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Gericht Mutmaßlicher Einbrecher schweigt

Aus zwei Angeklagten aus Zerbst wegen eines Einbruchs wurde einer. Eine Berufung wurde verworfen. Der andere schweigt.

Von Andreas Behling 04.06.2017, 04:00

Zerbst/Dessau l Aus einem mutmaßlichen Einbrecher-Duo ist ein Solist geworden. Da sich einer der beiden Angeklagten, die sich vor der 6. Strafkammer des Landgerichts Dessau-Roßlau wegen eines gemeinschaftlich begangenen Diebstahls aus einem Zerbster Wohnhaus verantworten sollten, unzureichend entschuldigte, wurde dessen Berufung verworfen. Seine von Verteidiger Markus Brodowski übermittelte Angabe, er habe am Tag vorm Verhandlungsstart einen schweren Bandscheibenvorfall erlitten und verspüre Lähmungserscheinungen in einem Bein, bewertete die Kammer unter Vorsitz von Thomas Knief als bloße Behauptung.

Das Gericht bemängelte vor allem, dass kein ärztliches Attest vorlag. Da der Mann - „Sein Bruder sollte sich um den Papierkram kümmern“, warf Brodowski noch ein – zudem mitteilte, er befände sich zu Hause, spreche dies „deutlich gegen eine Verhandlungsunfähigkeit“, fand Knief. Der andere Angeklagte, ebenfalls 30 Jahre alt und in Zerbst zu Hause, bestreitet den Tatvorwurf. Das teilte sein Verteidiger Carsten Schneider mit. Weitere Angaben seien von seinem Mandanten nicht zu erwarten, fügte er hinzu. Zugetragen haben soll sich der Wohnungseinbruch zwischen dem 18. und 19. September 2015.

Die Eigentümer des Hauses befanden sich seinerzeit in Begleitung ihres Sohnes im Norwegen-Urlaub. Sie waren zurückgeeilt, als die Freundin des Sohnes anrief, dass sein Auto auf dem Parkplatz bei der Volksbank stehe. Daraus ergab sich, dass es vom Elternhaus fortbewegt worden sein musste. Und das, obwohl sich der Wagenschlüssel im Gebäude befand. Tatsächlich stellte kurz darauf ein Nachbar, der für den Notfall vor Urlaubsantritt einen Wohnungsschlüssel erhalten hatte, fest, dass Einbrecher eingedrungen waren.

Ein abseits der Straße liegendes Fenster war eingeschlagen worden. In der Wohnung selbst fanden sich offene Schränke und herausgerissene Kommoden-Schubladen. Entwendet worden waren zum Beispiel ein Laptop, Schmuck, Sammelmünzen aus Meißener Porzellan, an den Wänden angebrachte historische Waffen und Besteckkästen. Der Wert dieser Gegenstände lag bei ungefähr 5000 Euro. Anschließend notwendige Reparaturen und das Auswechseln der Schlösser kosteten dann nochmals fast 8000 Euro.

Im Zeugenstand berichtete der Sohn des geschädigten Ehepaars, er habe von einem Kumpel gehört, dass die beiden Angeklagten den Einbruch verübt haben sollen. So sei erzählt worden, einer der beiden Männer habe mit einer Bankkarte „herumgewedelt“ und gesagt, diese sei nicht mehr gültig. „Diese Karte gehörte meinem Vater“, so der Zeuge. Gerade der Mann, der wohl mitbekommen hatte, dass die Karte abgelaufen war, wollte sich zunächst – auf fehlende Erinnerungen verweisend – in Schweigen hüllen.

Es bedurfte einiger Geduld - zwischendurch schien es fast, als würde das Nachdenken ihm körperliche Schmerzen bereiten –, bis er einräumte, er habe Angst, zu viel zu erzählen. Allerdings entsprang dieses Gefühl nicht aus einer realen Bedrohungssituation, sondern war mehr ein unterschwelliges Empfinden: „Ich habe allgemein Schiss.“ Außerdem gab der Zeuge zu, dass er einen Bekannten aus dem Geschehen heraushalten wollte. Bei dem Mann sei nämlich einer der Angeklagten mit der Bitte aufgetaucht, den BMW zu holen, der noch auf dem Grundstück des Hauses stand, in das eingebrochen wurde. Der Schlüssel für das Auto gehörte zum Diebesgut. Als „Belohnung“ für die Hilfe, so der Zeuge, habe sein Bekannter, der aktuell wahrscheinlich in Haft sitze, die ungültige Bankkarte erhalten. „Die lag bei ihm auf dem Tisch, so dass ich lesen konnte, wem sie gehörte.“

Fortgesetzt wird die Hauptverhandlung zunächst am 15. Juni. Zu diesem Termin erhält der Zerbster, dessen Berufung verworfen wurde, eine Ladung. Dann soll er als Zeuge aussagen. In erster Instanz hatte das Amtsgericht Zerbst Freiheitsstrafen von zwölf und acht Monaten gegen die beiden Männer verhängt. Deren Vollstreckung – letztere Strafe hatte der jetzt allein angeklagte 30-Jährige erhalten - war zur Bewährung ausgesetzt worden. „Damit bewegte sich die Vorinstanz im unteren Bereich“, kommentierte Richter Knief.