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Lehrermangel Vorbehalte gegen Volksbegehren

Zerbster Bürgermeister warnt vor übetriebenen Erwartungen.

Von Petra Wiese 19.02.2020, 00:01

Zerbst l Seit 8. Januar werden auf Initiative des Bildungsbündnisses „Den Mangel beenden! Unseren Kindern Zukunft geben!“ Unterschriften gesammelt. 170.000 Unterschriften sind notwendig, um mit einem Volksbegehren das Schulgesetz in Sachsen-Anhalt zu ändern. Der Gemeindeelternrat der Schulen der Stadt Zerbst – alle elf Zerbster Schulen – sind vertreten, unterstützt die Aktion. Die Mitglieder um die Gemeindeelternratsvorsitzende Yvonne Grübler sind mit den Listen unterwegs, haben sie an weitere Unterstützer verteilt.

Seine Unterschrift kann jeder leisten, der möchte. Auch der Zerbster Bürgermeister Andreas Dittmann (SPD). „Ich habe bislang noch nicht beim Bürgerbegehren unterschrieben“, erklärte der Bürgermeister. Das liege aber eher daran, dass er noch nicht an einer Unterschriftenliste vorbeigekommen sei. „Es muss allerdings jedem klar sein, dass auch bei gesetzlicher Verankerung von Mindestlehrerzahlen an den Schulen noch keine Lehrer da sind. Die lassen sich nicht durch Verordnung oder per Gesetz finden, sondern diese müssen erstmal vorhanden und willens sein, bei uns anzufangen“, gab er zu bedenken.

„Ich habe einen direkten Kontakt zum Gemeindeelternrat, an dessen Beratung ich im November teilnahm. Wir sind uns einig, dass das Problem der fehlenden Lehrer nicht schulweise gesehen werden kann“, erzählte er. Eine in der Beratung gewachsene Idee sei, die Schulen im Stadtgebiet insgesamt besser zu präsentieren, um potenziellen Bewerbern Lust auf die Schulen zu machen. „Hierfür haben wir uns bei einem Projekt beworben, um den Web-Auftritt unserer Schulen stärker auszubauen, außerdem arbeiten wir im Landkreisprojekt ,Lebenswerter Landkreis Anhalt-Bitterfeld‘ mit, bei dem die Bildungs- und Freizeitlandschaft der Gemeinden und des Landkreises beworben werden soll“, so Dittmann.

Der Zerbster Bürgermeister warf auch die Frage auf, was denn die Rechtsfolge wäre, wenn die Mindestanzahl von Lehrern nicht erreicht wird? Wäre dann der Schulstandort in Gefahr? „Das wird hoffentlich niemand wollen“, so Dittmann. Von Stipendien, bei denen Kommunen beispielsweise Studenten – in dem Fall wäre das für Lehramtsstudenten denkbar – finanziell unterstützen, damit sie nach ihrem Abschluss in der Region tätig werden, hält er nicht so viel. Er würde lieber den Weg gehen, attraktive Schulen vorzuhalten, als zusätzliche Boni zu entwerfen. „Ich sehe keinen Grund, hier das Land aus der Verantwortung zu lassen“, sagte er.

Derweil verweist Yvonne Grübler auf die Möglichkeiten, sich dem Volksbegehren anzuschließen. Die Elternvertreter sind natürlich die Ansprechpartner. Ansonsten: „Wer Listen für Familie oder Freunde braucht, kann sich die im Blumenladen ,Vergissmeinnicht‘ in der Jeverschen Straße abholen“, verweist sie auf einen Standort in Zerbst. Unterschreiben könne man natürlich auch gleich vor Ort. In der Fleischerei Zaake, im Büroservice auf der Alten Brücke und bei der Touristinfo der Stadt Zerbst könne man sich zum Beispiel auf Listen eintragen. „Außerdem wird der Gemeindeelternrat am Mittwoch, 4. März, in der Zeit von 16.30 bis 18 Uhr bei der Blutspende in der Cievisti-Schule vor Ort sein“, kündigte sie an.

Der Hintergrund: In den zurückliegenden Schuljahren entstand in Sachsen-Anhalt ein enormes Defizit an Lehrervollzeitstellen. Der Personalmangel zeigte und zeigt sich auch an den Zerbster Schulen – sowohl in den Grund-, als auch an den weiterführenden Schulen. Das Bildungsbündnis hat einige Forderungen aufgestellt. Durch eine Änderung des Schulgesetzes soll erstmals verbindlich geregelt werden, wie viele Lehrer, pädagogische Mitarbeiter sowie Sozialarbeiter mindestens einzusetzen sind, um an den Schulen erfolgreich arbeiten zu können. Dafür sollen für die allgemeinbildenden Schulen konkrete Personalschlüssel festgelegt werden, die es bisher im Schulgesetz nicht gibt.

In direkter Abhängigkeit von der Anzahl von Schülern soll daraus der Gesamtbedarf berechnet werden, auf den die Schulen einen Anspruch haben. Dieser gesetzliche Gesamtbedarf soll künftig Grundlage und Maßstab für das staatliche Handeln zur Personalausstattung sein.