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NaturLachsen eine Laichstube bieten

In der Nuthe oberhalb der Zerbster Buschmühle soll ein Modelllaichbett für Lachse geschaffen werden.

Von Daniela Apel 05.05.2016, 07:00

Oranienbaum/Zerbst l Zwischen Zerbst und ihrer Einmündung in die Elbe sei die Nuthe derzeit auf einer Länge von gut 20 Kilometern durchgängig, erklärt Karl-Heinz Jährling. An der Buschmühle jedoch bilden eine Wehrruine aus Beton und eine Sohlrampe aus Findlingen schwer zu überwindende Hindernisse, wie der Fachmann bei seinem Vortrag im Alfred-Hinsche-Haus bei Oranienbaum darlegt. Dorthin hat die Biosphärenreservatsverwaltung Mittelelbe eingeladen. Anlass ist eine dreiteilige Reihe, die sich der Verbesserung der Gewässerökologie und den heimischen Wanderfischarten widmet.

Jetzt im zweiten Teil geht es um Maßnahmen zur ökologischen Durchgängigkeit von Fließgewässern für Meerforelle, Lachs und Co. Referent Jährling ist Mitarbeiter des Landesbetriebes für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW) Sachsen-Anhalt und in Planungen und Baumaßnahmen zur Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie direkt eingebunden. Und diese ist, wie er vor den gut 20 interessierten Zuhörern ausführt, eine „Aufgabe für Generationen“. Konkret bezieht er sich da auf die Wiederherstellung der Durchgängigkeit der Flüsse, wie sie Elbe und Schwarze Mulde bereits aufweisen.

„Unter ökologischer Durchgängigkeit ist dabei nicht nur die ungehinderte Wanderung von Fischen zu verstehen, sondern ebenfalls die ungehinderte Ausbreitung verschiedener Komponenten der Fließgewässerbiozönose“, nennt Jährling den Transport von Nährstoffen und Sedimenten aber auch die Bewegung von Kleinstlebewesen wie Insektenlarven als Beispiele. Stauanlagen und Wehre indes behindern dieses natürliche System. Die Fließbewegung ist eingeschränkt, Verkrautungen und Verschlammungen sind die Folge und eine Erwärmung des Wassers im Bereich der künstlichen Bauwerke. Zugleich gibt Jährling zu bedenken, dass es nicht nur Fischarten gibt, die zwischen Süß- und Salzgewässern wandern, sondern ebenfalls innerhalb von Süßgewässern wie Barbe, Quappe oder Ukelei.

Bevor eine Maßnahme zur Wiederherstellung der Durchgängigkeit realisiert wird, findet eine umfassende Prüfung der Möglichkeiten statt, wie der gelernte Wasserwirtschafter erläutert. Zur vollständigen Beseitigung der ökologischen Sperre sowie zur naturähnlichen und gewässerspezifischen Umgehungsrinne werde selten gegriffen, führt Jährling aus. Die „relativ häufigste Lösung“ sei der Bau von immer wieder individuell zu planenden Sohlgleiten. "Damit gelingt es, die meisten Fischarten hoch und runter zu bringen.“ Die vollständige Durchgängigkeit eines Fließgewässers sei aber nicht überall möglich noch notwendig oder gar sinnvoll, merkt Jährling ehrlicherweise an. Vor allem sollte diese nicht in Regionen erzwungen werden, in denen es einst gar keine Fließgewässer gab wie dem Fiener Bruch oder dem Drömling.

Ein positives Beispiel ist die Nuthe. Der LHW-Fachmann erinnert an den Bau von Sohlgleiten oberhalb der Wiesenmühle bei Niederlepte sowie der B 184 in Zerbst, während die alten Anlagen verschwanden. Im November 2013 zeigte sich mit dem Fang einer zurückgekehrten Meerforelle von 79 Zentimetern Länge und eines 94 Zentimeter langen Lachses der Erfolg der beiden Maßnahmen. Zumal sogar Laichgruben nachgewiesen werden konnten, wie Jährling ergänzt. „Und in die gleichen Gruben wie der Lachs laicht auch das Bachneunauge. Zudem verändert sich dadurch die Sohlstruktur des Flusses.“

„Wir haben hier die Chance, uns eine heile Natur zurückzuholen“, sagt er mit Blick auf das geplante Modelllaichbett an der Buschmühle. „Die Genehmigung liegt vor“, rechnet er im Herbst mit dem Baubeginn. Die Kosten beziffert er auf 160 000 Euro, die zu hundert Prozent über ELER gefördert wird, einem europäischen Programm zur Entwicklung des ländlichen Raums. Das Projekt beinhaltet ebenfalls den Bau einer Sohlengleite, mit der ein Jungfischhabitat geschaffen werden soll. Zudem sind die Neugestaltung des alten Wehres und der Sohlschwelle vorgesehen, so dass der Nuthe-Abschnitt einem Laichbiotop entspricht, das sauberen, mit Sauerstoff durchspülten Kies ausweist.