1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Zerbst
  6. >
  7. Vorsätzlich Feuer in Zerbst gelegt?

EIL

Gericht Vorsätzlich Feuer in Zerbst gelegt?

Im Fall eines 31-jährigen Zerbsters geht die Staatsanwaltschaft weiter von versuchter Brandstiftung aus.

Von Andreas Behling 08.05.2019, 23:01

Dessau/Zerbst l Das Urteil gegen einen 31 Jahre alten Zerbster wird am 15. Mai verkündet. Darauf legte sich am Dienstag, 7. Mai, die 8. Strafkammer des Landgerichts Dessau-Roßlau fest. Verantworten muss sich der derzeit in Halle (Saale) inhaftierte Mann wegen Sachbeschädigung, versuchter schwerer Brandstiftung und gefährlicher Körperverletzung sowie wegen des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und Beleidigung. Der Kammer unter dem Vorsitz von Siegrun Baumgarten liegen ganz unterschiedliche Anträge vor, die sie zu bewerten hat.

Staatsanwalt Sven Köhler forderte ein Jahr und zehn Monate ohne Bewährung. Verteidiger Sven K. Schneider hielt einen Haftaufenthalt von zwölf Monaten für angemessen, der für vier Jahre zur Bewährung ausgesetzt werden sollte. Die beiden Juristen ordneten vor allem die Zerstörung eines Kinderwagens, der im Rahmen einer Auseinandersetzung des Angeklagten mit seiner damaligen Lebensgefährtin am 13. Oktober 2018 in einem Hausflur in Brand gesetzt wurde, unterschiedlich ein. Während Köhler weiterhin von einer versuchten schweren Brandstiftung ausging, sprach die Gegenseite von einer Sachbeschädigung.

Der Anklagevertreter argumentierte, der Zerbster habe bedingt vorsätzlich gehandelt, obwohl sich in der Wohnung der Partnerin mehrere Personen aufhielten. Unter ihnen auch kleine Kinder. „Es gab eine konkrete Gefährdung“, sagte Sven Köhler. Gerade dies bestritt die Verteidigung. Der aufgeregte Angeklagte, der zuvor von der Frau und zwei männlichen Bekannten über Stunden hinweg mittels Handy-Nachrichten provoziert worden war, habe sein Feuerzeug eher im Vorbeigehen an den Kinderwagen gehalten, als er keinen Zutritt zur Wohnung erhielt. Wieder auf die Straße gehend, konnte er ergo nicht wissen, ob das Material sich entzünden oder nach einer Weile selbstständig ausgehen würde.

Schneider räumte ein, dass sein zur Tatzeit erheblich alkoholisierter Mandant einen großen Fehler machte. Allerdings sollte ihm die Bewährung eingeräumt werden, weil gesichert sei, dass er seine Arbeit wieder aufnehmen und sich so um eine Wiedergutmachung des Schadens kümmern könne. „Das Gericht hat mehrere Möglichkeiten, ihm den rechten Weg zu weisen“, meinte der Verteidiger. So könnte der 31-Jährige verpflichtet werden, eine ambulante Therapie zur Bekämpfung seiner Alkoholkrankheit und ein Antiaggressionstraining zu absolvieren. Einen Maßregelvollzug in einer Entziehungsanstalt anzutreten, das hatte der Zerbster von Anfang an abgelehnt. Hierfür fehle ihm die Motivation, räumte er selbst ein.

Der Sachverständige Björn Bühler schätzte den Erfolg einer stationären Suchttherapie daher als „sehr klein und sehr fraglich“ ein. Nach Auffassung des Psychiaters besitzt die dissoziale Persönlichkeitsstörung des Angeklagten Krankheitswert. Der Mann missachte zum Beispiel soziale Normen und habe die Neigung, andere zu beschuldigen und Gewalt einzusetzen. „Mal die Faust in ein Gesicht zu setzen, ist für ihn ein Mittel wirksamer Kommunikation.“ Andererseits zeigte sich: Als es der Zerbster wollte, gelang ihm eine berufliche Entwicklung und der Schritt heraus aus der Grundsicherung. Bühler meinte, im Haus - wo auch die Scheibe der Eingangstür zu Bruch ging - sei der Zerbster relativ planvoll und koordiniert vorgegangen. Allerdings musste es im Anschluss nicht zur Konfrontation mit der Polizei kommen. „Bei entsprechender Mühe hätte er sich auch anders entscheiden können“, fand der Mediziner.

In seinem Schlusswort sagte der dreifache Vater, der über keinen regulären Schulabschluss verfügt, dass er sich für die Vorfälle „nur entschuldigen“ könne. Nie und nimmer, betonte er, habe er das Haus in Brand setzen wollen. Wenn er in Freiheit bliebe, wäre das eine Riesenchance, seiner Arbeit weiter nachgehen zu können und mit dem Lohn entstandenen Schaden zu tilgen. Mit den Gesetzen in Konflikt geraten war der 31-Jährige ab 2004 in insgesamt elf Fällen. Geahndet wurden etwa ein Diebstahl in besonders schwerem Fall, ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr, ein gemeinschaftlicher versuchter Raub, eine räuberische Erpressung und Körperverletzungsdelikte.