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Keine Ausbildung Stillstand wirft Feuerwehren zurück

Seit Wochen findet in den freiwilligen Feuerwehren wegen der Corona-Maßnahmen keine reguläre Ausbildung mehr statt.

Von Julia Puder 25.05.2020, 01:01

Zerbst l Einmal in der Woche steht bei den meisten Freiwilligen Feuerwehren Ausbildung auf dem Programm. Egal ob Brand, Verkehrsunfall oder der Austritt von gefährlichen Flüssigkeiten: Wenn der Alarm ertönt, zählt jede Sekunde. Da sollten alle Handgriffe sitzen und das muss trainiert werden. Die Kameraden rennen in brennende Häuser, wenn andere diese fluchtartig verlassen. Aber das ist natürlich alles andere als einfach. Es erfordert Zusammenhalt, Vertrauen, Mut und vor allem Ausbildung und Training.

Bei Letzterem herrscht allerdings seit Wochen Stillstand. Treffen dürfen sich die ehrenamtlichen Lebensretter nur zu Einsätzen – im Ernstfall. Ausbildung und sonstige Zusammenkünfte sind wegen der Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus untersagt. „Die wochenlange Ausbildungszwangspause war schon sehr einschneidend für unsere Ortsfeuerwehren in der Einheitsgemeinde“, sagt Stadtwehrleiter Denis Barycza. Die Einsatzbereitschaft sei trotz dieser Einschnitte zu jeder Zeit gewährleistet. „Die Ortswehren haben regelmäßig durch einen Gerätewart oder Maschinist die Einsatzbereitschaft der Fahrzeuge und der Technik überprüft“, betont Barycza.

Doch was ist mit den Frauen und Männern? „Seit 6. Mai ist es unseren Ortsfeuerwehren erlaubt – unter strengen Auflagen – langsam und in kleinen Gruppen wieder mit dem Dienstbetrieb zu beginnen. Bei den aktuell geringen Infektionen im Landkreis haben wir uns zu dieser Lockerung entschlossen“, so Barycza.

Leider würden weiterhin sämtliche Lehrgänge auf Kreisebene und beim Institut für Brand- und Katastrophenschutz (IBK) in Heyrothsberge ausfallen. „Das wirft uns richtig weit zurück, da wir für dieses Jahr viele bestätigte Lehrgangszusagen hatten“, so Barycza. Wann die Ausbildung im Landkreis und am IBK weitergeht, könne er im Moment noch nicht sagen. „Für uns hat der Besuch der Atemschutzübungsanlage in der Feuerwehrtechnischen Zentrale (FTZ) Bitterfeld höchste Priorität, um die Atemschutzgeräteträger fit und einsatzbereit zu halten“, betont Barycza und zeigt sich enttäuscht, dass die Ausbildung etwas aus dem Fokus geraten ist.

„Ich hätte mir zum Thema Ausbildung in den Freiwilligen Feuerwehren vom Innenministerium in Magdeburg deutlich mehr Engagement in der öffentlichen Diskussion und einen Fahrplan für alle Wehren gewünscht. Wenn wir zum Beispiel mit einem Augenzwinkern auf den Profifußball schauen, ging die Öffnung des Spielbetriebes dort nicht schnell genug und es gab über Wochen eine rege Diskussion. Eben diese habe ich in Sachen Feuerwehr vermisst“, sagt der Stadtwehrleiter.

Auch die Arbeit der Kinder- und Jugendfeuerwehren in Zerbst ist für die Kameraden in Zeiten von Corona nicht immer einfach. „Wir haben versucht, über Whats-App-Gruppen weiterhin Kontakt mit den Jugendlichen zu halten, um sie über aktuelle Themen zu unterrichten”, erzählt Steffen Schneider, Feuerwehrsprecher und Ortwehrleiter in Zerbst.

Ansonsten sei er froh, dass die Ausbildung bei den aktiven Kameraden wieder angelaufen ist, wenn auch mit Auflagen. „Das ist wie bei einem Computerprogramm, das man lange nicht genutzt hat, wenn man damit arbeiten muss, fängt man erst einmal an nachzudenken, wie es funktionierte. Das kann bei uns fatale Folgen haben“, vergleicht Schneider die Situation.

Auf digitale Angebote, wie Lehreinheiten per Videochat, habe die Jugendfeuerwehr aber bewusst verzichtet. „Die Kinder haben mit ihren schulischen Aufgaben schon genug zu tun“, sagt der Zerbster Jugendwart Philipp Koch. Er habe dennoch Internetseiten angeboten auf denen Informationsmaterial zu finden ist.

Die Kameraden der Jugendwehr des Ausbildungsverbundes (ABV 1) – bestehend aus Mitgliedern der Wehren in Güterglück, Nutha, Walternienburg und Schora – sind da etwas kreativer gewesen. Sie haben eine Whats-App-Gruppe mit allen Jugendlichen und Eltern der Kinder gegründet. In dieser Gruppe stellen sie regelmäßig Dokumente ein, mit denen der Feuerwehrnachwuchs technisches Wissen erlernen und trainieren kann.

„Die älteren Kameraden haben diese Arbeitsblätter dann kontrolliert und berichtigt, um den jungen Kameraden ein Feedback zu geben. Die Aktion wurde sehr gut angenommen“, erzählt Christoph Pietzsch, Jugendwart der Ortswehr Nutha.

Seit 13. März musste der Dienst der Kinder- und Jugendfeuerwehr komplett gestoppt werden, wie auch alle anderen Ausbildungseinheiten und Zusammenkünfte. Es herrschte keinerlei persönlicher Kontakt mehr zum Nachwuchs. Große Veranstaltungen wie der Berufsfeuerwehrtag, das Zeltlager und der Stadtpokallauf mussten vorerst abgesagt werden.

„Die so genannte Leistungsspange, die höchste Auszeichnung für die Jugendfeuerwehr, wird erst im nächsten Jahr wieder verliehen, erklärt Philipp Koch. Dann aber doppelt, für 2020 und 2021. Ein weiterer Lichtblick sei der Verbandsjugendfeuerwehrtag, der im September stattfinden soll. „Daran nehmen Jugendfeuerwehren aus Köthen, Zerbst und der Region Anhalt teil. An verschiedenen Wettkampfstationen müssen sie dann ihr Können unter Beweis stellen“, erläutert Koch, der sich auch als Verbandsjugendwart engagiert.

Seit 11. Mai treffen sich die Kameraden der Jugendwehr des ABV 1 wieder alle 14 Tage zum Dienst. In Zerbst geht es erst ab dem 28. Mai wieder los. Die Kinderfeuerwehr hatte sich bereits am 17. Mai zum Dienst getroffen. „Die Kinder haben sich sehr gefreut, endlich können sie wieder ihrem Hobby nachgehen“, sagt Koch.

Beide Nachwuchswehren müssten sich an bestimmte Regeln halten. Dafür sei eine spezielle Verordnung erstellt worden, mit Sicherheits- und Hygienemaßnahmen. „Außerdem müssen die Kinder, wie in der Schule, eine Gesundheitsbescheinigung mitbringen. Damit wollen wir einfach auf Nummer sicher gehen“, betont der Zerbster Jugendwart.

Die Ausbildung des Feuerwehrnachwuchs soll genau da weitergehen, wo im März abrupt aufgehört werden musste. Neue Mitglieder werden dabei einfach in die bestehende Gruppe eingegliedert. „Wichtig ist, dass wir gemeinsam schnell wieder in den Dienstalltag finden“, sagt Philipp Koch. Momentan werden 17 Jugendliche und 13 Kinder bei der Freiwilligen Feuerwehr Zerbst ausgebildet.