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Bartolomäikirche Neue Fenster sollen Cranach schützen

Neue Fenster sollen das Cranach-Epitaph von Fürst Wolfgang in der Zerbster Bartolomäikirche schützen.

Von Arlette Krickau 30.11.2017, 00:01

Zerbst l Es steht ein Gerüst an der St. Bartholomäi-Kirche. Zwei Männer nehmen die Scheiben des großen Ostfensters heraus. Keine Bange, es wird jetzt nicht kalt ziehen in Bartholomäi, denn sie bauen auch zeitgleich ein neues ein. Das große Fenster auf der Südseite wird ebenfalls ausgetauscht.

Die vorher farblosen Fenster werden durch schöne Bleiglasfenster in Gelb- und Blautönen nach einem Entwurf von Jochem Poensgen ersetzt. Beide Fenster, vom Entwurf über Anfertigung bis zum Einbau, kosteten der Gemeinde etwa 65.000 Euro.

Pfarrer Albrecht Lindemann ist sehr glücklich mit der Baumaßnahme, denn die Fenster sind vielmehr als nur ein neues Schmuckelement in der Kirche.

Im Zuge des Projektes Lichtungen, bei dem zeitgenössische Glaskünstler für Kirchen neue Kirchenfenster entwerfen, hatte sich auch St. Bartholomäi beteiligt. Jochem Poensgen hatte den Entwurf dann vorgelegt. Mit aufstrebenden Farbverläufen in Gelb und Blau und leichten Wellen, die die Höhe der gotischen Fenster noch zu verlängern scheinen.

Aber eigentlich sind Baumaßnahmen an St. Bartholomäi gerade tabu, wie Lindemann mitteilt. Die Denkmalschutzbehörde und das Bauamt sind sich einig: Es soll erst ein komplettes Nutzungs- und damit verbundenes Baumaßnahmenkonzept vorliegen, bevor hier wieder etwas passiert. Dazu zählten auch die Fenster.

Ein Besuch des Denkmalamtes 2014 zur Vorbereitung des Cranachjahres 2015 brachte aber das Tabu, zumindest in Sachen Fenster ins Wanken. „Es wurde überlegt unser Cranach-Epitaph nach Wittenberg zur Ausstellung zu schaffen. Das Denkmalamt kam bei der Überprüfung dieser Möglichkeit zu zwei Entschlüssen: Das Epitaph kann die Kirche nicht mehr verlassen, da die Türen nicht mehr groß genug sind. Und: Das Bild sollte nicht mehr bewegt werden, da es sonst zu Verformungen und damit verbunden zu Rissen kommt“, erzählt Lindemann. In diesem Zuge machte der Pfarrer darauf aufmerksam, dass das Bild ursprünglich an der Südseite hing, nach einer Restauration in Halle aber an der Nordseite wieder aufgehängt wurde. Demzufolge scheint nun seit Jahren die Sonne durch das Südseitenfenster direkt auf das Epitaph – was den Farben nicht gerade gut tut.

Um das Gemälde zu bewahren, lagen zwei Lösungen schnell auf der Hand: Fenster abhängen, oder das hereinfallende Licht so streuen, dass das Bild nicht mehr direktem Licht ausgesetzt ist. Umhängen des Bildes fiel aus den gleichen Gründen wie bei der Ausstellung in Wittenberg weg.

Durch die Lichtstreuung, die die neuen Fenster bringen soll, wurde die Baumaßnahme also erlaubt. Die Gemeinde ging in Planung und sammelte eifrig Geld. Einzelne quadratische Abschnitte der Fenster suchten Paten. 1300 Euro war hier der Spendenwert, für den dann aber auch die Namen des Spenders in eine kleine Glasscheibe im entsprechenden Abschnitt graviert wurde. Zu den Spenden wurden noch Fördergelder generiert. Der Eigenanteil für das Ostfenster, das links vorn im Chorbereich, wurde sogar gänzlich von einer Spenderin übernommen.

„Insgesamt werden wir im Zuge dieser Baumaßnahme auch noch das Epitaph angehen, denn ursprünglich hatte es noch eine Konsole, die eine Innenschrift besaß“, erzählt Lindemann. Diese Konsole soll nach einer fotografischen Aufnahme des Denkmalamtes angefertigt werden. Die Konsole wurde nämlich bei der Restaurierung vor gut 70 Jahren als nicht erhaltbar eingestuft und vom Bild getrennt. Dafür werden noch einmal 15.000 Euro investiert.

Wann weitere Fenster oder aber andere Baumaßnahmen an der Kirche umgesetzt werden können, ist unklar. Für neue Fenster müssen erst wieder Spenden gesammelt werden. Für andere Baumaßnahmen, die sich die Gemeinde auch wünschen würde, wie beispielsweise ein neuer Farbanstrich im Innenbereich oder eine Sanierung der Toiletten, müsste ein Gesamtkonzept her.

„Sicherlich ist diese Herangehensweise in Ordnung und macht Sinn, doch nur für ein solches Konzept müssten wir einen sechsstelligen Betrag auf den Tisch legen und das können wir nicht bezahlen“, so der Pfarrer. Vor allem wenn man bedenkt, das man von so einem Betrag auch schon einen neue Heizungsanlage kaufen könnte, die es auch sein müsste. Wie es also da weitergehen soll ist noch unklar.

Aber vorerst freut sich die Gemeinde über die neuen Fenster. Jeder, der sie auch betrachten möchte, ist am Sonntag um 10 Uhr eingeladen.