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Justiz  Suche nach engagierten Schöffen

In Zerbst werden Laienrichter gesucht, die auf Augenhöhe mit dem Richter, Fälle behandeln. Doch wie wird man zum Schöffen?

Von Andreas Behling 11.05.2018, 23:01

Zerbst l „2019 beginnt die nächste Schöffen-Periode. Die reicht bis Ende 2023“, sagt Katrin Benedict, Richterin am Amtsgericht Zerbst. Sie will ins Bewusstsein rufen, dass auch in diesen fünf Jahren die Rechtsprechung nicht ohne Laienrichter funktionieren wird. „Ich wünsche mir sehr, dass uns ausreichend Kandidaten zur Verfügung stehen“, betont die für die Schöffenwahl verantwortliche Juristin.

Neben Zerbst in Anhalt-Bitterfeld gehören auch Coswig und Oranienbaum-Wörlitz im Landkreis Wittenberg zu den Städten, die Katrin Benedict betreut. Für die neue Periode müssen wieder ausreichend Jugendschöffen und Schöffen, die in Verfahren des Erwachsenenstrafrechts zum Einsatz kommen, zur Verfügung stehen. Sich an den Einwohnerzahlen orientierend, sind – inklusive der Hilfsschöffen – insgesamt 44 Jugendschöffen erforderlich. 20 von ihnen aus dem Landkreis Wittenberg. „Die Besonderheit ist, dass wir hier jeweils 50 Prozent Frauen und Männer brauchen“, merkt die Familienrichterin an.

Für Prozesse gegen Erwachsene müssen zehn Schöffen aus Oranienbaum-Wörlitz, 16 aus Coswig und 26 aus Zerbst kommen. Wer sich als ehrenamtlicher Schöffe einbringen möchte, hat verschiedene Möglichkeiten, sein Interesse zu bekunden. So können sich Bewerber direkt bei den Stadtverwaltungen melden. Dies ist noch bis 18. Mai möglich.

Wer ganz gezielt ein Engagement als Jugendschöffe anstrebt, teilt dies dem Jugendamt des Landkreises mit, in dem sich der Wohnsitz befindet. Zusätzlich besteht das Angebot, sich im Amtsgericht Zerbst registrieren zu lassen. Diese Bewerbungen nimmt Daniela Angeli (Tel.: 03923/742 21 69) entgegen.

In jedem Fall ist es wichtig, Name und Vorname, den Wohnort, die Kontaktmöglichkeiten (Telefon/E-Mail) und den Beruf zu hinterlassen. Katrin Benedict empfiehlt, auf jeden Fall auch in ein paar wenigen Sätzen zu erläutern, weshalb man das Schöffen-Amt anstrebt. „Das müssen wahrlich keine langen Episteln sein, aber gerade vor der Wahl der Jugendschöffen ist es hilfreich, wenn man weiß, dass jemand in einem erzieherischen Beruf arbeitet oder in der eigenen Freizeit zum Beispiel Nachwuchstrainer ist“, informiert die Richterin.

Für den Bereich des Zerbster Amtsgerichtes habe sie vor, alle Bewerber auf einer Liste zu sammeln, mit der die Jugendhilfe-Ausschüsse der Kreise unterstützt werden können.

Katrin Benedict verweist zudem auf eine Gesetzesänderung. Die Regel, dass ein Schöffe nur zwei Wahlperioden in Folge amtieren durfte, existiert nicht mehr. „Wer möchte und Spaß an der Sache hat, kann gern eine dritte, vierte oder gar fünfte Amtszeit anhängen.“ Andererseits stehe immer noch im Gesetz, dass in dem Moment, wenn nicht genug Schöffen verfügbar sind, diese verpflichtet werden dürfen. „Das kann dann nicht abgelehnt werden“, wird die Richterin deutlich. „Umgekehrt wird aber keiner mehr zum Aufhören gezwungen.“

Anfang September 2018 stehe fest, wer an welchem Gericht – für das Landgericht Dessau-Roßlau müssen ebenfalls Schöffen abgestellt werden – zum Einsatz komme. Diesen Auswahlprozess führt Katrin Benedict mit Vertretern der Landkreise und Städte durch. Ihr zufolge kann es passieren, dass nicht jeder, der auf der Liste steht, am Ende Schöffe wird. „Auch ist es nicht so, dass geäußerte Einsatzwünsche mit 100-prozentiger Garantie berücksichtigt werden.“

Außer Frage stehe, dass man als Schöffe „interessante Einblicke ins Leben“ gewinne und einen Blick hinter die Kulissen der Rechtsprechung werfen könne. „Man darf nicht vergessen, dass die Frauen und Männer in diesem Ehrenamt das gleiche Stimmrecht wie die Berufsrichter haben. Diese können also von zwei Schöffen durchaus überstimmt werden“, sagt Benedict. Zugleich zeige das die große Verantwortung, die einem Schöffen bei der gerechten Urteilsfindung zukomme.

Im Normalfall müsse ins Schöffenamt – Arbeitgeber sind übrigens zur Freistellung verpflichtet – nicht übermäßig viel Zeit investiert werden, findet Katrin Benedict. „Die Belastung hält sich in Grenzen. Hier am Zerbster Amtsgericht“, schildert sie ihre Erfahrungen, „kommt ein Schöffe durchschnittlich vier Mal im Jahr an die Reihe.