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Währungsunion So kam die D-Mark nach Zerbst

Am 1. Juli 1990 wurde die D-Mark in der DDR eingeführt. Auch die Zerbster Wirtschaft musste damals einiges deswegen umstellen.

Von Julia Puder 01.07.2020, 01:01

Zerbst l „Morgen kommt die D-Mark – und dann?“ – so betitelte die Zerbster Volksstimme ihre Ausgabe vom 30. Juni 1990. Der Beitrag kündigte die Einführung der D-Mark in der DDR an. Eins zu eins sollte das Geld damals umgetauscht werden. Den Zerbstern bleibt heutzutage aber eher in Erinnerung, dass sie ab dann weniger für ihr Geld bekommen haben. „Man hat schon gerechnet. Das hat lange angehalten“, erzählt Ute Freudenberg-Müller. Die Zerbsterin weiß noch, dass sie damals von der Westmark Spielzeug für ihre vier- und einjährigen Kinder gekauft hat.

Eine große Umstellung von der Ost- zur Westmark sei es für sie und ihre Freundin Brit Berzau nicht gewesen. Berzau erinnert sich aber noch ganz genau daran, was sie sich als erstes vom neuen Geld gekauft hat. „Ich war am Brandenburger Tor und habe mir ein Oberteil gekauft. Genauer gesagt, einen lila-farbenen Pullover“, erzählt sie.

Auch die lokalen Geschäfte mussten sich erst langsam an die Währungsunion gewöhnen, wie die Volksstimme vor 30 Jahren berichtete. Die Betriebe mussten unter anderem ihre Preise anpassen, weil die staatlichen Subventionen wegfielen. Barbara Janke, damals Vorsitzende der Produktionsgenossenschaft des Handwerks (PGH) „Figaro“ in Zerbst, hoffte damals, dass die Kunden trotz Preiserhöhung weiterhin zu ihr in den Friseursalon kommen.

Die Konsumgenossenschaft Zerbst für Ökonomie stand unter Stress: „Wir haben vieles auf den letzten Drücker erfahren, wichtige Informationen, zum Beispiel zur Produktgestaltung, erst in allerletzter Minute erhalten“, berichtete Vorstandsmitglied Gudrun Konietzka der Volksstimme. Die Kunden konnten sich jedoch über ein neues Warenangebot freuen.

Einige Zerbster zog es dennoch direkt nach der Grenzöffnung in den Westen. „Die Damen kauften Schmuck im Westen, während die Männer Zuhause Lebensmittel besorgten“, erinnert sich eine Zerbsterin. Nicole Hanebutte durfte sich damals über eine Safari-Barbie-Puppe freuen, wie sie erzählt. „Wir sind mit unserem blauen Trabi in den Westen gefahren, ich glaube nach Wolfsburg“, erinnert sich die Zerbsterin.

Für alle, die vor 30 Jahren mit den öffentlichen Verkehrsmittel in Zerbst und Umgebung unterwegs waren, gab es in den ersten Monaten keine Änderungen. Der Leiter der Zerbster Niederlassung der Kraftverkehr Burg GmbH, wie sie ab 1. Juli 1990 hieß, sagte damals: „Unsere Fahrpreise im Personenverkehr wollen wir zumindest bis zum Jahresende beibehalten.“ Veränderung gab es nur im Schülertransport, weil auch die staatlichen Subventionen wegfielen. Dadurch wurden die finanziellen Mittel der Kommunen noch stärker belastet, da diese für den Schulverkehr aufkamen.

In der Zerbster Kreisverwaltung – Zerbst war damals Kreisstadt des Landkreises Anhalt-Zerbst – wurde extra ein Informationsservice eingerichtet. Dieser sollte „den Übergang zur freien Preisbildung in der Phase der Währungsumstellung erleichtern.“

Schnell hatten sich aber auch die Zerbster Bürger an die neue Währung gewöhnt. Einige halten sogar bis heute daran fest. „Ich nehme die D-Mark gerne wieder. Man hat damals das Doppelte fürs Geld bekommen“, sagt Nicole Hanebutte aus Zerbst. Immer noch sind deutschlandweit viele D-Mark-Scheine im Umlauf.

Ende Dezember des Jahres 2019 wurden laut der Deutschen Bundesbank ausstehende DM-Banknoten im Wert von rund 5,82 Milliarden D-Mark und DM-Münzen im Wert von etwa 6,63 Milliarden D-Mark registriert.

Wer noch Scheine und Münzen Zuhause hat, kann diese sogar noch umtauschen. Die Deutsche Bundesbank ist die einzige Bank in Deutschland, die noch D-Mark in Euro umtauscht. Der feste Wechselkurs, nach dem sich der Umtausch richtet, ist 1 Euro gleich 1,95583 Deutsche Mark. Der Umtausch ist kostenfrei und unbegrenzt möglich. Die nächste Filiale der Deutschen Bundesbank befindet sich in Magdeburg.