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Landrat Gebietsreform noch nicht zu Ende

Vor zehn Jahren ist der Kreis Anhalt-Bitterfeld mit Zerbst entstanden. Landrat Uwe Schulze (CDU) sieht Entwicklungspotenzial.

Von Petra Waschescio 16.06.2017, 05:00

Köthen l „Sie werden sehen, in zehn Jahren reden wir wieder darüber.“ Was Uwe Schulze meint, ist die Einbindung der kreisfreien Stadt Dessau in den Landkreis Anhalt-Bitterfeld.

2007 sei das am Widerstand von Dessau gescheitert. Ein Fehler, den Schulzes Meinung nach gerade die Dessauer zu spüren bekommen hätten. Die Einbindung der kreisfreien Stadt steht für ihn deshalb noch auf der Agenda der Gebietsreform. Erst mit den Einwohnern aus Anhalt-Bitterfeld und Dessau zusammen sei eine „Organisationsgröße erreicht, die gut gestaltbar ist“.

Schulze zweifelt nicht am 2007 gebildeten Konstrukt Anhalt-Bitterfeld, aber das große Ziel, mit der Gebietsreform auch Kosten einzusparen - das ist für den Landrat bislang nicht erreicht worden. „Was wir gespart haben, sind zwei Landräte. Und unterm Strich gingen die Einsparungen in die Lohnerhöhungen“, sagt Schulze sehr deutlich. Einsparungen durch Posten, die nicht wiederbesetzt wurden, werden sich seiner Meinung nach erst später bemerkbar machen.

Dennoch zieht Schulze insgesamt eine positive Bilanz nach zehn Jahren Anhalt-Bitterfeld - auch wenn er um die Befindlichkeiten der Kommunen weiß, die nicht, wie Köthen, mit dem Glück der zentralen Kreisverwaltung gesegnet wurden, sprich die ehemaligen Kreise Bitterfeld und Anhalt-Zerbst. „Damals haben sie gedacht, jetzt kommt der Landrat und räumt Gold und Silber raus. Inzwischen haben sie gemerkt, dass wir für den ganzen Kreis denken.“

Ein paar Zahlen: Innerhalb der vergangenen zehn Jahre hat der Landkreis insgesamt fast 88 Millionen Euro verbaut. Davon sind etwa 48,6 Millionen in den Hochbau und rund 30 Millionen Euro in den Tiefbau geflossen. Im Altkreis Bitterfeld wurden gut 35,5 Millionen und im Altkreis Köthen rund 30 Millionen Euro investiert.

Der Altkreis Zerbst wurde mit rund 12 Millionen Euro bedacht. Davon flossen allein 7,5 Millionen Euro in die Sanierungen des Gymnasiums Francisceum, der Sekundarschule Ciervisti und der Förderschule, die alle in Trägerschaft des Kreises sind. Hinzukommen rund 2,5 Millionen Euro für die Turnhalle, die über die Kreiswerke Anhalt-Bitterfeld - eine 100-prozentige Tochtergesellschaft des Kreises, finanziert wurde und deshalb nicht in der Statistik auftaucht. Alle drei Musikschulen in den ehemaligen Altkreisen seien erhalten worden. „Wir denken nicht im Traum daran, die Zerbster Musikschule aufzugeben“, so Schulze. Ebenso fest stehe der Kreis zu Gymnasium und Sekundarschule in Zerbst.

Auch wenn Schulze die Konzentration der Verwaltung in Köthen verteidigt und keinen Zweifel aufkommen lässt, dass er daran festhalten wird - dass die ehemaligen Kreisstädte Bitterfeld und Zerbst den Statusverlust noch nicht verkraftet haben, sieht er schon. „Da ist ein gewisser Schmerz“, sagt Schulze. Nachvollziehen kann er ihn indes kaum.

Gemessen am Anteil der Bevölkerung sei jeder der ehemaligen Landkreise angemessen repräsentiert. Und insgesamt sei seit 2007 viel für den gesamten Kreis erreicht worden. Schulze bezieht das unter anderem auf die Bevölkerungsentwicklung. Dass längst nicht so viele Menschen abgewandert seien, wie noch vor zehn Jahren prognostiziert, führt er auf die Arbeit und die Vernetzung des Kreises zurück: Die Wirtschaft in Anhalt-Bitterfeld sei gut aufgestellt durch die Zusammenarbeit in der Regionalplanung mit Dessau und dem Landkreis Wittenberg. Es liege aber auch daran, dass es eine eigene Mittelstandbeauftragte gebe und das Bauordnungsamt eine enge Zusammenarbeit mit Unternehmen anstrebe, die Investitionen planen. „Natürlich im Rahmen der Gesetze“, so Schulze.

In Zerbst seien so etwa die Getec mit ihren zukunftsweisenden Projekten unterstützt und die Schweinemastanlage verhindert worden. Auch die Gewerbefachausstellung werde durch die Kreissparkasse regelmäßig gesponsert.

Den Zusammenschluss zur Welterbe-Region betrachtet der Anhalt-Bitterfelder Landrat allerdings mit gemischten Gefühlen. Grundsätzlich falsch sei das nicht, das Land müsse außer Dessau als Bauhaus-Stadt und die Lutherstadt Wittenberg künftig jedoch die anderen Kommunen wieder stärker in den Blick nehmen. „Für das Zerbster Schloss hoffe ich aber immer noch auf einen russischen Oligarchen“, sagt Schulze. Danach sehe es jedoch bei der derzeitigen, politisch schwierigen Phase in den Russland-Beziehungen nicht aus.

Auch für die Verkehrsin-frastruktur zieht Schulze ein insgesamt positives Zwischenresümee.

Was bleibt als Wunsch für die Zukunft? „Die Elbbrücke bei Aken wäre sehr wichtig“, sagt der Landrat - wohlwissend, dass eine Elbquerung aus ökologischen Gründen wohl nie Wirklichkeit werden wird. „Aber wir bleiben da dran.“