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Landwirtschaft Über 30 Prozent Ernteverlust

Die Agrico Lindau beginnt mit der Maisernte. Mit einem großen Ertrag können die Landwirte aufgrund der Dürre jedoch nicht rechnen.

Von Thomas Höfs 01.08.2018, 08:00

Lindau l Seit 1974 zeichnen die Lindauer Landwirte die Werte für Regen und Temperatur in der Kleinstadt auf. Noch nie, sagt Peter Gottschalk von der Agrico Lindau, habe es so wenige Niederschläge zwischen Mai und Juli gegeben. Die wenigen Regentropfen, die trotzdem in den vergangenen Monaten vom Himmel fielen, reichten vielerorts kaum aus, um ein ausreichendes Pflanzenwachstum zu ermöglichen.

Durch alle Kulturen hinweg rechnet er mit Ernteausfällen die in der Regel größer als 30 Prozent seien, schildert er. Damit habe die Dürre ihren Platz in den Geschichtsbüchern hinterlassen. Gestern fingen die Mitarbeiter des Unternehmens an, den Mais zu ernten. Auch hier rechnet Peter Gottschalk mit einem schlechten Ergebnis. Selbst wenn es jetzt noch einmal tüchtig regnen sollte, nütze dies der Maispflanze nichts mehr, weiß der erfahrene Landwirt. Die Pflanzen auf den Äckern haben das Wachstum längst eingestellt. Maiskolben haben nur ein kleiner Teil der Pflanzen gebildet. Deutlich weniger Ertrag werden die Maschinen von den Feldern holen.

Dabei sei der Mais wichtig für die Tierhaltung. Mit einem Unternehmen ist die Agrico dabei besonders verbunden. Die Bauern sorgen für den Milchwirt für das notwendige Futter. Das dürfte diesmal schwierig werden, erwartet er.

Er rechne damit, dass viele Betriebe ein Teil der Kühe zum Schlachthof bringen müssen, weil sie das Futter nicht haben. Zukäufe seien ebenso problematisch, weil insgesamt zu wenig geerntet wurde. Von der Dürre sei nicht nur ein einzelner Landstrich, sondern Nordeuropa betroffen. Überall gebe es die gleichen Probleme, hat er beobachtet.

Wegen der geringeren Ernte schnellen die Preise für die Produkte vom Acker bereits nach oben. Doch viele Landwirte werden von den steigenden Preisen kaum etwas haben, erwartet er. Denn viele Betriebe haben ihre Ernte schon weit vor dem Einsatz der Erntemaschinen zu festen Preisen verkauft. Von steigenden Preisen profitieren so vor allem die Händler, die sich günstig eindecken konnten. Die vergangenen Jahre seien schon nicht so überragend gewesen, erinnert er. „Dass nun noch ein Dürrejahr kommt, damit habe ich nicht gerechnet“, gibt er zu.

Das fehlende Wasser mache sich überall bemerkbar. Auch bei den Zuckerrüben, erzählt er. Die Rüben seien kleiner als sonst. Trotzdem könnte sich dort noch einiges entwickeln, wenn die Pflanzen ausreichend Feuchtigkeit erhalten. Hier sei die Entwicklung noch längst nicht abgeschlossen, hat er noch Hoffnung.

Während auf einem Teil der Felder die Ernte noch in vollen Zügen läuft, werden andere Flächen für die Neubestellung vorbereitet. Auch die Agrico habe sich verpflichtet, auf einigen Flächen Zwischenfrüchte anzubauen. Mehrere Zwecke werden damit verfolgt. Die späte Blüte der Zwischenfrüchte soll den Insekten helfen, die sonst in der aufgeräumten Landschaft wenig Nahrung finden. Viele eingesetzte Zwischenfrüchte verbessern zudem den Boden.

Doch auch für die Zwischenfrüchte gilt, was für die anderen Kulturen ebenfalls galt. Wasser wird für das Wachstum der Pflanzen dringend benötigt.

Auf einem Teil der Flächen setzt das Unternehmen auf eine künstliche Bewässerung. Im Fläming sind die riesigen Regner inzwischen öfter auf den Feldern zu sehen. In diesem Sommer musste die Firma die Beregnung allerdings einstellen, erzählt er. Die bislang praktizierte und genehmigte Wasserentnahme aus der Nuthe sei behördlich untersagt worden, weil der Bach zu wenig Wasser führe. Er gehe davon aus, dass im kommenden Jahr wieder Wasser für die Kulturen entnommen werden dürfe.

Unterm Strich werde die Dürre den Unternehmen für 218 aber die Bilanz kräftig verhageln, nimmt er an. „Viele Unternehmen werden in den roten Bereich rutschen.“ Auf die Mitarbeitersituation werde dies aber kaum Auswirkungen haben, fügt er an. Denn Fachkräfte seien knapp. Kein Unternehmen könne es sich aktuell leisten, auf Fachleute zu verzichten. Die Gefahr sei zudem groß, dass gute Leute dann zu anderen Betrieben abwanderten.

Stellt dieses Jahr eine Ausnahme dar? „Der Klimawandel ist da.“ Aus den regelmäßigen Messungen der Temperaturwerte in Lindau ergebe sich für ihn ganz klar, dass die Temperatur steige. „Wir liegen etwa um 1,5 Grad Celsius höher als die Durchschnittstemperaturen in den 1950er und 1960er Jahren“, sagt er. Mit einem weiteren Anstieg der Durchschnittstemperaturen sei in der Zukunft zu rechnen. Das zumindest sagen ernst zu nehmende Wissenschaftler voraus. Die Landwirtschaft werde damit wie in der Vergangenheit leben müssen.