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Investitionen Mühlsdorfer hoffen auf mehr Gehör

Mit Verständnis und Pragmatismus gehen die Mühlsdorfer die Dinge an. Dennoch fühlen sie sich von der Stadt Zerbst benachteiligt.

Von Daniela Apel 15.02.2020, 00:01

Mühlsdorf l „Über die Mittelverteilung war ich doch stark schockiert“, sagt Jörg Ewald. Vor ihm liegt der Volksstimme-Beitrag „Spagat zwischen Können und Wollen“ vom 29. Januar 2020, in dem es um die Entscheidungsfindung geht, wo innerhalb der Einheitsgemeinde Zerbst wieviel Geld investiert wird. Eine dazugehörige Grafik bildete die Summen ab, die seit der Gebietsreform 2010 in die einzelnen Ortschaften flossen. Von knapp 218 bis rund 1,38 Millionen Euro reichte das Spektrum. Hinter der Ortschaft Luso hingegen, zu der neben Bone ebenfalls Mühlsdorf gehört, stand eine Null.

„Dass größere Ortschaften mehr kriegen, ist verständlich. Ich verstehe auch, dass nicht alles sofort passiert. Aber warum wird so stark unterschieden? Wo ist da die Gleichbehandlung?“, fragt sich Jörg Ewald. Er ist Mühlsdorfer und Ratsmitglied der Ortschaft Luso, die 2005 freiwillig der Stadt Zerbst beigetreten war. Dies ist laut Aussage des Zerbster Bürgermeisters Andreas Dittmann (SPD) auch der Grund, weshalb durchaus getätigte Investitionen nicht in der „unter dem Vorbehalt der Unvollständigkeit“ kurzfristig für die Volksstimme zusammengestellten Statistik auftauchten. „Weil Luso schon vor 2010 in den Haushalt der Stadt integriert wurde“, begründet der Rathauschef.

„So können wir ergänzen, dass für den Spielplatz in Luso 14.877,87 Euro aus unserem Haushalt aufgewendet wurden“, erklärt Dittmann. Über Rücklagen verfügte die Ortschaft zu dieser Zeit nicht mehr. Denn diese werden vorrangig für Investitionen einsetzt, was auch bedeutet, dass die in der Grafik dargestellten Summen ebenfalls Eigenmittel der Ortschaften enthalten.

Doch zurück zu Luso. Die Aktien der Ortschaft wurden 2011 verkauft und „auf Wunsch der Ortschaft für den Teilausbau Neuer Weg in Bone voll verwendet“, führt der Zerbster Bürgermeister auf Volksstimme-Nachfrage aus. Er weist ebenfalls auf einen 2014 veranlassten Zuschuss aus dem Ortschaftsratskonto in Höhe von 1500 Euro für ein Spielgerät hin, das in Mühlsdorf aufgestellt wurde.

Für einen eigenen Spielplatz hatten die Mühlsdorfer lange gekämpft. Immerhin macht der Nachwuchs gut ein Viertel der knapp 60 Einwohner aus. „Aber es führte kein Weg dorthin“, erinnert sich Jörg Ewald. In den Haushaltsplan der Stadt fand das Vorhaben keinen Eingang. Also realisierten ihn die Mühlsdorfer schließlich selbst. Neben der Eigeninitiative, die sie leisteten, organisierten sie Spenden, um den Kletterturm mit Nestschaukel zu finanzieren. Auch ihre Pro-Kopf-Pauschale steckten sie in das Projekt, was sich hinter dem von Dittmann erwähnten Zuschuss vom Ortschaftsratskonto verbirgt.

Und das ist nur ein Beispiel. Auf diese Weise sanierten sie auch den Trafo-Turm und den kleinen Teich. Erst voriges Jahr legten sie einen Volleyballplatz an. „Viele engagieren sich und bringen sich ein“, ist Jörg Ewald stolz auf den Zusammenhalt in Mühlsdorf. Auf diese Weise lasse sich eine Menge realisieren. Sogar um die Grünpflege im Ort würden sie sich selbst kümmern.

Aber eben nicht alles. So gibt es noch einige Wunschprojekte. Ganz oben steht ein Radweg von Mühlsdorf hinüber nach Streetz. Auch eine Heckenbepflanzung zum Spitzberg schwebt ihnen vor, wie Jörg Ewald im Beisein weiterer Einwohner erläutert. Er erzählt von notwendigen Gehwegreparaturen und nennt weitere kleinere Anschaffungen wie beispielsweise einen Fernseher für die Ausbildung der Kameraden der Ortsfeuerwehr. „Man sollte darüber nachdenken, die Mittel gerechter zu verteilen“, findet Jörg Ewald. Ihn ärgert, dass sie seitens der Stadt immer mit der Aussage abgeschmettert wurden, es sei kein Geld da.

Unterdessen erklärt Andreas Dittmann erneut, „dass wir keine Investitionen pro Einwohner je Ortsteil vornehmen, sondern nach Dringlichkeit innerhalb des verfügbaren Budgets der Investitionspauschale“. Die Schwerpunkte seien hier in den zurückliegenden Jahren Brandschutz, Schulen und Kindertagesstätten gewesen. „Insofern geht es gerade nicht um eine Bevorteilung oder Benachteiligung einzelner Ortsteile und Ortschaften, das sind keine Kriterien des Handelns im Stadtrat und bei mir“, betont der Bürgermeister.

Hinsichtlich der Pro-Kopf-Pauschale merkt Dittmann an, dass ihre Verwendung ausschließlich dem Ortschaftsrat obliege. Luso erhält wie Bias und Pulspforde alljährlich 15 Euro je Einwohner im Gegensatz zu den übrigen erst 2010 eingemeindeten 21 Ortschaften, die sechs Euro bekommen.