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Gerichtsverhandlung Angeklagter hat Drogenproblem

Die Gerichtsverhandlung in Dessau gegen einen Zerbster wegen Diebstahl und Körperverletzung geht weiter. Nun kommen Zeugen zu Wort.

Von Andreas Behling 13.11.2019, 04:00

Dessau/Zerbst l Möglicherweise kann der Sachverständige schon am 2. Dezember sein Gutachten im Verfahren gegen den Angeklagten aus Zerbst vortragen. Diese Prognose wagte jetzt Siegrun Baumgarten, Vorsitzende Richterin der 8. Strafkammer des Landgerichts Dessau-Roßlau. Vor der muss sich der 37 Jahre alte Mann wegen räuberischen Diebstahls, Körperverletzung, Diebstahl und Computerbetrug in vier Fällen verantworten.

Am zweiten Prozesstag kamen mehrere Zeugen zu Wort. Menschen, die seinen Straftaten zum Opfer fielen, aber auch Bekannte des Zerbsters, die Auskunft über dessen Drogenabhängigkeit geben sollten. Hintergründe, die dann Anfang Dezember dem Psychologen Philipp Gutmann bei der Einschätzung helfen können, ob es Sinn macht, den Angeklagten für eine Therapie in eine Entziehungsanstalt zu schicken.

Nach den eigenen Angaben des von Steven Rabold verteidigten Mannes begann der fast tagtägliche Drogenkonsum ab dem 18. Lebensjahr. Von Anfang an war Crystal Meth dabei. „Ja, er hatte ein Problem mit Betäubungsmitteln. Bei ihm war eine Abhängigkeit da. Die äußerte sich in einer Hibbeligkeit“, bestätigt einer der Kumpels, der mit einem martialischen Yakuza-Kapuzenshirt ins Gericht kommt.

„Ich wusste, dass er Crystal und Marihuana nahm“, sagt ein zweiter Bekannter. „Sein Verhalten wechselte dann. Er wurde aufgekratzter, aufgedrehter. Aber nicht aggressiv.“ Der Zeuge war auch dabei, als sein Freund am 30. September 2015 im Eingangsbereich einer Bank in Zerbst einer Frau 1000 Euro, die sie für den geplanten Urlaub am Schalter abgehoben hatte, aus der linken Hand riss.

Allerdings habe er in dem Moment gerade sein eigenes Geld und die Kontoauszüge verstaut. Deswegen habe er nur den lauten Ruf der heute 77-Jährigen gehört: „Hilfe, mein Geld!“ Und sein Kumpel? „Auf ein Mal war er weg. Und er blieb bis zum Abend verschwunden.“ Gesprochen über den Vorfall habe man bei der Wiederbegegnung nicht. Umso präsenter sind die Ereignisse noch bei der Frau, der das Geld so überraschend entwendet wurde. „Das passierte aus heiterem Himmel. Ohne großes Zucken“, erinnert sie sich.

Ihr Mann hatte damals - obwohl durch ein Hüftleiden beeinträchtigt - die Verfolgung in ein benachbartes Haus aufgenommen. „Ich ging hoch bis zur dritten Etage. Dort lag er auf dem blanken Boden auf dem Rücken. Ich dachte noch, da wohnt seine Freundin, die ihn nicht hereinließ. Plötzlich sprang er auf, schubste mich zur Seite und türmte wieder die Treppe runter.“ Bei dem Kontakt könnte es passiert sein, dass er mit der Hand ans Metallgeländer stieß und sich einen Finger prellte.

Der Angeklagte hatte zum Auftakt bestritten, dass er nach der Hand des heute 78-Jährigen griff und diese verdrehte. Vor der 8. Strafkammer winkt auch der Zeuge ab. „Ich arbeitete als Arzt. Ich habe das obere Fingerglied etwas gekühlt. Und dann war’s gut“, will er den Konflikt nicht über Gebühr dramatisieren. Seine Frau und die Mitarbeiterin einer Physiotherapie - letztere war in dem Haus, in welches der Angeklagte rannte, gerade mit einer Patientin beschäftigt - halten es ähnlich. „Ich kann nicht sagen, dass der Mann handgreiflich wurde. Er wollte schnell wieder weg“, so die Therapeutin.

Ebenfalls eilig hatte es der Angeklagte nur einen Tag später, am 1. Oktober 2015. An dem Abend entwendete er einer heute 29-Jährigen, mit der er sich über eine Dating-Plattform im Internet verabredet hatte, aus ihrer im Flur abgestellten Tasche die Geldbörse nebst EC-Karte. In der Folge hob er von dem fremden Konto 290 Euro ab und tätigte mehrere Einkäufe. In der Summe belief sich der Schaden auf 604,40 Euro.

„Es war eigentlich ein netter Abend. Plötzlich sprang er auf, weil er mal auf die Toilette wollte, ließ mich im Schlafzimmer zurück und war dann ganz verschwunden“, berichtet die junge Frau. Erst am nächsten Vormittag, als sie einen Termin beim Arzt wahrnahm und ihre Gesundheitskarte suchte, habe sie gemerkt, dass sie bestohlen wurde. „Danach habe ich nicht versucht, ihn direkt zu kontaktieren. Ich hatte ja seine Nummer und Fotos von ihm auf dem Handy. Das erhielt die Polizei von mir.“