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Silvesterböller Zwischen Gefahr und Trend

Auch in Zerbst wird wieder Silvesterfeuerwerk zum Verkauf angeboten. Die Polizei und das Helios-Klinikum geben Tipps zum Gebrauch.

Von Emily Engels 29.12.2016, 05:00

Zerbst l „Manche Verletzungen, die wir hier nach dem Jahreswechsel behandeln, sieht man sonst nur in Kriegsgebieten. Denn wenn ein Böller direkt in der Hand explodiert, richtet das oft so schwere Gewebeschäden an, dass wir Finger oder Teile der Hand nicht retten können“, sagt Franziska Heinrich, Ärztin in der Zerbster Notaufnahme. Dazu gesellen sich oft enorme Verbrennungen, die zeitgleich versorgt werden müssen. In den vergangenen drei Jahren waren es insgesamt acht Verbrennungen durch Silvesterböller, die in der Zerbster Notaufnahme behandelt wurden.

Diese Information der Zerbster Ärztin unterstreicht die Warnung der Polizei vor dem Gebrauch illegaler oder selbstgebauter Silvesterböller. Doch neben der Gefahr kommt noch ein weiterer Aspekt hinzu.

„Dass man sich dabei auch strafbar machen kann, ist kaum bekannt“, meint Gerhard Klotter, Vorsitzender der polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes. Dabei sei der Einsatz von Feuerwerkskörpern in Deutschland streng geregelt. „Nur wer volljährig ist, darf zum Jahreswechsel Silvesterfeuerwerk nutzen“, sagt Klotter. Und zwar nur in Deutschland zugelassene Böller.

Niemals sollten die Knaller bei „fliegenden“ Händlern, zum Beispiel auf Festen oder Veranstaltungen, gekauft werden, erklärt Klotter. Ebenso sollte man die Finger von Feuerwerkskörpern aus dem Ausland lassen, warnt der Beamte.

Für das Internet gelte: Feuerwerkskörper nur über seriöse, geprüfte Online-Shops kaufen. Klotter: „Wer sich nicht an das Verbot hält, macht sich strafbar.“ Denn der Besitz, die Weitergabe sowie das Abbrennen von nicht geprüften und zugelassenen Böllern fallen unter das Sprengstoffgesetz, klärt er weiter auf. „Bei Zuwiderhandlungen drohen Geld- oder Freiheitsstrafen“, so der Polizist.

„Auf gar keinen Fall sollte man Silvesterknaller selber basteln“, warnt Klotter außerdem. Das sei nicht nur strafbar, sondern auch lebensgefährlich. Der Grund, so der Vorsitzende der polizeilichen Kriminalprävention: „Bei selbst hergestellten Feuerwerkskörpern können unter Umständen schon geringste mechanische Einwirkungen zu einer Explosion führen“. Sachbeschädigungen, aber auch schwerwiegende Körperverletzungen können die Folge sein. Um sicher zu gehen, beim Einkauf in Deutschland zugelassene Böller zu erhalten, sollten man diese ausschließlich in regulären Geschäften erwerben.

Zu diesen Geschäften gehört der Kaufland-Supermarkt in Zerbst. Warengruppenleiterin Doreen Sieling versichert: „Wir kaufen von drei großen Herstellern ein, die geprüft sind und als sicher gelten.“ Spannend findet sie die Trends, die sich über die Jahre entwickeln. „Wir haben beobachtet, dass Kunden vermehrt große Batteriefeuerwerke kaufen statt einzelner Raketen oder Böller“, beschreibt sie.

Die leistungsstärkste Feuerwerkbatterie, die sie zur Zeit anbieten, sei der „Amboss“. Vom Hersteller Pyroland wird er als „451-Schuss-Megapower-Feuerwerk-Verbundbatterie“ bezeichnet. Sieling vergleicht: „Das durchschnittliche Batteriefeuerwerk hat etwa 50 bis 100 Schuss.“

Wie ernst die Sicherheit bei den Händlern genommen wird, zeigen die Regeln, die für dieGeschäfte gelten. „Wir dürfen auf den Aktionsständern nur 70 Kilogramm Nettoexplosivmasse auf einmal anbieten“, beschreibt sie. Deshalb heiße es für die Supermarktmitarbeiter ab heute: Ständig zurück zum Container, wo das restliche Feuerwerk gelagert ist, um nachzufüllen.

Im Zerbster Edeka-Center gibt es laut Aussage von Carola Zysko, Abteilungsleiterin Non-Food, dieses Jahr sogar Batteriefeuerwerke mit 1000 Schuss. Auch hier gelte, dass den Kunden nur zertifizierte Ware angeboten wird, klärt sie auf.

Doch auch bei zertifizierter Ware rät Ärztin Franziska Heinrich: „Bei all dem Spaß am bunten Feuerwerk sollte man bedenken, dass eine intakte Hand für die Bewältigung des privaten und beruflichen Alltags unabdingbar ist. Gesunde Hände sind ein großer Teil Lebensqualität“. Deshalb ihr dringender Rat: „Legale Feuerwerkskörper nur mit der nötigen Vorsicht und nüchtern zünden.“

Wenn doch etwas passiert, rät die Ärztin – so makaber es klingt: „Abgetrennte Finger oder ähnliches dringend einsammeln und in einem trockenen Behältnis mit in die Klinik bringen.“ In den ersten Stunden nach dem Unfall bestehe dann zumindest die Chance, dass die Gliedmaßen wieder angenäht werden können. „Wird das Gewebe allerdings nass, quillt es auf und ist nicht mehr zu gebrauchen“, sagt Heinrich.