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Unterkunft Ein Notquartier für Obdachlose

Nun ist die Stadt Zerbst allein für den Betrieb ihrer Obdachlosenunterkunft verantwortlich. Der Vertrag mit der Awo lief aus.

Von Daniela Apel 30.01.2021, 00:01

Zerbst l Völlig unscheinbar ist der langgestreckte Flachbau in Altbuchsland, in dem sich die Zerbster Obdachlosenunterkunft befindet. Seit 1995 wurde sie von der Arbeiterwohlfahrt (AWO) betrieben, die dort ebenfalls eine Kleiderkammer und eine Möbelbörse unterhielt. Zum Jahreswechsel endete nun allerdings der mit der Stadt geschlossene Vertrag, womit die Kommune fortan selbst für die soziale Einrichtung verantwortlich ist.

Zuständig für dieses Angebot einer warmen und sicheren Übernachtungsmöglichkeit ist das Ordnungsamt. „Über uns erfolgt die Einweisung, außerhalb der Dienstzeit übernimmt das die Rufbereitschaft“, sagt Kerstin Gudella. Sie weiß, dass es in Zerbst mehr Menschen gibt, die auf der Straße leben, als mancher wohl vermutet. Einige kehren immer wieder mal in der Unterkunft ein, manche benötigen sie nur zwischenzeitlich, andere hingegen wollen sie gar nicht nutzen, wie die Amtsleiterin schildert. „Es gibt aber auch Obdachlose, denen ein Hausverbot ausgesprochen werden musste“, erzählt sie. „Alkohol und Drogen sind das größte Problem“, sagt Kerstin Gudella.

Entsprechend schwankt die Frequentierung. „Manchmal ist es leer, dann wieder voll“, sagt die Leiterin des Ordnungsamtes. Über maximal neun Betten verfügt die als Gemeinschaftsunterkunft betriebene Einrichtung. Neben einem kleinen Einzelzimmer gibt es noch zwei Vier-Bett-Zimmer sowie einen separaten Aufenthaltsraum. Toiletten und Duschen befinden sich in den separaten Sanitärbereichen, die nach Geschlechtern getrennt sind. „Damen haben wir aber eher selten, meist sind es Männer“, erzählt Kerstin Gudella.

Das kann Petra Bulitz nur bestätigen. Seit nunmehr zehn Jahren kümmert sie sich bereits um die Obdachlosenunterkunft. Sie sorgt dafür, dass sich die Menschen, die herkommen, trotz der spartanischen Ausstattung wohlfühlen. Die Stadt hat die Zerbsterin als stundenweise tätige Reinigungskraft übernommen. Sie bezieht die Betten neu, legt frische Handtücher hin, putzt Fenster, säubert die Räume grundhaft und wäscht die Kleidung der Obdachlosen.

Diese müssen die Einrichtung tagsüber verlassen und dürfen dort nur nächtigen. „Es ist eine Notunterkunft“, betont Kerstin Gudella. Erst abends um 18 Uhr öffnen sich die Türen. Bis 8 Uhr morgens dürfen die Obdachlosen jetzt im Winter im Gebäude bleiben. „Im Sommer bislang nur bis 7 Uhr“, merkt Kerstin Gudella an und dass dies künftig vielleicht geändert wird.

Die Amtsleiterin erzählt zugleich vom engen Kontakt mit der Zerbster Diakonie. „Sie helfen uns, die Leute zu betreuen und in Wohnraum zu vermitteln“, sagt Kerstin Gudella. Sie ist froh über diese Zusammenarbeit. Denn Ziel sei es, die Obdachlosen zu resozialisieren. Denn: „Wenn man hier ist, ist man erstmal ganz unten angekommen, und den Weg zurückzufinden, ist schwer“, sagt sie. „Vor allem muss man es wollen“, ergänzt Kerstin Gudella. Sie hat schon öfter erlebt, dass sich manche schnell wieder zurückziehen und die angebotene Hilfe nicht wirklich annehmen.

Unterdessen erinnert sich Petra Bulitz an einen Mann, der es fast geschafft hätte. Einen Job hatte er bereits, die eigene Bleibe fehlte noch. Deshalb schlief er in der Notunterkunft der Stadt. Dort holte ihn sein altes Umfeld wieder ein. „Es ist wichtig, dass die Obdachlosen schnell eine Wohnung erhalten“, sagt Kerstin Gudella.

Völlig unentgeltlich ist die Nutzung der Unterkunft für die Obdachlosen übrigens nicht. Vier Euro müssen sie pro Nacht zahlen, so viel kostet auch das Wäschewaschen, wie die Amtsleiterin erzählt.

Apropos. Für die Kleiderkammer der AWO konnte die Stadt mit dem Deutschen Roten Kreuz einen neuen Mieter gewinnen. „Das freut uns natürlich“, sagt Kerstin Gudella. Momentan ist die Kleiderkammer des DRK Bitterfeld-Zerbst aufgrund des derzeitigen Corona-Lockdowns jedoch noch geschlossen.