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Schloss Schmuckes für die Fürstin

Schmückende Wandteppiche prägen wieder Schlafzimmer und Vorzimmer der Fürstin im Schloss Zerbst.

Von Thomas Kirchner 25.07.2017, 23:01

Zerbst l Einst schmückten zwei Tapis-Serien im Zerbster Schloss das Vorzimmer und Schlafzimmer von Fürstin Johanna Elisabeth von Holstein-Gottorf, Mutter von Prinzessin Sophie Auguste Friederike von Anhalt-Zerbst, der späteren russischen Zarin Katharina die Große. Lange wusste niemand was mit den schmuckvollen, prächtigen Wandteppichen geschehen ist, bis sie 1994 von Dirk Herrmann, Vorsitzender des Fördervereins Schloss Zerbst und Kenner des Residenzschlosses im Zuge einer Forschung entdeckt wurden.

Was ist damals geschehen? Kurz vor Beginn des 2. Weltkrieges werden die wertvollen Stücke in einen Kalischacht nahe Staßfurt ausgelagert. Dort werden die Wandteppiche später von einer Trophäenkommission der Roten Armee gefunden und nach Leningrad gebracht. Im Rahmen eines Kulturabkommens zwischen der damaligen UdSSR und der DDR landete der Wandschmuck aus dem Zerbster Schloss 1956 wieder in der DDR, im Zeughaus des Deutschen Historischen Museums Unter den Linden. Damals konnte der Ursprung der Stücke an Hand fehlender Signaturen nicht nachvollzogen werden. Sie verblieben daher im Berliner Deutschen Historischen Museum.

Erst 1994, als Dirk Herrmann die Wandteppiche entdecke und eindeutig identifizieren konnte ist klar, sie hingen einst in den Gemächern der Fürstin im Schloss Zerbst. „Es handelt sich dabei um zwei Tapis-Serien, zum einen um die Serie „Triumph der Götter und Göttinnen“, die im zweiten fürstlichen Vorzimmer der Fürstin hing, und zum anderen um den „Psyche Zyklus“, dieser schmückte die Wände des Schlafgemachs“, erläutert Dirk Herrmann. „Die Götterserie besteht aus sieben Teppichen, die alle noch vorhanden sind. Anders ist das bei dem Zyklus Psyche, da existieren wohl nur noch drei von acht Teppichen, zumindest befinden sich nur diese drei im Berliner Museum“, erklärt Herrmann weiter.

Gefertigt wurde der Psyche Zyklus zwischen 1740 und 1750 in der Werkstatt von Peter van den Hecke in Brüssel, die Götter und Göttinnen-Serie entstand 1751/52 in der Werkstatt von Peter van der Borcht, ebenfalls im belgischen Brüssel. Bei beiden Serien handelt es sich um eine Auftragsarbeit für das Zerbster Schloss. Sie mussten exakt in die dafür vorgesehenen Wandbereiche passen.

Die Originale sollen vorerst aber im Deutschen Historischen Museum bleiben. Außerdem muss die Eigentümerschaft noch eindeutig geklärt werden. „Wir entschieden uns dafür, mit Hilfe von Präzisions-Digitalfotos Nachdrucke der wertvollen Stücke zu fertigen um die dekorativen Wandteppiche wieder im Zerbster Schloss, in den Apartments der Fürstin präsentieren zu können“, sagt der Schloss-Vereinsvorsitzende. Zusammen mit Jürgen Graßhoff sei man dann auf die Suche nach einem geeigneten Material für die Drucke gegangen.

„Alles was entstehen sollte, sollte den historischen Originalen natürlich so nahe wie möglich kommen“, betont Jürgen Graßhoff, von der Firma Graßhoff-Werbung und Vorstandsmitglied im Schlossverein. Daher sei die Materialsuche eine echte Herausforderung gewesen, denn es müsse einige Kriterien erfüllen. Es soll UV-beständig sein, die intensiven Farben widerspiegeln, schließlich soll der typische Charakter eines Teppichs erkennbar sein. „Schließlich sind wir fündig geworden“, freut sich Jürgen Graßhoff.

Die Wandteppiche sind in einem Stück gedruckt worden, immerhin messen die größten 3-D-Darstellungen 3,53 Meter mal 3,12 Meter. Auch die Anbringung gestaltet sich zuweilen schwierig. „Es mussten unauffällige, stabile Befestigungen gefunden werden“, erzählt Jürgen Graßhoff. Auch die unebenen alten Gemäuer seien nicht immer optimal für das Anbringen solch großer Stücke. „Da ist schon einiges an Improvisationsgeschick gefragt“, schmunzelt Graßhoff. Und genau dies beweisen die Profis. Am Ende hängen alle Nachdrucke der Wandteppiche an ihren Plätzen und schmücken nun nach mehr als 75 Jahren Abwesenheit wieder die Wände des Zerbster Schlosses.

„Seit Oktober vergangenen Jahres sind wir mit diesem Projekt beschäftigt“, berichtet Dirk Herrmann. Um es zu realisieren, bedurfte es einer Förderung. „Diese ist dann vom Wirtschaftsförderungsamt des Landkreises Anhalt Bifferfeld gekommen“, freut sich Herrmann.

Offiziell präsentiert werde sollen die neuen Ausstellungsstücke in wenigen Wochen. Näheres dazu wollte Dirk Herrmann aber noch nicht verraten. „Wir werden demnächst darüber informieren, wie und in welchem Rahmen unsere Neuzugänge den Besuchern vorgestellt werden“, macht Herrmann neugierig.