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Klimawandel Forstleute suchen Nachfolger für die Kiefer

Die Trockenheit seit zwei Jahren setzt nicht nur der Landwirtschaft, sondern auch den Wäldern um Zerbst zu.

Von Thomas Höfs 23.05.2020, 01:01

Zerbst/Möser l In den vergangenen zehn Jahren gab es immer reichlich Wasser, sagt Rainer Aumann. Der Chef des Bundesforstbetriebes für das nördliche Sachsen-Anhalt beobachtet mit Sorge die Entwicklung in den Wäldern. Kiefernbestände, die zwischen 60 und 70 Jahren alt sind, sterben einfach ab, schildert er. Die Pflanzen können sich den Umweltveränderungen kaum schnell genug anpassen. Um weiter ausreichend mit Wasser versorgt zu werden, müssten sie neue Wurzeln bilden und in tiefere Erdschichten vordringen. Das gelingt nicht immer. Bleibt dann der Regen lange aus und verringern sich die Niederschläge, sterben die Bäume einfach ab.

Der Wechsel zwischen nassen und trockenen Jahren falle extrem aus, weil die Jahre zuvor sehr nass gewesen sind, erinnert er. Noch 2013 gab es eine Rekordmenge an Regen. Das sorgte für ein Jahrhunderthochwasser auf Elbe und Saale und viele kleinen Nebenflüssen.

Damals war das große Thema die Vernässung. In Folge des Hochwassers stiegen die Grundwasserpegel an den Flüssen an. In manchen Kellern stand auf einmal das Wasser. Ackerflächen konnten wegen des hohen Wasserstandes nicht bewirtschaftet werden. Innerhalb kurzer Zeit hat die Natur in den Trockenmodus geschaltet. Nun fehlen die regelmäßigen Niederschläge und machen nicht nur der Landwirtschaft zu schaffen.

Vor allem in den Monokulturen der Wirtschaftswälder macht sich die Klimaveränderung schnell bemerkbar. In der Natur würde es monotone Kiefernwälder so nicht geben. Denn die Natur bevorzugt den Mischwald. Verschiedene Bäume sind hier beheimatet. Mischwälder haben einen größeren Artenreichtum und sind resistenter. Die Forstwirte wissen dies und steuern seit Jahren um. Immer mehr Laubbäume pflanzen sie zwischen ältere Kiefernbestände, damit der Wald sich verjüngt und zu einem Mischwald wird. Allerdings benötigen auch Laubbäume Wasser.

Längst hat in der Forstwirtschaft die Suche nach geeigneten Pflanzen für die immer trockeneren Böden begonnen, sagt Rainer Aumann. Der Blick der Forstwirte richtet sich dabei vor allem auf den Mittelmeerraum. Hier gibt es zwischen den Regenzeiten im Frühjahr und im Herbst lange trockene und warme Perioden. Einige Bäume kommen mit den extremen Wetterbedingungen zurecht und können dort leben. Allerdings eignen sich die Pflanzen kaum für den nordeuropäischen Raum, ergänzt er. Denn die Bäume seien alle extrem Kälteempfindlich. Eine Frostnacht reiche aus, um sie zu schädigen.

Wie die Forstwirtschaft auf den Ausfall der Kiefer reagiere, sei noch offen. Aber reagieren müsse sie. Vor allem müssen die trockenen Bäume aus den Wäldern geholt werden. Denn sie stellen ein nicht unerhebliches Brandrisiko dar.

Die Suche nach geeigneten Pflanzen für die mitunter sehr kargen Sandböden geht weiter, wenn die Kiefer unter den gegenwärtigen Bedingungen nicht mehr wachsen kann. Das werde eine anspruchsvolle Suche, ist der Forstexperte sicher. Vielleicht ändert sich in den kommenden Jahren das Klima auch wieder und bringt mehr Niederschläge. Zumindest im vergangenen Winter gab es reichlich Regen und hat die Situation etwas entspannt. Dass es nicht immer gleichmäßig von Jahr zu Jahr regnet, wissen nicht nur die Forstwirte.

In der Regel kommen die Pflanzen damit klar und haben sich im Laufe der Evolution an die wechselnden Bedingungen angepasst. Nur wenn sich die Umweltbedingungen zu schnell und zu radikal ändern, müssen auch sie passen. Für den Wald, so wie er jetzt als Monokultur steht, kann dies eine Chance zu einer viel größeren Vielfalt werden. Voraussetzung ist allerdings, dass die Fachleute dabei Baumarten finden, die noch besser mit den sich ändernden Umweltbedingungen klarkommen. Die Suche hat längst begonnen und die einzelnen Fachleute experimentieren längst in den Wäldern mit verschiedenen Baumarten. Schließlich können die Wurzeln der Bäume das Wasser auch in gewissem Umfang festhalten. Manchen Bäumen gelingt dies besser und anderen schlechter. Vielleicht liegt hier die Lösung.