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Gericht Turnschuhe und Tasche verloren?

Zwei Angeklagte müssen sich wegen Diebstahl in Zerbst verantworten.

Von Andreas Behling 18.10.2017, 23:01

Zerbst/Dessau l Die beiden Angeklagten schweigen. Weder der 36-Jährige aus Steutz noch der 33-Jährige aus dem zu Möckern gehörenden Schweinitz wollen sich zu den gegen sie erhobenen Vorwürfen einlassen. Vor der 6. Strafkammer des Landgerichts Dessau-Roßlau müssen daher einige Zeugen zu einem Vorfall gehört werden, der sich am 10. September vorigen Jahres in der Zerbster Innenstadt im Bereich der Nuthe-Brücke zugetragen haben soll.

Laut der von Oberstaatsanwältin Susanne Helbig vertretenen Anklage passte das Duo an jenem Tag im Frühherbst einen Bekannten auf der Straße ab. Um ihm eine Lektion zu erteilen, streckte einer der Männer das Opfer mit einem Faustschlag ins Gesicht auf den Rasen nieder und malträtierte es anschließend mit mehreren Fußtritten. Diese zielten in Richtung des Kopfes und gegen die Rippen. Der andere Mann sicherte derweil das Umfeld. Während das Duo nach der Attacke eine Umhängetasche mit 280 Euro Bargeld, einem Mobiltelefon, einem Schlüssel und persönlichen Dokumenten sowie die Turnschuhe des Geschädigten an sich nahm, suchte das Opfer das Polizeirevier auf und erstattete Anzeige.

Im Fall des älteren Angeklagten ging das Zerbster Amtsgericht am 10. Juli 2017 von gefährlicher Körperverletzung und Nötigung aus. Der Steutzer wurde zu einer achtmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt. Dem Mittäter, der sich wegen Beihilfe zur Körperverletzung und Nötigung zu verantworten hatte, wurde eine Geldstrafe von 2.700 Euro auferlegt. Die Konstellation vor der Berufungsinstanz unter dem Vorsitz von Thomas Knief ist nun so, dass der 36-Jährige das Strafmaß akzeptiert hätte. Allerdings strebt die Oberstaatsanwältin eine Verschärfung an. Auf der anderen Seite will der 33-Jährige einen Freispruch erreichen.

Einigermaßen verzwickt stellt sich die Angelegenheit aufgrund des Verhaltens des Opfers dar. Zwar zeigte der 31 Jahre alte Mann, der seinerzeit in Socken und intensiv nach Hundekot riechend vor die Polizei trat, den Übergriff an. „Er wirkte verängstigt und sagte, dass er ausgeraubt wurde“, erinnerte sich ein Beamter. Nur einen Tag später hatte der Geschädigte jedoch kein Interesse mehr an einer Strafverfolgung. Die beiden Männer hätten ihm die Sachen ins Haus seiner Mutter zurückgebracht und sich für ihr Verhalten entschuldigt, lautete seine Begründung.

Weil die Staatsanwaltschaft in dem Fall das öffentliche Interesse an einer Strafverfolgung sah, kam es dennoch zu einem erstinstanzlichen Prozess. In dem machte der 31-Jährige geltend, dass er nicht beraubt worden sei. Als er diesen Wechsel im Aussageverhalten vollzog, reagierte die Anklagebehörde verärgert und sehr ungehalten. Sie ging am Ende von einer Falschaussage des Geschädigten aus und leitete gegen ihn ein Ermittlungsverfahren ein. Vor diesem Hintergrund machte der in Magdeburg lebende Mann nun in der zweiten Instanz von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch.

Richter Andreas van Herck, der im Sommer den ersten Prozess leitete, erinnerte sich, dass von Schulden die Rede war, die der Geschädigte begleichen sollte. Auch habe er behauptet, sowohl seine Turnschuhe als auch die Tasche „beim Davonlaufen verloren“ zu haben. Die Angeklagten hätten diese Gegenstände gefunden und bei seiner Mutter deponiert.

Die Hauptverhandlung geht am 3. November weiter. Zur Fortsetzung erscheint auch ein Mediziner. Von ihm sind Aussagen zu erwarten, ob die von der Polizei fotografisch dokumentierten großflächigen Verletzungen von einem einfachen Sturz herrühren können.