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Tempolimit Auf Strafe oder Erziehung setzen?

In Zerbst wird diskutiert, ob an der B 184 ein fester Blitzer aufgestellt werden soll. Oder reichen auch Tempoanzeigen?

Von Daniela Apel 20.02.2021, 00:01

Zerbst l Im Stadtrat zeichnete sich bereits ab, dass der Antrag der SPD-Fraktion zur Anschaffung stationärer oder mobiler Blitzer für rege Diskussion sorgen wird. Während Steffen Grey (FDP) die Radarfallen sofort ablehnte und nicht zuletzt den Vorwurf der Abzocke befürchtete, erwartete Nicole Ifferth (Unabhängige Wählergemeinschaft Zerbst) eine positive Wirkung. Mario Rudolf (Freie Fraktion Zerbst) schlug unterdessen vor, auch über Tempoanzeigen nachzudenken. Konsens herrschte indes dahingehend, das strittige Thema vor einer Entscheidung zunächst ausführlich im Haupt- und Finanzausschuss zu beraten.

Dort wiederum kristallisierte sich heraus, dass zwar Einigkeit darin besteht, Kraftfahrer zum Einhalten der erlaubten Geschwindigkeit zu bewegen. Über das Wie indes gingen die Meinungen auseinander. „Wollen wir Einnahmen erzielen oder Verkehrserziehung betreiben?“, meldete sich Dirk Tischmeier (AfD) als erster zu Wort. Er hatte sich im Vorfeld im Internet schlau gemacht – zur Wirkung der Blitzer ebenso wie zu ihren Kosten.

Demnach gehe der Trend bei fest installierten Radarfallen weg von Starenkästen hin zu modernen Blitzersäulen, die nach seiner Recherche mit gut 120.000 Euro zu Buche schlagen, mobile Blitzer seien sogar noch teurer. Aus dem Grund betrachtete Tischmeier den Zeitpunkt für den Antrag – jetzt mitten in Corona-Zeiten, in denen Geschäfte und Läden geschlossen sind und nicht wenige in Kurzarbeit – als ungünstig.

Statt Geld für Blitzer auszugeben, sollte man die Überwachung der Geschwindigkeit der Polizei überlassen, meinte Tischmeier. Vielmehr begrüßte er die Idee, die deutlich günstigeren Tempoanzeigen – hier gehe es bereits bei 1000 Euro los – in Betracht zu ziehen. Diese Displays, die die gefahrenen Kilometer pro Stunde aufleuchten lassen, könnten nach Ansicht der AfD vor Kitas und Schulen oder auch an Unfallschwerpunkten aufgestellt werden, um Kraftfahrer zu sensibilisieren.

Die Menschen seien durch die Pandemie gebeutelt, dennoch müsse sich jeder an die Straßenverkehrsordnung halten, gab Nicole Ifferth zu bedenken. Oberste Priorität muss aus ihrer Sicht die Verkehrssicherheit haben. „Dabei müssen wir uns klar werden, was wollen wir erreichen?“, wandte sie sich an die übrigen Ausschussmitglieder im Ratssal. Davon hänge es am Ende ab, welches Gerät sinnvoll sei – ein Blitzer oder eben eher eine Tempoanzeige.

Die Geschwindigkeitsüberwachung durch Kommunen sei kürzlich auch bei der Präsidiumssitzung des Städte- und Gemeindebundes von Sachsen-Anhalt Thema gewesen, berichtete Bürgermeister Andreas Dittmann (SPD). Wie er schilderte, werden mobile Blitzer nur selten von Gemeinden eingesetzt, die von dieser rechtlichen Möglichkeit Gebrauch machen. „Weil hier Widersprüche den allermeisten Erfolg haben“, begründete er. Wenn, dann würden stationäre Radarfallen eingesetzt, die aufgrund der hohen Investitionskosten allerdings nur sinnvoll wären bei Straßen mit einem hohen Verkehrsaufkommen. „Und da sind wir dann bei der B 184“, konstatierte Dittmann.

„Das ist schon eine Rennstrecke durch Zerbst“, bestätigte Bernd Wesenberg (Bündnis 90 / Grüne). Nicht nur, dass sich mit zunehmendem Tempo das Unfallrisiko erhöht, auch die Lärmbelästigung steigt, wie er ausführte. Davon besonders betroffen sei der Abschnitt Magdeburger Straße, wo es beidseitig der B 184 Wohnbebauung gebe, meinte der Bürgermeister. „Da haben wir eine tatsächliche Stresssituation“, fand er. Aus dem Grund schlug Dittmann vor, dass die Verwaltung konkret die Kosten kalkuliert, die für die Errichtung eines fest installierten Blitzers anfallen würden. Denn die von Dirk Tischmeier genannten Zahlen „sind nicht unrealistisch“, so der Rathauschef.

Unterdessen regte Steffen Grey an, sich an den „Einflugschneisen“ der B 184 – sowohl aus Richtung Magdeburg wie auch aus Richtung Dessau – für die Errichtung von Kreisverkehren einzusetzen. „Das ist Verkehrsberuhigung erster Güte“, betonte er wohlwissend, „dass wir da auf wenig Gegenliebe stoßen“.

„Es gibt bei der Landesstraßenbaubehörde Ost nicht nur keine große Begeisterung für einen Kreisverkehr, sie sagen einfach ,Nö‘“, schilderte Andreas Dittmann seine Erfahrungen mit der LSBB. Denn seit Langem setzt sich die Stadt für einen solchen Kreisel im Bereich der Kirschallee ein – bislang vergeblich. Für Steffen Grey wäre dies allerdings die beste Variante, um diese neuralgischen Punkte zu entschärfen. Zugleich wäre es ein kostengünstiger Beitrag, da im Gegensatz zu den zu unterhaltenden Blitzern keine Betriebskosten anfallen würden, meinte er.

Der Bürgermeister hatte kein Problem mit einer erneuten Antragsstellung zur Errichtung eines Kreisverkehrs auf der B 184 und zwar diesmal für beiden Ortseingänge. Falls wieder eine Ablehnung zurückkomme, „sollten wir mal in Widerspruch gehen, wenn das möglich ist“, bemerkte Steffen Grey.

Ein solcher Kreisel wäre für Mario Rudolf ebenfalls die bessere Alternative als ein stationärer Blitzer, mit dem er allerdings im Gegensatz zu einer mobilen Radarfalle durchaus mitgehen könnte. Selbst, wenn man den Blitzerstandort kenne, würde es sich verkehrserzieherisch auswirken, da auf das erlaubte Tempo abgebremst werde, argumentierte er. Trotzdem: „Tempoanzeigen sind für uns das Mittel der Wahl“, betonte der Fraktionsvorsitzende der FFZ.

Uwe Krüger (SPD) erklärte, dass die Grundlage für jedwede Entscheidung die Zusammenstellung der Kosten sei, die für Anschaf- fung, Errichtung und Unterhaltung anfallen würden. Diese sollten für einen stationären Blitzer in der Magdeburger Straße und für Tempoanzeigen vorrangig vor Kitas, Schulen, Pflegeheimen und dem Krankenhaus erst durch die Stadtverwaltung ermittelt werden, wurde der vorliegende SPD-Antrag letztlich konkretisiert, wobei es beim Blitzer zwei Gegenstimmen im Ausschuss gab.