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Gewässerumlage Kritik an Kosten, Lob für die Pflege

Immer bringen die Änderungen der Gewässerumlagesatzungen Diskussionen in Lindau mit sich. Hohe Verwaltungskosten stoßen auf.

Von Petra Wiese 02.12.2020, 05:00

Lindau l Alle Jahre wieder kommen die Gewässerumlagesatzungen in den Ortschaftsräten auf den Tisch. Immer wieder stoßen sich die Bürgervertreter an nicht nachvollziehbaren Zahlen und vermeintlich nicht ausreichender Pflege der Gräben. Im Lindauer Ortschaftsrat hatte man Erklärungsbedarf angemeldet und die Geschäftsführerin des Unterhaltungsverbandes Nuthe/Rossel, Maja Schochardt, eingeladen, als die „7. Änderungssatzung zur Satzung der Stadt Zerbst/Anhalt zur Umlage der Verbandsbeiträge des Unterhaltungsverbandes „Nuthe/Rossel“ auf der Tagesordnung stand.

Maja Schochardt war der Einladung gefolgt, offensichtlich aber ohne zu wissen, was die Bürgervertreter erklärt haben wollten. Deshalb machte sie gleich deutlich, dass der Unterhaltungsverband den Flächen- und Erschwernisbeitrag gegenüber seinen Mitgliedern geltend macht. Diese Mitglieder, in dem Fall die Stadt Zerbst, streben dann an, den Beitrag auf die Grundstückseigentümer umzulegen. Für die Umlagesätze sei also die Stadt zuständig.

Der Unterhaltungsverband Nuthe/Rossel hat der Stadt einen Beitragsbescheid über 418.233 Euro für das Jahr 2020 geschickt. Der Gesamtbetrag – 380.200 Euro Flächenbeitrag und 38.033 Euro Erschwernisbeitrag – beinhaltet die Kosten für die Unterhaltung der Gewässer II. Ordnung und die Kostenerstattung an das Land für die Gewässer I. Ordnung.

Die für das Umlagejahr 2020 anfallenden Verwaltungskosten wurden durch die Stadt Zerbst kalkuliert und betragen 72 060 Euro. Die Ortschaftsräte werden derzeit zu den Umlagesätzen ab dem Kalenderjahr 2020 angehört. Für den Nuthe/Rossel-Verband sind das 9,939081 Euro je Hektar Flächenbeitrag und ein Erschwernisbeitrag von 11,128298 Euro je Hektar. Im Vergleich zum Vorjahr sind das 0,03 Euro je Hektar weniger als 2019 beim Flächenbeitrag und 0,07 Euro beim Erschwernisbeitrag.

Die geringfügig geringeren Beiträge seien verständlich bei drei trockenen Jahren. Da sei der Pflegeaufwand nicht so hoch, meinte Ratsmitglied Jan Berg. Für Iven Eisfeld sind die Beiträge nach wie vor nicht erklärbar. Die Nuthe vom Moorbad bis zur Kastanienallee sei „grottenschlecht“ geräumt.

Wie die Gewässer aussehen müssen, dafür gibt es die seit 2000 geltenden Wasserrahmenrichtlinien, machte Maja Schochardt deutlich. Die Gewässer sollen in einem ökologisch guten Zustand gehalten werden, beziehungsweise ein gutes ökologisches Potenzial erhalten, erläuterte sie. Das könne durchaus auch bedeuten, dass abschnittsweise Krautinseln stehen gelassen werden. „Wir sorgen dafür, dass der Abfluss gewährleistet ist“, so die Geschäftsführerin. Da seien ihr keine Probleme bekannt. Deshalb werde man auch in Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Anhalt-Bitterfeld weiter so verfahren.

Jan Berg kam nicht umhin, die Pflege der Gewässer I. Ordnung zu kritisieren, aber das ist eine Angelegenheit des Landesbetriebes für Hochwasserschutz Sachsen-Anhalt (LHW). Als wichtig erachtete es Peter Gottschalk, dass geguckt wird, wie man effektiv bei gleicher Leistung mehr herausholen kann. Welche Möglichkeiten gibt es, den Beitrag zu senken, wollte er wissen.

Dazu konnte Maja Schochardt sagen, dass der Verband mit sechs Mitarbeitern schon effizient arbeite und sich um etwas mehr als 1200 Kilometer Gewässer II. Ordnung kümmere. Trockenheit bringe nicht unbedingt weniger Aufwand mit sich, gab sie auch zu bedenken. Ufergehölze beeinflussen die Unterhaltung nicht unwesentlich.

Beitragssenkende Aussichten konnte die Geschäftsführerin keine geben. Sie verwies darauf, dass es seit 2012 sogar Beitragssenkungen für den Bereich der Gewässer II. Ordnung gegeben habe. Diese stand im Zusammenhang mit der seit 2016 durchzuführenden Kostenerstattungsregelung für die Gewässer I. Ordnung nach Paragraf 56 a des Wassergesetzes des Landes Sachsen-Anhalt. Allgemein steigende Kosten und notwendige Technikinvestitionen können künftig auch wieder zu Steigerungen führen.

In Sachen Verwaltungskosten war man bei Maja Schochardt an der falschen Adresse. Der Erklärungsbedarf besteht in Lindau weiter. Für eine nächste Sitzung will man sich jemanden aus der Verwaltung einladen. Viermal Ja, zweimal Nein und zwei Stimmenthaltungen gab es bei der Abstimmung zu den Nuthe/Rossel-Beiträgen. Dem Ehle/Ihle-Flächenbeitrag von 12,831674 Euro je Hektar stimmten vier Ratsmitglieder zu, einer lehnte ab und drei enthielten sich der Stimme.

Bis zum Stichtag 24. November hat der Unterhaltungsverband Nuthe/Rossel in diesem Jahr eine Böschungskrautung an 711,396 Kilometer vorgenommen. Insgesamt werden jährlich zirka 800 Kilometer entkrautet. An 25,285 Kilometer von zirka 35 Kilometer Gewässer erfolgte eine Entkrautung der Sohle. Eine Sohlberäumung beziehungsweise Grundräumung wurde an 67,74 Kilometer von geplanten zirka 75 Kilometern Gewässerlänge vorgenommen, ein Gehölzrückschnitt an 33,191 Kilometern. Bei letzterem sollen noch zirka zehn Kilometer folgen in diesem Jahr.

„Wir haben noch zusätzlich zu den üblichen Arbeiten in Folge der Gewässerschauen 2020 im Bereich Rossel mehrere Gewässerabschnitte offen, die von der Unteren Naturschutzbehörde zur Bearbeitung genehmigt wurden,“ so Maja Schochardt. „Ansonsten beschäftigt uns derzeit der Biber wieder mehr“, erzählte sie. Hier müssen noch mehrere Ausnahmegenehmigungen beantragt oder ausgeführt werden. Bis zum Beginn der Urlaubszeit Weihnachten/Neujahr ist also noch einiges zu erledigen. Im neuen Jahr sind bereits Biberdämme für die Beräumung freigegeben.

Aktuell bereiten sich die Biber wieder auf den Winter vor und bauen Dämme. Jetzt, wo mehrere Gewässer II. Ordnung auch wieder Wasser führen, steige da auch die Anzahl der Problemstellen, so Maja Schochardt. Festgestellt wurde außerdem, dass in den vergangenen beiden Jahren vermehrt Nutrias an den Gewässern auftreten. Diese siedeln sich jedoch nur dort an, wo sie auch schwimmen können. Das ist an den meisten Gewässern auf Grund der geringeren Wassertiefe nur dort der Fall, wo Biberdämme das Wasser hoch genug anstauen oder Teiche in unmittelbarer Nähe sind.

„Die Schäden durch Nutrias halten sich nach derzeitiger Einschätzung in Grenzen“, gab Maja Schochardt jedoch Entwarnung. Nutrias könnten an den Gewässern allerdings Probleme verursachen, in dem sie die Böschungen stark unterhöhlen. In solchen Fällen, bittet die Geschäftsführerin des Unterhaltungsverbandes um Hinweise. Es gibt bereits Verbände in Sachsen-Anhalt, die die Bejagung der Nutrias unterstützen, weiß sie.

Da den Gehölzrückschnitt- arbeiten in der Zeit von Januar bis Februar immer besondere Bedeutung zu kommt, will der Verband mit den noch zu erledigenden Arbeiten an den Gewässern für dieses Jahr möglichst fertig werden. Durch die Trockenheit der vergangenen Jahre sind Erlen und ältere Ufergehölze vertrocknet, so dass hier eine erhöhte Gefahr besteht, dass Bäume in das Wasser fallen und den Abfluss behindern, so Maja Schochardt zu den Schwerpunkten der Arbeit. Das sei sowohl im Bereich der Rossel als auch im Bereich der Nuthe der Fall.

Zusammengefasst habe der Nuthe/Rossel-Verband seine Gewässer im Griff. „Von den meisten direkten Anliegern am Gewässer erhalten wir ein positives Feedback“, ist Maja Schochardt zufrieden. Selbstverständlich könne man es nicht allen Anliegern Recht machen, sagt sie: „Jedoch sind wir bemüht, im Rahmen unserer gesetzlichen Aufgabe annehmbare Kompromisse zu erzielen“. Am einfachsten verständige man sich bei Vor-Ort-Terminen.

Auf den jüngsten Gewässerschauen – trotz Corona wurden im Oktober alle durchgeführt – gab es kaum ernste Beschwerden. Bisher bewegte sich die Zahl der Mängel in den Jahren 2015, 2016 und 2017 bei 80 aufgenommenen Mängeln, 2018 waren es lediglich 45 Mängel, 2019 waren es 68 und diesem Jahr stieg die Zahl auf 74 leicht an. Maja Schochardt: „Ich kann sagen, dass das positive Feedback, welches wir in den vergangen Monaten erhalten haben, vorrangig unseren Mitarbeitern, die die Arbeiten am Gewässer durchführen, zu verdanken ist.“