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Landgericht Dessau-Roßlau verurteilt Zerbster Mit Schlagstock gegen Schienbein und Kopf

03.09.2010, 04:16

Von Andreas Behling

Dessau/Zerbst. Für einen 44 Jahre alten Mann aus Zerbst ist es jetzt vor der 3. Strafkammer des Landgerichts Dessau-Roßlau bei einer neunmonatigen Bewährungsstrafe geblieben. Auch an der auf zwei Jahre bemessenen Bewährungszeit rüttelte die Berufungsinstanz unter dem Vorsitz von Annette Barth nicht. Zudem muss der Angeklagte binnen eines halben Jahres 100 gemeinnützige Arbeitsstunden ableisten. Zur Überzeugung der Kammer, die letztlich dem Antrag von Staatsanwältin Karla Fischer folgte, die Berufung des Zerbsters zu verwerfen, machte sich der Mann einer gefährlichen Körperverletzung schuldig. Die Tat ereignete sich am 4. Oktober vergangenen Jahres, als der 44-Jährige mit dem heute 23 Jahre alten Sohn seiner früheren Lebensgefährtin während eines nachmittäglichen Disputs über finanzielle und familiäre Angelegenheiten so in Rage geriet, dass er zu einem Teleskopschlagstock griff.

Mit dieser Waffe – nach eigenen Angaben für 16 Euro am Rande des Besuchs eines Windparks erworben – schlug er dem jungen Mann ans linke Schienbein, das linke Handgelenk und auch an den Kopf. Die Kammer hielt dem von Egbert Gueinzius verteidigten Angeklagten zugute, dass er zum Zeitpunkt des Übergriffs erheblich alkoholisiert war. Trotz eines Blutalkoholwerts von 2,85 Promille ging das Gericht aber nicht von einem Körperverletzungsdelikt im minder schweren Fall aus. Die Steuerungsfähigkeit sei sicher eingeschränkt, aber nicht aufgehoben gewesen, hieß es.

"Es gab den Vorsatz, den Gegenüber zu verletzten", konstatierte die Vorsitzende. Im Übrigen seien die Provokationen des ebenfalls betrunkenen Geschädigten "nicht so gravierend" gewesen, dass der 44-Jährige, nach einem Trauerfall in der Familie in diesem Monat wieder eine Festanstellung als Kraftfahrer anstrebend, unbedingt mit Gewalt reagieren musste. Zum Glück, fügte Richterin Barth hinzu, habe der Ausbruch keine Dauerschäden gezeitigt. "Die Wucht der Schläge war nicht groß", hielt sie vor dem Hintergrund fest, dass das Opfer an den betroffenen Körperregionen nur Prellungen erlitt und sich nach dem Vorfall zunächst gar nicht ärztlich untersuchen lassen wollte.

Das Gericht stimmte mit der Vertreterin der Anklagebehörde überein, dass der bislang nicht vorbestrafte Zerbster lediglich zu seinem Schutz behauptete, sich an keinerlei Schläge erinnern zu können. "Eine Amnesie würde sich durchgehend auf ein bestimmtes Geschehen beziehen. In dem Fall traten aber immer wieder Erinnerungen an Nebensächlichkeiten auf", hielt Frau Fischer in ihrem Plädoyer fest. Zuvor bereits hatte sie sich verwundert gezeigt, dass der Angeklagte äußerst detailreich erzählte, bis der Punkt der nicht mehr nur verbalen Auseinandersetzung erreicht war. "Wo es strafrechtlich interessant wird, gibt es die Gedächtnislücke", merkte sie an.

Verteidiger Gueinzius, dem eine dreimonatige Bewährungsstrafe angemessen erschien, stieß derweil mit seinem Antrag auf Ablehnung, für seinen Mandanten ein psychiatrisches Gutachten einzuholen, da er die Tat mutmaßlich in der Phase einer tief greifenden Bewusstseinsstörung verübte. Eine derartige Hinzuziehung eines Experten hielt die Kammer indes für ungeeignet. Beispielsweise habe der seinerzeit mit der Blutentnahme befasste Arzt keinerlei psychopathologische Befunde erhoben. Und dass der vom Angeklagten bedrängte 23-Jährige meinte, dieser habe ihn "wie ein Psychopath" angeblickt, müsse man dessen eigener erheblichen Beeinflussung durch den Alkohol zuschreiben.