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Tierschutz Kastrationspflicht ist umstritten

Die neue Gefahrenabwehrverordnung in Zerbst sorgt für Diskussionen. Besonders umstritten: die Kastrationspflicht für herrenlose Katzen.

Von Thomas Kirchner 14.05.2020, 01:01

Zerbst l Der Stadtrat wollte auf seiner jüngsten Sitzung die neue Gefahrenabwehrverordnung für die Einheitsgemeinde Zerbst beschließen – eigentlich. Das momentan für die Einheitsgemeinde Zerbst geltende Papier läuft zum 30. Juni aus. Doch plötzlich hatten CDU und Freie Wähler (FFZ) Einwände. Sie sehen in dem Papier Widersprüche und Überregulierungen.

Unter anderem ging es Jonas Döhring (CDU) um die Kastrationspflicht für freilaufende Katzen und um das Anbringen von Stacheldrahtzäunen an öffentlichen Wegen und Straßen. Marion Rudolf (Freie Fraktion Zerbst, FFZ) hatte Bauchschmerzen bei der Regulierung der zugelassenen Größen von Feuerschalen oder dem generellen Verbot für das Betreten von Eisflächen (Volksstimme vom 6. Mai).

Nun meldete sich auch Janet Löhn, Ortschaftsrätin in Grimme zu Wort. „Mit Befremden habe ich den Artikel zur neuen Gefahrenabwehrverordnung, die der Stadtrat beschließen wollte, gelesen. Im letzten Absatz wird erwähnt, dass die Ortschaftsräte – außer Dobritz, Nedlitz und Gödnitz – der Verordnung zugestimmt hätten. Der Ortschaftsrat Grimme wurde noch gar nicht angehört. Wie kommt da eine Zustimmung zustande“, fragt sie sich. Auch sie hätte gern ihre Bedenken geäußert, was aber nicht möglich war, da keine Sitzung in Grimme stattfand (in zwei Ortschaften fanden dazu keine Abstimmungen statt, dies wurde im Beitrag nicht explizit erwähnt, Anm. d. Red.).

„Meine Ablehnung gilt vor allem der Kastrationspflicht von freilaufenden Katzen. In den Umlandgemeinden gibt es keine Probleme. Die meisten Besitzer lassen ihre Tiere freiwillig kastrieren, um ungewollten Nachwuchs zu verhindern“, schreibt die Ortschaftsrätin. Finde sich mal ein Streuner an, so werde dieser mit gefüttert und aufgenommen. „Kommt die Kastrations- und Registrierungspflicht, so werden diese Tiere im Tierheim landen, da niemand mehr freiwillig herrenlose Katzen aufnehmen will“, gibt sie zu bedenken. In Zerbst möge es streunende Katzen geben. „Allerdings werden diese von der Verordnung gar nicht erfasst, da sie keinem Besitzer zuzuordnen sind. Hier müssten andere Maßnahmen ergriffen werden, beispielsweise Futterstellen, an denen Tiere eingefangen und dann kastriert werden könnten. Danach sollten diese Tiere wieder am Entnahmeort freigelassen werden, um das Sozialgefüge der Katzenpopulation nicht zu stören“, schlägt Janet Löhn vor. Eine Kennzeichnung der kastrierten Tiere sei durch Markierungen am Ohr (Kerben) möglich.

„Meine größten Bedenken gelten aber, wie auch von Jonas Döhring angemerkt, dem Tierschutz. Ich halte die geplante Verordnung für nicht vereinbar mit dem Tierschutzgesetz. Zwar ist nach Paragraph 6 Absatz 5 eine Kastration zur Verhinderung der unkontrollierten Fortpflanzung erlaubt, darf aber nicht zur Pflicht gemacht werden“, führt sie aus.

Der vom Tierschutzverein angeführte Paragraph 13b ermächtige lediglich die Landesregierungen, Gebiete zum Schutz freilebender Katzen festzulegen. Die dort aufgeführten Maßnahmen, bei denen Kastration gar nicht genannt würden, seien nur zulässig, sofern andere Maßnahmen nicht ausreichen. „Ich denke, in Zerbst wären andere Maßnahmen ausreichend und fordere, wie auch Jonas Döhring, die Verordnung nochmals dahingehend zu überarbeiten“, so Janet Löhn.

Gern hätte Janet Löhn ihre Bedenken geäußert, was aber nicht möglich gewesen sei, da keine Sitzung in Grimme stattgefunden habe.

„Die Ortsbürgermeisterin der Ortschaft Grimme wurde am 13. Januar per Mail gebeten, den Entwurf der Gefahrenabwehrverordnung im Ortschaftsrat zu behandeln und damit das Anhörungsrecht zu nutzen“, sagt Bürgermeister Andreas Dittmann (SPD) auf Nachfrage der Volksstimme, wieso es in Grimme keine Anhörung gab. Insoweit habe es in der Verantwortung der Ortsbürgermeisterin gelegen, eine Sitzung des Ortschaftsrates einzuberufen.

„Durch die Rückverweisung der Vorlage und erneute Behandlung im Monat Juni im Haupt- und Finanzausschuss sowie im Stadtrat, kann der Ortschaftsrat nun dennoch die Vorlage beraten, so ist derzeit ohnehin ein schriftliches Anhörungsverfahren für eine andere Ortschaftsangelegenheit geplant“, erklärt der Rathauschef.

Die Ortsbürgermeisterin erhalte die Info, dass dies auch noch mit der Gefahrenabwehrverordnung möglich sei, wenn auch in der aktuellen Entwurfsfassung, so Dittmann.