter Anhalt-Bitterfeld zusätzliche Einnahmen in Höhe von knapp 10.000 Euro verschaffte.

Im Verlauf des Berufungsverfahrens gelangte jedoch die Kammer zu der Erkenntnis, dass es zwar zu einem Betrug kam, die Schadenssumme indes weitaus geringer liegen dürfte als zunächst ermittelt. Die Frau war sich keiner Schuld bewusst gewesen. Sie hielt die Leistungen des Jobcenters für gerechtfertigt. Denn diese seien ihr für in Zerbst angemietete Räume gezahlt worden, welche sie tatsächlich als Wohnung nutzte. Im Ergebnis einer behördlichen Überprüfung der Verhältnisse im März 2015 wurde hingegen festgehalten, dass die Wohnung in Zerbst der in der Gesundheitsbranche selbstständig Tätigen lediglich als Büro diente.

Außerdem hatte auch der Ex-Partner in der amtsgerichtlichen Verhandlung erklärt, dass die Angeklagte bis zum Frühjahr 2015 mit ihm und dem gemeinsamen, heute acht Jahre alten Sohn in einem Ortsteil von Gommern zusammenwohnte. „In dem Jahr zog sie Anfang April aus. Ich hatte mir aber schon seit 2013 ein eigenes Zimmer eingerichtet. Die Frau interessierte mich nicht mehr. Ich hatte überhaupt kein Vertrauen mehr zu ihr. Sie betrog mich schon öfter in Geldfragen“, sagte der 46-Jährige im Berufungsprozess als Zeuge aus. Regelrecht die Fassung verlor er freilich, als ihn Knief mit einer Behauptung der Angeklagten konfrontierte. Diese hatte geschildert, dass ihr einstiger Partner sie zwei Mal geschlagen habe. Wegen des Sohnes habe sie ihn jedoch nicht verlassen können.

„Du hast ja wohl ‘nen Vogel! Da hört der Spaß auf!“, schimpfte der Mann, als der Vorsitzende ihm von der Anschuldigung berichtete. Zudem entfuhr es ihm, sie könne dafür „ein paar in die Fresse“ bekommen. Er sprach von Verleumdungen, gegen die er mit einer Anzeige vorgehen wolle. Knief kommentierte die beiderseitigen Gefühlsausbrüche - „Bleib‘ doch bei der Wahrheit“, forderte die 48-Jährige - nur insoweit, dass das Gericht diesen Zwist, in dem es auch um mutmaßlich nur unregelmäßig eingehende Unterhaltszahlungen geht, nicht klären könne, weil man nicht dabei gewesen sei.