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Heimatgeschichte Gespiegelter Blick in den Klosterhof

Mancher grübelte, andere ordneten das historische Foto sofort in den Großen Klosterhof von Zerbst ein. Dort entstand einst die Aufnahme.

02.07.2017, 02:00

Zerbst l Mitten im Großen Klosterhof stand der Fotograf, als er wohl in den fünfziger Jahren auf den Auslöser seiner Kamera drückte. Viele Volksstimme-Leser ordneten das gesuchte Motiv richtig ein. „Ich habe kurz gestutzt“, gab Lothar Platte aus Schora zu. Aber die Fensterfront der Fassade im Hintergrund ließ ihn auf die Lösung kommen. „Das ist der Blick auf die Klausur“, verwies Oberkirchenrat i.R. Dietrich Franke auf die Ursprünge des markanten Gebäudes, das bis heute das Stadtbild prägt.

Es handelte sich um das Nonnenkloster St. Marien, das um 1200 im Ankuhn gegründet und 1298 nach Zerbst hinein verlegt wurde, wie Erwin Erbe erläuterte. Bis 1542 sei das Kloster als solches genutzt worden, bevor es eine Feuersbrunst heimsuchte. 1601 begann seine Ära als Zuchthaus, später diente das Gebäude als Militärkaserne. Beim Luftangriff auf Zerbst 1945 wurde es zerstört. „Anfang der fünfziger Jahre erfolgte der Neuaufbau“, umriss Erwin Erbe die Geschichte des Klosters, in dem zu DDR-Zeiten die Berufsschule untergebracht war.

„1953 mussten wir die Fenster der Berufsschule putzen“, erinnerte sich Ursula Hackemesser. Derweil berichtete Lothar Platte, dass er den Bau als Neunt- und Zehntklässler kennenlernte. „Wir wurden von 1960 bis 1962 aus der Rephunschule ausgelagert, weil wir so viele Schüler waren.“ Während seiner Ausbildung zum Schmied kehrte er in die Berufsschule zurück, ehe er dort auf dem Weg zum Meister für Landtechnik nochmals die Schulbank drückte.

„Ich bin im Großen Klosterhof aufgewachsen“, verriet Peter Schulze. Wie im Paradies sei es dort für die Kinder gewesen, auf welche die auf einer Bank sitzenden Großeltern aufpassten. Trotz der schweren Nachkriegszeit, in der sich die Anwohner gegenseitig beim Wiederaufbau ihrer Häuser halfen, herrschte Zufriedenheit. Den Spruch dazu wird Peter Schulze nie vergessen: „Es fallen keine Bomben mehr, wir haben genug zu trinken und zu essen, es geht uns gut.“

Es sei eine schöne Zeit gewesen, als sie dort im Klosterhof wohnten, gestand Brigitte Krüger. Heute hingegen schaue es durch die Baulücken etwas leer aus. „Da, wo die vielen Kinder stehen, wohnte Familie Wahliz“, erzählte Gerda Krüger, die ebenfalls ihre Kindheit dort verlebte. „Ich habe noch ein Foto, das mein Vater aus der Gegenrichtung aufgenommen hat“, bemerkte sie hinsichtlich der Schwarz-Weiß-Aufnahme. Dass das Entwickeln des Negativs spiegelverkehrt erfolgte, fiel einzig dem früheren Anwohner Dieter Jäger sofort auf.

Übrigens tauchte ein Name bei allen Schilderungen zum Klosterhof immer wieder auf: der von Martin Teitge. „Er ist ein sehr guter Lehrer gewesen“, meinte Lothar Platte. Mathe habe er unterrichtet, wusste Brigitte Krüger. Unterdessen unterbreitete Andreas Indenbirken den Vorschlag, vielleicht mal eine Art „Advent im Klosterhof“ zu veranstalten.

Zu jenen, die das Heimaträtsel korrekt lösten, gehörten ebenfalls Wolfgang Dompke und Harald Neupert aus Zerbst sowie Siegfried Schellin aus Güterglück. Den verlosten Sachpreis kann sich Brigitte Krüger werktags ab 9 Uhr in der Zerbster Lokalredaktion abholen.