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Innungstag Sorge um Nachwuchs hält an

Die Kreishandwerkerschaft Anhalt-Bitterfeld lud zum 28. Innungstag in Zerbst. Ein große Thema war Nachwuchsmangel.

Von Daniela Apel 26.11.2018, 00:01

Zerbst | Zwar sei die Zahl der Lehrlinge im Vergleich zu 2017 um mehr als 150 auf 1256 angewachsen. Dennoch blieben zum neuen Ausbildungsjahr über 700 Stellen unbesetzt. Das konstatierte Thomas Keindorf, Präsident der Handwerkskammer Halle (Saale), auf dem 28. Innungstag der Kreishandwerkerschaft Anhalt-Bitterfeld am Sonnabend in der Zerbster Stadthalle.

Als Ursache nannte er zum einen die halbierten Schulabgängerzahlen. Zum anderen sprach er von der mangelnden Attraktivität der beruflichen Ausbildung. Hier muss es Veränderungen geben, wie Roland Prokop darlegte. So forderte der Kreishandwerksmeister, dass die Kreisgrenzen hinsichtlich der Berufsschulausbildung fallen müssten.

Die Wege für die Lehrlinge seien momentan einfach zu lang, bezog er sich auf eine Befragung von 4657 Ausbildungsunternehmen in Sachsen-Anhalt. Demnach fahren knapp drei Viertel des Fachkräftenachwuchses im Schnitt fast 100 Kilometer je Schultag hin und zurück. Das sei zu ändern, erklärte Prokop.

Zugleich forderte er, dass die Mehrkosten für den Besuch einer auswärtigen Berufsschule oder einer Internatsunterbringung erstattungsfähig sein müssten und zwar unabhängig von der Ausbildungsvergütung. Auch die Einführung eines Azubi-Tickets würde helfen, die Ausbildungssituation zu verbessern, meinte er.

„Viele Betriebe und Lehrlinge klagen über die Qualität der Lehrgänge wie auch über die zeitliche Einordnung mancher Lehrgänge in den Berufsbildungszentren der Kammern“, wies Prokop ebenfalls auf „hausgemachte Probleme“ hin, die für Demotivation sorgen würden. „Wir müssen diese Signale ernst nehmen und auch innerhalb unserer eigenen Strukturen nach Reserven suchen und Missstände nicht nur benennen, sondern auch beseitigen“, betonte er.

Der mangelnde Nachwuchs an Lehrlingen und Gesellen wirkt sich nicht zuletzt auf die Suche nach Unternehmensnachfolgern aus. Zumal viele, die nach der Wende eine Firma gründeten, nun in den Ruhestand gehen, wie Thomas Keindorf schilderte. Jeder vierte Betrieb sei betroffen, berichtete er vom kontinuierlichen Sinken der Anzahl der Mitgliedunternehmen in der Handwerkskammer Halle. Gut 13.800 Betriebe waren es mit Stand 30. September.

„Klappern Sie fürs Handwerk“, wandte sich Thomas Keindorf an die Anwesenden. Vor Ort müsse stärker für diesen „unbekannten Riesen“ geworben werben. „Wir müssen mehr Kraft in die Außendarstellung legen“, erklärte der Kammerpräsident. Jede Innung sei ein Botschafter des Handwerks.

Die Nachfrage sei da, blickte der Zerbster Bürgermeister Andreas Dittmann (SPD) auf die geplanten Investitionen der Stadt im Gesamtvolumen von rund 7 Millionen Euro. Die Bedeutung des Handwerks für die Region hob auch Volker Krüger, Vorstand der Kommunalen Beschäftgungsagentur Anhalt-Bitterfelds, hervor: „Sie schaffen Arbeitsplätze vor Ort und sorgen für Gewerbesteuereinnahmen.“