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Kreisumlage Kommt von Zerbst eine Klage?

Die Finanzierung der Bitterfelder Klinik lässt die Abgabe kräftig steigen. Das stößt in Zerbst nicht auf Gegenliebe.

Von Thomas Kirchner 27.09.2020, 01:01

Zerbst l Da durch die Corona-Pandemie Steuerausfälle in beträchtlicher Höhe zu erwarten sind – auch für Kommunen, informiert Bürgermeister Andreas Dittmann (SPD) regelmäßig auf den Stadtratssitzungen über die aktuelle Finanzsituation der Stadt. „Über das Gesetz zum Ausgleich von Gewerbesteuerausfällen in Folge der Corona-Pandemie sprachen wir in der letzten Stadtratssitzung. Hier gibt es keine neue Information“, begann Dittmann seine Ausführungen. Es bleibe aber der Hinweis, dass durch diese geplante Ausgleichsleistung nicht die Ausfälle bei der Einkommenssteuer und der Umsatzsteuer ausgeglichen werden.

„Interessant wird dagegen die Diskussion zur künftigen Kreisumlage. Hier stehen zwei gegensätzliche Tendenzen im Raum. Einerseits würde nach der Beschlussfassung im Bundestag und Bundesrat zur Erhöhung der Bundesanteile an den Kosten der Unterkunft von jetzt 49 auf 74 Prozent eine massive Entlastung der Landkreise erfolgen, die der Logik des Gesetzes folgend mindestens anteilig an die kreisangehörigen Gemeinden durch eine Senkung der Kreisumlage weiterzugeben wäre. Andererseits hat der Kreistag mit großer Mehrheit letzten Donnerstag beschlossen, das Gesundheitszentrum Bitterfeld-Wolfen für die Jahre 2021 und 2022 mit jeweils bis zu 3,2 Millionen Euro zu bezuschussen“, so der Rathauschef.

Die Kreisumlage sei ein Modell solidarischer Finanzierung von Aufgaben des Landkreises, die allen zugutekommen sollen. Natürlich gehöre dazu auch, Aufgaben mitzutragen, die nur eine begrenzte Auswirkung auf andere Kreisbereiche haben. „Die Frage ist aber, ob der Fall hier wirklich vorliegt, vor allem angesichts der Frage, ob es gelingt das notwendige Fachpersonal zu finden und – das sollte nicht weggelassen werden – da die Klinik seit März geschlossen ist und dennoch alle erforderlichen Leistungen durch andere Kliniken erbracht werden konnten“, gab Dittmann zu Bedenken.

Für alle Gemeinden würde die Frage im Raum stehen, wie die Finanzierung erfolgen soll. „Auf Zerbst entfallen nach einer Kalkulation des Landkreises allein dafür 422 000 Euro jährlich. Angesichts unserer angespannten Haushaltslage würde das nur über die Erhöhung von Leistungsentgelten und Steuern möglich sein. Wie werden die Familien wohl reagieren, wenn wir die Elternbeiträge für Kitas erhöhen müssen, um die Klinik in Bitterfeld-Wolfen zu finanzieren“, mahnte Dittmann. Genau das ist die unbequeme Wahrheit, die keiner laut ausgesprochen habe und genau deshalb habe nicht nur er im Kreistag gegen diese Beschlussvorlage gestimmt.

Dittmann zu den Stadträten: „Ich darf Sie schon heute darauf einstimmen, dass ich zu gegebener Zeit den Stadtrat um seine Zustimmung bitten werde, aufgrund dieser Widrigkeiten gegen die Bemessung der Kreisumlage Klage einzureichen, wenn die vom Gesetzgeber gewollte Entlastung nicht in angemessenem Umfang zum Tragen kommt.“

Da derzeit auch noch keine Orientierungsdaten für das Haushaltsjahr 2021 von Seiten des Landesamtes für Statistik vorlägen, könne er dem Stadtrat erst in der Oktobersitzung einen möglichen Zeitplan für die Aufstellung und Diskussion der Haushaltssatzung für das nächste Jahr unterbreiten.

Hintergrund: Nachdem die Klinik für Frauenheilkunde des Bitterfelder Gesundheitszentrums wegen der Corona-Pandemie in die Uni-Klinik Halle angegliedert worden war, sollte diese nun in Bitterfeld für immer geschlossen bleiben. Dagegen regte sich heftiger Widerstand.

Nun soll die Klinik wieder eröffnet werden. Diese Entscheidung traf der Kreistag nach mehr als fünfstündiger Beratung mehrheitlich. Die dafür notwendigen 6,6 Millionen Euro in den nächsten beiden Jahren sollen aus der Kreisumlage kommen, also jene Abgabe, die die Städte an den Landkreis entrichten müssen. Doch noch fehlt auch das Personal.

Und der Zerbster Bürgermeister steht nicht allein mit seiner Kritik. „Wir haben ein Krankenhaus, das mehr Kapazitäten hat, als sie der Landkreis benötigt“, sagte Georg Heeg (CDU). „Die Entscheidung, Überkapazitäten zu schaffen, ist wirtschaftlich nicht vertretbar.“

Auch andere Bürgermeister, wie Köthens OB Bernd Hauschild (parteilos) oder Stefan Hemmerling (CDU) aus dem Osternienburger Land, versagten dem Beschlussantrag von Landrat Uwe Schulze (CDU), zugleich Aufsichtsratschef des Gesundheitszentrums Bitterfeld-Wolfen, die Zustimmung.