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Singer-Songwriterin Aktivistin in Topform: Ani DiFrancos "Binary"

1990 gründete Ani DiFranco mit gerade mal 18 Jahren und mageren 50 Dollar in der Tasche ihre eigene Plattenfirma. Damals war sie eine der ersten wirklich unabhängigen Indie-Musikerinnen, und sie blieb es. Der Erfolg gibt ihr recht.

Von Werner Herpell, dpa 28.06.2017, 17:52

Berlin (dpa) - Null schlechte, viele gute und einige sehr gute Alben hat Ani DiFranco in über 20 Jahren veröffentlicht. "Binary" - ihr 20. Werk - gehört eindeutig zur dritten Kategorie.

Mehr noch: Diese elf äußerst elegant zwischen Folk, Blues, Funk und Jazz pendelnden neuen Songs sind ein Triumph - egal ob man Ani nun allein wegen ihres unermüdlichen sozialen und feministischen Engagements verehrt oder wegen ihrer schieren Klasse als Singer-Songwriterin.

Natürlich ist auch "Binary" wieder auf Righteous Babe Records erschienen, ihrem Label-Ausgangspunkt seit 1990. Die Texte stecken voller politischer Anspielungen und Aufrufe, behandeln Kriegstreiberei und Gewalt ("Pacifist's Lament") ebenso wie aktuelle gesellschaftliche Reizthemen ("Play God"). Ein naives Liebe/Triebe-Album wird man von Ani DiFranco wohl nicht zu hören bekommen, es würde auch nicht zu dem mittlerweile 46-jährigen Energiebündel passen.

Produktionstechnisch ist das vom erfahrenen Produzenten Tchad Blake gemixte "Binary" absolut top. Und was Arrangements und Melodien betrifft, gehört es zu den allerbesten Alben dieser langen Karriere.

Ein erdiger schwarzer Groove liegt unter den durchweg zugänglichen Harmonien, der zärtliche und zugleich selbstbewusste Gesang der Frau aus Buffalo/New York ist eindringlich wie selten zuvor. Mit der prachtvollen bläserverzierten Folk-Ballade "Deferred Gratification" endet ein wunderschöner Songreigen.

Quasi das Tüpfelchen aufs i sind die Gäste - ein klarer Nachweis des riesigen Respekts, den DiFranco längst in der US-Musikszene genießt: Justin Vernon (Bon Iver), David Bowies Bassistin Gail Ann Dorsey, James Browns legendärer Saxofonist Maceo Parker und die New-Orleans-Funkikone Ivan Neville an den Tasten. "Binary" wäre wohl auch ohne diese Leute ein tolles Album, aber mit ihnen wird es hoffentlich noch ein bisschen besser verkauft. Verdient hätten es diese große Aktivistin und ihr kleines Label allemal.

Die einzige Chance, Ani DiFranco in diesem Sommer in Deutschland live zu sehen, gibt es am 9. Juli beim erstklassig besetzten Folk-Festival im thüringischen Rudolstadt (6.-9.7.). 

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