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Pilzsuche Wer auf Bäume achtet, findet auch Pilze

Die Pilzsachverständige Elke Tantzen ist wieder in Ronney unterwegs. Bei der Pilzwanderung erzählt sie, worauf man achten muss.

Von Thomas Höfs 25.10.2020, 01:01

Ronney l Der Regen bringt die Pilze zurück. In den vergangenen Tagen zeigen sie sich zahlreich in den Wäldern. Mit den Pilzen kommt jährlich auch der Beratungsbedarf. Flächendeckend stehen dazu ehrenamtlich und kostenlos Pilzberater für die Bürger zur Verfügung. Bei Unsicherheiten sollte sich niemand scheuen, die Hilfe in Anspruch zu nehmen, sagt sie. Denn immer wieder komme es zu spektakulären Verwechslungen. Der Klassiker sei der Grüne Knollenblätterpilz, der gern mal als Wiesenchampignon gesammelt werde. Eigentlich, schildert die studierte Biologin, kommen die Knollenblätterpilze niemals in großer Zahl an einem Standort vor. Das unterscheide sie vom Champignon. Dennoch schafften es Sammler schon mal, einen Korb der absolut tödlich wirkenden Pilze zu sammeln. Die Eiweiße der Grünen Knollenblätterpilzes vergifteten ganz langsam den Körper. Die Leber werde dabei zerstört.

Manche Pilze entfalten zudem erst über einen längeren Zeitraum ihre giftige Wirkung. Mitunter setzen die Pilzberater ein Mikroskop ein, um die Pilze zu bestimmen. Erst kürzlich, erzählt sie, habe sie an einer Weiterbildung dieser Art teilgenommen. Ziel war es, Pilze zu bestimmen, die bereits gekocht waren. Dazu hatte der Kursteilnehmer ein vergiftetes Pilzmenü nach einem wahren Fall nachgekocht. Die Teilnehmer sollten die zerkochten Pilze analysieren und bestimmen. Das sei so weit gegangen, dass die verwendeten Pilze anhand der Sporen erkannt worden seien.

Wichtig kann so eine Bestimmung sein, wenn die Betroffenen sich mit Pilzen vergiftet haben und die Mediziner wissen wollen, was der Auslöser war. Danach lässt sich eine mögliche Therapie entwickeln, wenn es denn Möglichkeiten gibt. Bei vielen Pilzen gibt es sie nicht und die Ärzte müssen in der Regel zusehen, wie das Gift wirkt.

Dabei gibt es einige einfache Regeln für das Sammeln der leckeren Gewächse. Pilzsammler sollten wissen, dass tödlich wirkende Pilze Lamellen an der Unterseite des Schirms haben. Pilze, die einen Schwamm besitzen, sind dagegen im Zweifel weniger gefährlich. Sie führen im schlimmsten Fall zu einer Magen-Darm-Vergiftung. „Die meisten Vergiftungen werden durch den Verzehr zu alter Pilze von an sich essbaren Arten verursacht. Das Pilzfleisch muss sich fest anfühlen und frisch sein“, sagt sie.

In das Reich des Aberglaubens gehöre außerdem, dass sich beim Kochen der Pilze an einem mitgegarten Löffel oder einer Zwiebel erkennen lasse, ob die Pilze genießbar seien. Ebenso könne nicht darauf geschlossen werden, dass Pilze genießbar seien, nur wenn Tiere sie gefressen haben. Die einzigen roh genießbaren Pilze stellen Champignons dar. Auch sie sind in diesen Tagen an den geeigneten Stellen zu finden.

Am 31. Oktober lädt das Umweltzentrum zur zweiten Wanderung mit der Expertin ein. Dabei gibt es für die Teilnehmer jede Menge nützliches Wissen zu erfahren. Auch darüber, wo sich am besten Pilze finden lassen. Denn mitunter ist die Suche langweilig, wenn sich längere Zeit kein Pilz zeigen will. Dabei sollten sich die Sammler an den Bäumen orientieren, sagt die Biologin. Eine große Baumvielfalt spreche auch für eine große Pilzvielfalt. Außerdem gibt es Tricks, die Sammler kennen sollten. Mitunter kommen einige essbare Pilze, wie die begehrten Steinpilze sehr oft in der Nachbarschaft von Fliegenpilzen vor. Eine Suche im Umkreis könne sich lohnen, wenn die auffallenden Fliegenpilze entdeckt werden.

Mit der Pilzwanderung will die Pilzberaterin den Bürgern nahebringen, worauf es sich lohnt zu achten. Es gibt eine ganze Reihe sehr leckerer Pilze in diesen Tagen in den Wäldern. Die Lebewesen stellen dabei in der Biologie ein eigenes Reich dar. Sie sind weder Pflanzen noch Tiere. Pilze bilden die bislang größten gefundenen Organismen auf dem Planeten und können sehr sehr alt werden.

Beim Sammeln der Pilze handelt es sich übrigens nicht um den Pilz an sich, sondern vergleichbar mit den Pflanzen um die Blüte. Kleine Sporen bilden sich hier, die über die Luft weggetragen werden und so dafür sorgen, dass sich die Pilze ausbreiten. Sie leben im Boden und ernähren sich von den Abfällen der Natur. Für Biologen sind sie faszinierend, weil ihnen der Abbau der organischen Substanz gelingt und sie beispielsweise auch Holz leicht zersetzen können.

Allerdings, das haben die vergangenen Jahre auch gezeigt, benötigen die Pilzgeflechte im Boden auch Wasser, um sich vermehren zu können. Deshalb sprießen die Pilze vor allem dann im Herbst aus dem Boden, wenn es zuvor ausgiebig geregnet hat. Ohne den Regen, das zeigten die vergangenen Jahre, bleibt die Pilzernte in der Regel mager. Das milde Klima dürfte in den kommenden Tagen das Pilzwachstum noch einmal zusätzlich befeuern, schätzt die Expertin.