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Verschiebung Prozessionsspiel erst 2023

Die zweite Auflage des Zerbster Prozessionsspiels muss von 2022 in das Jahr 2023 verschoben werden.

Von Thomas Kirchner 01.03.2021, 00:01

Zerbst l Das Landesverwaltungsamt hat den Antrag auf Förderung der Neuauflage des Zerbster Prozessionsspiels im Jahr 2022 abgelehnt. Darüber hat Bürgermeister Andreas Dittmann am Mittwoch die Stadträte informiert. „Die Ablehnung erfolgte mit Verweis auf nicht ausreichende För- dermittel im Etat der Kultur- und Heimatpflege. Beantragt waren 70 000 Euro bei Gesamtkosten von rund 140 000 Euro. Wir beabsichtigen nun, in Abstimmung mit Prof. Dr. Schwab Fördermittel für das Jahr 2023 aus dem Bereich Theater zu beantragen“, erklärte Dittmann. Letztlich sei aber aus Sicht des ehrenamtlichen Intendanten inzwischen eine Realisierung bis zum ursprünglichen Aufführungsziel September 2022 aufgrund der Corona-Pandemie ohnehin kaum noch zu schaffen gewesen.

„Ich bedauere die Ablehnung sehr, aber mit Blick auf die Öffnungsstrategie des Landes Sachsen-Anhalt wäre es ohnehin fraglich, ob eine Aufführung im Jahr 2022 realistisch ist“, schätzt der Rathauschef die derzeit unübersichtliche Lage ein. Dittmann: „Unser Prozessionsspiel lebt ja gerade davon, dass möglichst viele Menschen etwas gemeinsam auf die Bühne bringen. Davon sind wir momentan weit entfernt.“ Andererseits sei dann das Gemeinschaftsprojekt Prozessionsspiel vielleicht genau der richtige Katalysator, um die Folgen der Corona-Pandemie zu bewältigen.

„Gerade was Begegnung, soziale Kontakte, schlichtweg die Gemeinschaft betrifft, haben wir nun die Erfahrung, wie sehr uns diese fehlen und wie wichtig sie für uns alle sind. Damit sind wir mit Blick auf die Entstehungsgeschichte des Zerbster Prozessionsspiels vermutlich sehr nah am Ursprung. Deshalb gebe ich die Hoffnung nicht auf, dass es uns am Ende doch noch gelingt“, betonte Dittmann gegenüber der Zerbster Volksstimme.

Auch Prof. Hans-Rüdiger Schwab kann mit einer Verschiebung ins Jahr 2023 ganz gut leben. „Nach der Ablehnung des Projektantrags durch das Landesverwaltungsamt ist es absolut sinnvoll, die Strategie anzupassen. Der Bürgermeister wird jetzt deshalb einen neuen Antrag für Theaterförderung im Kulturministerium stellen, was bedeutet, dass die bisherige Zeitplanung nicht zu halten sein wird, da erst zur Jahresmitte 2022 verlässlich mit einem positiven Bescheid zu rechnen wäre“, sagt der künstlerische Leiter und Regisseur des Prozessionsspiels.

Bereits vor Weihnachten habe er gegenüber dem Bürgermeister deutlich gemacht, dass er angesichts der in ihrer Dauer noch nicht abschätzbaren Einschränkungen durch die Pandemie mittlerweile nicht mehr ausschließlich auf den bisher vorgesehenen Zeitplan fixiert ist, sondern sich bereits auf eine Aufführung ein Jahr später einstelle.

„Diese Option hat sich, bedingt durch den unfassbar schleppenden Verlauf der Impfungen, in den letzten Wochen für mich noch verstärkt. An die Aufgabenverteilung, Entwicklung der Szenen und anschließenden Proben könnten wir ohnehin wohl erst ab dem Spätjahr denken – damit ist eine verlässliche Vorbereitung ohnehin kaum möglich“, macht Schwab deutlich.

Wenn nun also auch für die Sicherstellung des finanziellen Rahmens eine Verschiebung des Projekts erforderlich werde, halte er dies nicht für einen Schaden. „Im Gegenteil. Oberstes Gebot bleibt für mich, mit all denen, die dabei sein werden, eine Aufführung von hoher Qualität zu gewährleisten, an die man sich wieder lange und gern erinnern soll“, betont der Professor.

Unter Zeit- und psychologischem Druck sei dies nicht möglich. „Was aber die Werbung betrifft - auch darauf hatte ich in meinem letzten Austausch mit dem Bürgermeister verwiesen - könnte man den Jubiläumstermin doch augenzwinkernd unterlaufen, indem wir das halbe Jahrhundert etwas öffnen, also ein „Zerbster Prozessionsspiel 500 plus 1“ nach Außen kommunizieren“, schlägt der Regisseur vor.

Schwab: „Jetzt wünsche ich mir zunächst einmal, dass wir gut durch die Pandemie kommen und die finanziellen Claims wie vorgesehen abgesteckt werden können. Dann freue ich mich auf die gemeinsame Arbeit mit den Zerbs- tern und ein Wiedersehen mit der Stadt, die mir mittlerweile so sehr ans Herz gewachsen ist“, sagt Hans-Rüdiger Schwab.

Ob es eine Neuauflage für das Zerbster Prozessionsspiel im Jahr 2022 gibt, war vor Beginn der Stadtratssitzung am 24. Juni 2020 völlig offen. Einige Stadträte wagten vor Sitzungsbeginn keine Prognose, wie es ausgehen wird. Andere sagten eine knappe „Ja“-Entscheidung voraus. Am Ende stimmten 17 von 28 Anwesenden für eine Neuauflage des Prozessionsspiels. Nach monatelanger, teils kontroverser Diskussion hatte das Gremium nun das letzte Wort und hat mehrheitlich für eine Neuauflage des Zerbster Prozessionspiels 2022 votiert.

Neun Stadträte waren dagegen, zwei enthielten sich und 17 stimmten für das Volkstheater. Grund für die Diskussionen waren immer wieder die Kosten.

Eine grobe Schätzung vom Januar 2020 geht von Gesamtkosten in Höhe von immerhin rund 140 000 Euro aus, die allerdings weitestgehend von Fördergeldern, unter anderem vom Land Sachsen-Anhalt, der Kreissparkasse Anhalt-Bitterfeld beziehungsweise der Ostdeutsche Sparkassenstiftung, von Lotto Sachsen-Anhalt sowie vom Landkreis Anhalt-Bitterfeld und von Sponsoren- und Eintrittsgeldern gedeckt werden sollen. Einzig die Leistungen des städtischen Bauhofs sollen zu Lasten der Stadt gehen.

Insgesamt 3000 Zuschauer haben die Aufführungen des Prozessionsspiels 2017 auf dem Markt verfolgt, unter ihnen auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) und Vertreter der Kirchen. Fast 450 Laiendarsteller sorgten an den drei Tagen für einen grandiosen Erfolg.