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Schließung Steht Zerbster Tierheim auf der Kippe?

Dem Zerbster Tierheim droht die Schließung. Der Tierschutzverein bräuchte eine höhere finanzielle Unterstützung.

Von Daniela Apel 10.10.2020, 08:00

Zerbst l Ungewiss ist derzeit die Zukunft des Zerbster Tierheims. Mit dem Jahreswechsel droht die Schließung der Einrichtung am Rande der Stadt. Grund sind die steigenden Kosten vor allem in Folge der enorm angewachsenen Katzenpopulation – mit über 130 Tieren ist die Aufnahmekapazität von 60 momentan deutlich überschritten. Außerdem fehlt es an ausreichend Fachpersonal, wie Diana Hofmann kürzlich gegenüber den Mitgliedern des Haupt- und Finanzausschusses bei einer Vor-Ort-Besichtigung und auf der anschließenden Sitzung erläuterte.

Die junge Frau leitet das Tierheim und ist zugleich Vorsitzende des Tierschutzvereins Zerbst, der mit der Stadt einen Vertrag zur Aufnahme und Betreuung von Fundtieren hat, für die das Ordnungsamt im Rahmen der Gefahrenabwehr zuständig ist. Deshalb zahlt die Stadt jährlich einen Zuschuss ans Tierheim – für 2020 sind das 96.820 Euro.

Für den Erhalt des Tierheims reicht diese Summe bei Weitem nicht aus und müsste um einiges aufgestockt werden – 2021 auf rund 163 000 Euro, 2022 auf 178 000 Euro und 2023 auf 190 000 Euro. Als Alternativen schlug die Verwaltung auf der Ausschusssitzung die Unterbringung der Fundtiere in einer Tierpension vor. Die dafür anfallenden Kosten würden zunächst von der Stadt getragen und dann dem Besitzer auferlegt.

Eine dritte Möglichkeit wäre die Einrichtung eines städtischen Tierheims. Vorausgesetzt ein geeignetes Objekt ist vorhanden, würden sich die Kosten für Personal und Unterhaltung auf schätzungsweise 560 000 Euro im Jahr belaufen.

Im öffentlichen Sitzungsteil äußerte sich niemand zu den Lösungsvorschlägen. Deshalb startete die Volksstimme eine Umfrage unter den Stadtratsfraktionen, welche Variante sie befürworten. Die Meinungen gehen auseinander, wie die Antworten der Fraktionsvorsitzenden zeigen.

„Das Tierheim ist wichtig und auch eine Pflichtaufgabe für die Stadt, zumindest für die Fundtiere. Und da hört die Pflichtaufgabe auch schon auf“, sagt Mario Rudolf. Aus seiner Sicht scheint das Zerbster Tierheim nicht so zu funktionieren, wie es soll. „Dort sind viel zu viele Tiere untergebracht. Es fehlt Geld, um die Einrichtung ordentlich zu führen. Die Ursachen dafür müssen gefunden und abgestellt werden“, fordert er ein neues Konzept.

In Folge der Besichtigung und der ihm von unterschiedlichen Personen geschilderten Schwierigkeit, im Zerbster Tierheim einen Hund oder eine Katze zu erhalten, ist Wilfried Bustro ebenfalls der Meinung, dass das Konzept der Einrichtung komplett überarbeitet werden muss. „Es sind Überlegungen anzustellen, wie man die anvertrauten herrenlosen Tiere in sicherer und anspruchsvoller Unterbringung wirtschaftlicher und unbürokratisch an interessierte Tierliebhaber übergeben kann“, sagt er und regt den Erfahrungsaustausch mit anderen Kommunen an. Daraus könnten sich bislang nicht bedachte Optionen ergeben, ist er überzeugt. „Eine Aufstockung finanzieller Mittel sowie die Schaffung eines städtischen Tierheims halte ich nicht für erforderlich.“

„Ich bin der Meinung, dass wir uns als Stadt auf unsere Pflichtaufgabe konzentrieren sollten – die Unterbringung der Fundtiere. Alles, was darüber hinausgeht, sind freiwillige Leistungen“, betont Steffen Grey. Er spricht sich nicht zuletzt in Anbetracht der angespannten Finanzlage der Stadt gegen eine Erhöhung des Zuschusses ans Tierheim aus. Zumal die Zustände in der Einrichtung – besonders die baulichen – katastrophal seien. „So wird es nicht weiterlaufen können“, erklärt Grey.

Die Verantwortung der Stadt beschränkt sich für Alfred Schildt auch nur auf die Unterbringung von Fundtieren. „Aus den Darlegungen der Tierheimleiterin war für uns nicht zu entnehmen, wie viele Tiere aktuell insgesamt im Tierheim untergebracht sind und welche und wie viel davon aus der Pflichtaufgabe der Stadt resultieren“, sagt er. Die Offenlegung dieser konkreten Kostenverteiligung fehle ihnen. Das Rechnungsprüfungsamt der Stadt sollte hier gemeinsam mit dem Tierschutzverein für Klarheit sorgen“, meint er. „Erst wenn diese exakt getrennten Zahlen vorliegen, können wir uns den drei Varianten äußern.“

„Die Besichtigung des Zerbster Tierheims war für mich erschreckend. Mein erster Gedanke war, dass hier alles sehr provisorisch aussieht“, sagt Uwe Krüger. Im Bereich der Hundezwinger sei der Investitionsstau am stärksten sichtbar gewesen. „Hier muss sich der Verein auch die Frage gefallen lassen, wie es kommt, dass das Tierheim in einem solchen Zustand ist und wofür die jährlichen Gelder ausgegeben werden“, findet Krüger. Erstaunt sei er über die Freigänger-Katzen gewesen, die im Eingangsbereich gefüttert werden. Nicht nachvollziehen kann er zudem, wieso über die Kapazitäten hinaus Katzen aufgenommen und versorgt werden. „Auch die Personalprobleme sind anscheinend nicht so schnell zu lösen. Hier herrscht eine starke Fluktuation der Mitarbeiter, was ein kontinuierliches Arbeiten erschwert.“ Auch seiner Meinung nach benötigt das Zerbster Tierheim ein völlig neues Konzept. Eine Zusammenarbeit mit anderen Tierheimen wäre ebenfalls denkbar. „Unsere Fraktion wird sich andere Tierheime ansehen und informieren“, so Krüger.

„Für die Leistung, sich um die Fundtiere zu kümmern, erhält der Tierschutzverein pauschal 96 000 Euro von der Stadt, was unserer Meinung nach ein beachtlicher Betrag ist“, sagt Dirk Tischmeier. Für die AfD wäre eine Abrechnung der Kosten pro Fundtier die transparentere Lösung. „Eine weitere Erhöhung der Gelder für das Tierheim halten wir in dem veranschlagten Ausmaß für nicht verhältnismäßig und auf Grund der angespannten Haushaltslage für nicht realisierbar“, erklärt Tischmeier. Als Alternative zur Aufnahme der städtischen Fundtiere kommt für die AfD nur eine öffentliche Ausschreibung in Frage. Für die kurzzeitige Unterbringung müsste eine zentrale Tierauffangstation eingerichtet werden. „Auch eine Zusammenarbeit mit mehreren Einrichtungen könnten wir uns vorstellen. Das sorgt für mehr Kapazität“, sagt Tischmeier. Eine zusätzliche Option wären Tierfreunde, die eine Patenschaft für Fundtiere übernehmen, diese betreuen und sich ebenfalls um die weitere Vermittlung kümmern. Die AfD interessiert aber auch die Meinung der Bürger zur Problematik.

„Das sind unzumutbare Verhältnisse“, beschreibt Bernd Wesenberg die Situation im Zerbster Tierheim. Das Problem seien die vielen Katzen. Der Fraktionsvorsitzende der Grünen spricht sich dafür aus, den Tierschutzverein finanziell zu unterstützen, um das Tierheim zu erhalten. Allerdings stellt das für ihn nur eine kurzfristige Lösung dar. In der Perspektive tendiert Wesenberg dazu, einen neuen Standort für das Tierheim direkter in der Stadt zu finden. Die Außenlage mit der katastrophalen Zuwegung erachtet er für ungünstig. Das Tierheim müsse einen höheren Stellenwert erhalten und mehr Akzeptanz in der Bevölkerung finden. Vor allem seien die Bedingungen zu verbessern. „So kann es nicht bleiben“, fordert Wesenberg eine klare Linie.

„Unsere Fraktion ist nicht für die Aufstockung der finanziellen Zuweisungen an das Tierheim. Wir befürchten hier stetige Steigerungen, auch wegen des bei der Besichtigung vor Ort deutlich erkennbaren Investitionsstaus. Es sind viele Arbeiten liegen geblieben“, sagt Nicole Ifferth. Darüber hinaus „wird möglicherweise die Vermittlung von Tieren in ein neues Zuhause nicht ausreichend verfolgt“, gibt sie die Meinung der UWZ-Fraktion wider. Diese spricht sich für eine städtische Lösung aus: „Wenn keine Tierpension zur Aufnahme der Fundtiere gefunden werden kann, könnte vielleicht ein ungenutztes Objekt der Stadt Abhilfe schaffen, teilweise mit bisher im Tierheim kaum genutzten Hilfskräften aus Maßnahmen.“