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Tägliches Läuten Glocken machen Hoffnung in Corona-Krise

Zwölf Uhr mittags erklingen jetzt vielerorts Kirchenglocken, so auch im kleinen Dörfchen Niederlepte.

Von Petra Wiese 16.04.2020, 01:01

Niederlepte l Mit Corona hat sich das Leben verändert. Davon kündet auch das Glockenläuten landauf landab. Mahnung und Hoffnungszeichen jeden Mittag um 12 Uhr. Zum Glockenläuten hat die Landeskirche Anhalts ihre Gemeinden aufgerufen. Eine gute Idee befand man in Niederlepte. In Absprache mit dem Gemeindekirchenrat haben es Karl Lohbeck und Bernhard Rothe in dem kleinen Dorf übernommen, im wöchentlichen Wechsel die Kirchenglocken zu läuten. Per Hand werden sie in Schwung gebracht, automatisch geht hier noch nichts.

Zwei Minuten lang erklingen die Niederlepter Glocken. Das Geläut besteht aus zwei gusseisernen Glocken. Die eine ist zehn, die andere zwanzig Zentner schwer. Es handelt sich um die Originalglocken von 1920, sie werden jetzt 100 Jahre alt. Nur einmal wurden sie seitdem herunter genommen. Das war 1996 als die Kirche im Rahmen der Dorferneuerung saniert wurde.

Der Zugang zu den Glocken ist nur per Leiter durch die Decke der Empore möglich. Eine Stiege führt in den Glockenturm. Die dicken Seile werden von der Empore bedient. Beim Läuten beginnt man mit der kleinen Glocke, erklärt es Karl Lohbeck. Schwungvoll zieht er an den Seilen, rechts, links, rechts, links. „Die Glocken haben ihren eigenen Rhythmus. Da kommt man schon rein“, sagt er.

„Wir wollen Zeichen setzen im Kampf gegen den unsichtbaren Feind“, so Karl Lohbeck, „wir wollen die Bevölkerung aufmerksam machen, dass die Kirchen noch da sind.“ Die Gotteshäuser haben Hunderte von Jahren überdauert und sie werden auch weitere überstehen. Ein Aufruf an die Menschen, mal wieder inne zu halten und zu beten. Die Kirchen seien ein ruhender Pol seit Hunderten von Jahren, so Lohbeck, der auch die Tür der Niederlepter Kirche wieder offen lässt für die Menschen, die Bedarf haben.

Karl Lohbeck, seit 1998 in Niederlepte ansässig, ist auch sonst derjenige, der die Glocken im Ort läutet. Die sind zu hören bei Gottesdiensten und bei Beerdigungen. Am Tag nach einem Sterbefall werden die Glocken früh um 8 Uhr geläutet, damit die Dorfbewohner Bescheid wissen.

Anfang 2000 hat Karl Lohbeck die Aufgabe von Erich Wallwitz übernommen. Nur wenn er ausnahmsweise mal nicht kann, übernimmt Eberhard Rothe. Und natürlich wird zum Jahreswechsel geläutet. „Da sitzen meine Frau und ich hier oben“, so Lohbeck. „Sie hat den Sekt dabei und nach dem Läuten prosten wir uns zu“, erzählt er.

Lohbeck läutet das neue Jahr ein, und hoffentlich können die Glocken auch bald das Ende der Corona-Krise verkünden. Bis dahin sollten die Menschen aufhorchen, wenn sie mittags die Glocken hören. Die Niederlepter Dorfkirche ist übrigens ein spätgotischer Feldsteinbau ohne Chor und Apsis mit dem Turm als Dachreiter. Die Ausstattung der Kirche ist schlicht. Im Rahmen des Projektes „Lichtungen“ hat die Kirche 2018 vier neue Fenster nach den Entwürfen von Jochem Poensgen bekommen. Derweil entsteht ein Bibelgarten um das Gotteshaus herum.