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Nicolaikirche Förderkreis handelt selbst

Das Zerbster Prozessionsspiel findet nicht in der Nicolaikirche, sondern auf dem Markt statt. Die Portalöffnung packt der Förderkreis an.

Von Emily Engels 17.12.2016, 02:34

Zerbst l Es hätte alles so schön sein können für den Förderkreis der St. Nicolaikirche in Zerbst. „Wenn das Prozessionsspiel in der Kirchenruine stattgefunden hätte, hätte die Portalöffnung aus sicherheitstechnischen Gründen noch vor den Aufführungen geplant, durchgeführt und vor allem finanziert werden müssen“, beschreibt Claus-Jürgen Dietrich die Situation. Denn die bereits bestehende Öffnung, die als Aus- und Eingang gedient hätte, wäre bei 880 Zuschauern schon allein bei den Pausen ein Problem gewesen, von dem Sicherheitsaspekt gar nicht zu sprechen.

„Natürlich ist das eines der Gründe, warum das Prozessionsspiel jetzt auf dem Markt statt in der Kirchenruine aufgeführt werden soll“, sagt Dietrich. Denn die Öffnung des Portal ist mit nicht gerade niedrigen Kosten verbunden.

„Knapp 34 000 Euro sollen die Restaurierungsarbeiten in etwa kosten“, schätzt Dietrich. Er wäre allerdings auch nicht überrascht, so meint er, wenn sich die Kosten doch auf 50 000 Euro belaufen. Deshalb konzentrieren sie sich zunächst auf die Öffnung des „Nordportals“, das dem jetzigen Eingang gegenüberliegt, und nicht – wie zuvor für das Prozessionsspiel angedacht – auch noch auf das südöstlich gelegene. „Wir müssen erstmal die Restaurierung von einem Portal finanzieren können“, meint der ehemalige Vorsitzende des Fördervereins Walter Tharan und fügt hinzu: „Schließlich können wir nicht inmitten der Arbeiten stoppen, weil kein Geld mehr da ist.“ Eine Option halten sie sich trotzdem noch offen. So erklärt Dietrich: „Wenn das Geld noch reicht, lassen wir auch ein Tor einbauen, so wie es früher einmal war.“ Zur Verdeutlichung zeigt Tharan ein Foto von dem ursprünglichen Portal (siehe Foto).

Doch bevor irgendetwas getan werden kann, muss die denkmalrechtliche Genehmigung kommen. „Ich erwarte sie jeden Moment in meinem Briefkasten“, meint Dietrich. Erst wenn sie da ist, ist logischerweise auch die Förderung des Projektes mit Geldern vom Landkreis, von Lotto/Toto und von der Kreissparkasse möglich. „Die Stadt beteiligt sich auch mit einem symbolischen Betrag von 1000 Euro“, meint Dietrich. „Die Beteiligung erfolgt unter dem Vorbehalt, dass die Haushaltssatzung beschlossen wurde und der Förderkreis eine Zusage für die restlichen Gelder erhalten hat“, ergänzt Kulturamtsleiterin Antje Rohm.

Beim Haupt- und Finanzausschuss, wo über die Beschlussvorlage für die Freigabe und Bereitstellung finanzieller Mittel für die Vorbereitung, Durchführung und Organisation des Prozessionsspiels einstimmig mit „ja“ abgestimmt wurde, drückte Helmut Seidler (FFZ) seine Verärgerung darüber aus, dass die Nicolaikirche jetzt lediglich als Kulisse anstatt als Platz des Geschehens dienen wird. „Unsere Denk- und Herangehensweise ist falsch, es ist eine Entwürdigung“, meinte er im Ausschuss. Bürgermeister Andreas Dittmann (SPD) beschwichtigte die Situation. „Wir müssen uns als Stadt hier keine Vorwürfe machen“, meinte er und erklärte: „Wir kümmern uns schon – zum Beispiel um die Beleuchtung der Kirche.“ Bereits mehrfach hat Seidler dafür plädiert, wie wichtig eine Portalöffnung auch unabhängig vom Prozessionsspiel sei, um den Innenraum von St. Nicolai von allen Seiten begehbar zu machen.

Genauso sehen es die Mitglieder des Fördervereins, die sich deshalb selbst der Sache angenommen haben. „Zum einen ist es notwendig, dass die Restaurierungsarbeiten vorangehen“, erklärt Tharan. Dietrich fügt hinzu: „Außerdem haben wir die Hoffnung, dass es in Zukunft vielleicht weitere Aufführungen des Prozessionsspiels geben wird.“ Er betont, dass der künstlerische Leiter der Neuinszenierung des mittelalterlichen Prozessionsspiels, Prof. Dr. Hans-Rüdiger Schwab, begeistert von dem Ambiente gewesen sei.

Walter Tharan schaut inmitten des imposanten Denkmals das zugemauerte Portal an. Der Mörtel fehlt an vielen Stellen, die Säulen sehen brüchig aus und einzelne Backsteine sind aus der Mauer gefallen. Für Tharan lauter Anzeichen dafür, dass schnell gehandelt werden muss. So meint er: „Wenn ein größerer Klotz sich in Bewegung setzt, dann kommt der Rest des alten Denkmals hinterher und ein Trümmerhaufen bleibt zurück. Das wollen wir verhindern“