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Kindertafel Tafel gegen Kinderarmut

Die Zerbster Kindertafel wurde am Nikolaustag 2007 gegründet und feiert dieser Tage ihr zehnjähriges Bestehen.

Von Thomas Kirchner 10.12.2017, 07:00

Zerbst l „Kinderarmut ist in Deutschland ein Dauerzustand. Wer einmal arm ist, bleibt lange arm. Zu wenige Familien können sich aus Armut befreien“, sagt Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmannstiftung. Das hatte auch die Zerbster Birgit Brandtscheit erkannt und gründete die Zerbster Kindertafel. Das war am Nikolaustag 2007 – also vor genau zehn Jahren. Inzwischen sind sowohl die Kindertafel als auch Brandtscheit selbst zu einer Institution geworden.

Wie sagte es Kees des Vries (CDU), Mitglied des Deutschen Bundestages für den Wahlkreis Anhalt, am Donnerstagnachmittag bei der Feierstunden zum 10-jährigen Bestehen der Kindertafel treffend in seinem Grußwort: „Wer einmal in die Fänge von Birgit geraten ist, kann sich nicht wieder befreien.“ Wenn „Tante Birgit“, wie die Kindertafel-Chefin liebevoll von den Kindern genannt wird, nach Unterstützern für ihr Herzensprojekt sucht, kann sie sehr überzeugend und vor allem hartnäckig sein. Wie sonst hätte diese Institution zehn Jahre überstehen können, erfolgreich überstehen können.

Anfangs sollte Kindern aus sozialschwachen Familien eine warme Mahlzeit geboten werden. Heute ist die Zerbster Kindertafel viel mehr als nur ein Ort der Versorgung. Die Räume in der Jeverischen Straße wurden nach und nach renoviert und kindgerecht eingerichtet.

Rund 21 Prozent aller Kinder leben über mindestens fünf Jahre dauerhaft oder wiederkehrend in einer Armutslage. Oftmals sind sie vom gesellschaftlichen Leben abgekoppelt. Um das zu ändern, braucht es neue familienpolitische Instrumente, heißt es in einer jüngst veröffentlichten Studie der Bertelsmannstiftung.

Beengtes Wohnen, wenig Geld für gesundes Essen, Bildungsdefizite, kein Geld für Hobbys oder kein Urlaub - sind einige Ergebnisse. Als Kind Armut zu erleben oder das eigene Kind in Armut aufwachsen zu sehen, bringe viele Schwierigkeiten mit sich – umso mehr, wenn es kaum ein Entrinnen aus der Armut gibt, heißt es in der Studie weiter.

Brandtscheit und ihre ehrenamtlichen Helfer wollen das nicht einfach so hinnehmen und bieten den Kindern eine sinnvolle Freizeitgestaltung, machen Ausflüge, gehen in Firmen, ins Museum, lesen und machen Buchbesprechungen, erledigen gemeinsam Hausaufgaben oder besuchen Sportveranstaltungen. „Inzwischen können wir sogar einmal im Jahr eine Woche in ein Ferienlager fahren“, freut sich Brandtscheit. Und das alles wird aus Spenden finanziert.

Birgit Brandtscheit konnte im Laufe der Jahre viele Gönner und Förderer von ihrem Projekt überzeugen, darunter beispielsweise auch die Handballer vom SC Magdeburg, die die Kinder regelmäßig nach Magdeburg zu ihren Spielen einladen.

Aber auch viele Firmen, Politiker und Privatpersonen unterstützen „Tante Birgit“ bei der Arbeit mit „ihren Kindern“, wie sie die Steppkes selbst zu nennen pflegt. Viele von ihnen waren zur Feierstunde gekommen, um dem Projekt „Kindertafel“ aber auch Birgit Brandtscheit und ihren Helfern ihren Respekt zu zollen. Mit dabei auch der Zerbster Schlagersänger Martin Zimmermann, der mit den Kindern Weihnachtslieder sang.

„Unsere Ziele können wir nur erreichen, indem wir mehr Menschen davon überzeugen, wie wenig Aufwand es bedarf, freie Zeit zu verschenken“, sagt Birgit Brandtscheit.