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Kulturfesttage Schlossgarten im steten Wandel

Mehrere Baumeister wandelten den Schlossgarten in Zerbst immer wieder um. Dirk Herrmann kennt die Geschichte der Anlage.

Von Thomas Kirchner 26.02.2017, 23:01

Zerbst l Die Geschichte des Schlossgartens war am Freitagabend Thema eines vom Förderverein Schloss Zerbst anlässlich der 52. Zerbster Kulturfesttage organisierten Vortrages im Fasch-Saal der Zerbster Stadthalle. Dirk Herrmann, Vorsitzender des Fördervereins und Experte im Bezug auf Schloss und Schlossgarten, führte im ersten Teil des Vortrages die gut 90 Besucher durch die wechselvolle, mehrere hundert Jahre währende Geschichte des Parks.

An Stelle des Schlosses befand sich einst eine slawische Wasserburg. 1196 wird diese erstmals urkundlich erwähnt. Fortan erfolgte ein ständiger Um-, Aus- und Neubau von Gebäuden und der Außenanlagen. Schon in dieser Zeit war die Festung von schlichten Gärten umgeben. Namhafte Baumeister traten über die Jahrhunderte in den Dienst des Zerbster Hofes Darunter waren Cornelis Ryckwaert (1681 bis 1693), Giovanni Simonetti (1694 bis 1708), Johann Christoph Schütze (1722 bis 1743), Johann Friedrich Friedel (1744 bis 1748) oder Johann Michael Hoppenhaupt d.Ä.. Alle diese Hofbaumeister hinterließen ihre Spuren sowohl am und im Schloss als auch im Schlossgarten, war zu erfahren.

Fürst Carl Wilhelm legte 1681 den Grundstein für die neue Dreiflügel-Schlossanlage. Die Pläne dazu stammen von dem niederländischen Baumeister und Ingenieur Cornelis Ryckwaert. Bereits zu dieser Zeit gab es einen größeren Küchengarten mit vier Wasserspeichern. Angebautes Gemüse und Obst dienten zur Versorgung des Hofes und der Gäste. Bereits 1684/85 wurde dieser Bereich umzäunt.

Die größten Wandlungen erlebt der Schlossgarten wohl bei Hofbaumeister Ryckwaerts Nachfolgern. Immer wieder werden neue Gärten angelegt, Gebäude errichtet und wieder abgerissen. „Der Schlossteich beispielsweise wurde 1728 nach Plänen von Johann Christoph Schütze tiefer ausgehoben, teilweise verfüllt, in eine annähernd rechteckige Form gebracht und neu befestigt“, erläutert Dirk Herrmann. 1783 sei der Teich auf Anweisung des Hofmarshalls gar ganz zugeschüttet und in eine Wiese umgewandelt wurden, bevor der Schlossteich 1799 wieder neu angelegt wurde.

Fischerhaus und Grotte, Jägerhaus, Waschhaus, ein Lusthaus der Herzogin, ein Schießhaus oder Gewächshäuser, Marställe, immer wieder wurden über die Jahrhunderte die verschiedensten Gebäude im Schlossgarten durch die Hofbaumeister geplant, gebaut und später wieder abgebrochen oder durch neue Gebäude ersetzt. Ähnlich erging es den verschiedenen Gärten. Südlicher Lustgarten, Weinberg, Herzogingarten, Prinzengarten oder nördlicher Lustgarten, immer wieder wurden sie angelegt, umgestaltet, verworfen und durch wieder Neue ersetzt.

Für eines der schönsten Gebäude im Schlossgarten begannen 1735 die Bauarbeiten, es waren die Bauarbeiten für die große, repräsentative Orangerie. Sie sollte sich nicht nur zur Überwinterung der Kübel- und Topfpflanzen eignen, sondern auch den Lustgarten stilvoll abschließen. 1741 war das Bauwerk fertiggestellt. „Mit ihren großen Türen und Fenstern, den imposanten Sandsteindekorationen, mit ihrer riesigen Terrasse und den ebenso großen Treppen, den Stuckaturen im Inneren der Kuppel über dem Mittelsaal und dem Fresko an der Decke von Kunstmaler Piere Ranie war die Orangerie im Zerbster Schlossgarten wohl eine der schönsten in Deutschland“, schwärmt Herrmann von dem barockem Bauwerk. Die Orangerie überstand den Bombenangriff 1945 relativ gut. Jedoch ordnete das Stadtbauamt die Entnahme aller verbliebenen Dachziegel an, was den Untergang des Hauses bedeutete. 1948 kam es dann durch Brandstiftung zur fast völligen Zerstörung des Schmuckstückes.

Wie schon für die Orangerie lieferte Baumeister Schütze auch für das Reithaus, der heutigen Stadthalle, die Pläne. 1723 begannen die Arbeiten und waren mit dem Ende der prächtigen Stuckarbeiten 1732 abgeschlossen. Mit der frei schwebenden Decke und der Empore in der Mitte des Saales gelang Hofbaumeister Schütze ein Meisterwerk der damaligen Ingenieurskunst. Die Reit- und Stadthalle überstand den Bombenhagel nahezu unbeschadet.

1747 entstand nördlich des Marstalls ein neuer Eiskeller. Eine kleine Treppe führte in die etwa sechs Meter hohen Gewölbe hinab. Das im Winter aus dem Schlossteich entnommene Eis diente im Sommer zur Kühlung von Getränken und Speisen. Oberhalb des Eiskellers entstand ein achteckiger Pavillon, der ebenfalls erhalten geblieben ist und den wir heute als „Teehäuschen“ kennen. „Früher wurde es während des Heimatfestes als Bar genutzt und war sehr beliebt bei den Zerbstern“, erklärt Dirk Herrmann.

„Nach Randale und Zerstörung kümmert sich nun ein kürzlich gegründeter Förderverein um den Erhalt und die Renovierung des kleinen Gebäudes“, freut sich Herrmann.

Dirk Herrmann spannte den Bogen von den Anfängen in Form einer Burganlage über den Bau des Dreiflügel-Schlosses bis in die Gegenwart. Er erläuterte bildreich, wie sich das Gesicht des Schlossgarten, je nach Bewohnern des Schlossen und der in Dienst stehenden Hofbaumeister stetig wandelte.

Zum zweiten Teil des Vortrages „Der barocke Schlossgarten und seine Gebäude“ lädt der Förderverein Schloss Zerbst am Sonnabend, 13. Mai um 14 Uhr ein. Dirk Herrmann wird dann bei einem Rundgang durch die Parkanlage die jeweiligen historischen Gegebenheiten erläutern. Treffpunkt ist der Eingang zum Schlossgarten an der Schlossfreiheit.