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Hilfsbereitschaft Die Pflege kennt keine Feiertage

Während andere Menschen in Zerbst die Feiertage genießen, gibt es Berufe, die sich um Bedürftige kümmern. Dazu gehören Pflegekräfte.

Von Emily Engels 30.12.2016, 07:00

Während andere Menschen in Zerbst die Feiertage genießen, gibt es Berufsgruppen, die sich um Bedürftige kümmern. Dazu gehören Pflegekräfte.

Zerbst l Die Pinnwand, auf der fast jeder Mitarbeiter des Pflegedienstes Ziemer mit Blitzerfoto prangt, sagt alles. Nicht etwa, was für verantwortungslose Fahrer die Pflegefachkräfte sind. Im Gegenteil: Es zeigt, wie wichtig sie ihren Job nehmen und wie eilig es manchmal gehen muss, wenn man bis zu 20 pflegebedürftige Menschen während einer sechsstündigen Schicht in der ambulanten Pflege versorgen muss.

„Es handelt sich jedoch jeweils nur um Tempoüberschreitungen von etwa fünf Stundenkilometern“, sagt Annemarie Frerichs lachend. Wenn sie Spätdienst hat, fährt sie schon mal 132 Kilometer während einer Schicht. „Da kann mich auch Schnee und Glatteis nicht von abbringen“, sagt die Pflegefachkraft.

Seit 18 Jahren ist sie in dem Beruf – und noch genau für zwei Tage, bis sie in den Ruhestand geht. „Am 31. Dezember ist mein letzter Tag“, sagt sie. Ihren Beruf habe sie immer so gerne ausgeübt, dass ihr auch Feiertagsdienste nie viel ausgemacht haben.

„In der Pflege wünschen wir uns eigentlich grüne Weihnachten“, erklärt sie. Denn viele Wege, vor allem im Zerbster Umland, seien an verschneiten Weihnachtstagen teilweise schwer zu befahren gewesen. „Nicht nur einmal bin ich mit dem Auto im tiefen Schnee steckengeblieben“, meint sie weiter. Ebenfalls üblich: liegengebliebene Fahrzeuge und kleinere Schäden am Dienstauto. „Und leider hat wohl jeder von uns schon mal ein Reh während seines Dienstes überfahren“, bedauert die Pflegerin.

Trotzdem sei der Stress es über all die Jahre hinweg wert gewesen. Denn, so Frerichs: „Zu den Pflegebedürftigen baut man nach einiger Zeit eine Beziehung auf.“ Außerdem seien sie selten diejenigen, die den Zeitdruck aufbauen. „Oft hören wir Sätze wie: Hauptsache, Sie kommen heile an“, meint Frerichs. Besonders dieses Jahr habe sie während des Weihnachtsdienstes das Gefühl gehabt, dass alle Menschen, die sie besucht hat, rundum glücklich waren.

Damit auch ihre Familie etwas von ihr hat, weiß die Pflegekraft sich zu helfen: „Organisation ist das A und O“, meint sie. Außerdem sei es hilfreich, wenn der Partner Verständnis zeige. „Ich habe zum Glück eine solche Familie“, schätzt sie sich glücklich.

Auch Doreen Heiers Freunde und Familienmitglieder müssen damit leben, dass die Pflegerin ständig unterwegs ist. „An Neujahr habe ich dieses Jahr Frühschicht“, erzählt sie. Und wer um 6.30 Uhr den ersten Menschen versorgen muss, könne kaum über den Mitternachtssekt hinausfeiern. Doch Doreen Heiers sieht es positiv. So meint sie: „Dafür bin ich nach dem Dienst mittags bereits wieder zu Hause.“

Ulrike Ziemer, Chefin beim Pflegedienst & Tagespflege Ziemer, ist froh, dass sie so engagierte Mitarbeiter hat, die nicht nur für die Pflegebedürftigen, sondern auch für die Kollegen einspringen. „Ein solcher Betrieb funktioniert nur im Kollektiv“, meint sie. Vor allem bei Mitarbeitern mit jungen Kindern müsse sie sich oft nach den Kindergärten richten. „Wenn eine Kita geschlossen bleibt und kein Kollege einspringen kann, wird ein Kind schonmal über mehrere Generationen weiter gereicht, damit der betroffenen Mitarbeiter zur Arbeit kommen kann“, beschreibt sie.

Die Pflegedienst-Chefin bringt die nötige Gelassenheit mit, die man in ihrer Position braucht. Zu den Blitzerfotos ihrer Kollegin hat sich übrigens dieses Jahr erstmals auch eins von ihr gesellt. „Ich wurde sozusagen in den Kreis mit aufgenommen“, meint sie lachend. Doch so sehr Schnellsein zum Beruf dazu gehört: Die Strafe muss der Verursacher jeweils selbst bezahlen.