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Energie pur Der Südstaaten-Rock steht wieder voll im Saft

Der kernige Südstaaten-Rock Marke Allman Brothers, Lynyrd Skynyrd oder Little Feat lebt in drei aktuellen Bands weiter. Innerhalb weniger Wochen sind neue Alben von Hard Working Americans, der Chris Robinson Brotherhood und The Magpie Salute erschienen.

Von Werner Herpell, dpa 16.08.2017, 08:41
Kernige Typen: Die Band Hard Working Americans. Foto: Stacie Huckeba
Kernige Typen: Die Band Hard Working Americans. Foto: Stacie Huckeba dpa

Berlin (dpa) - "Eine Spielart des Country-Rock, die sich Ende der 1960er Jahre in den Südstaaten der USA entwickelte und in den 1970er Jahren eine der populärsten Stilrichtungen des Rock war" - so nüchtern wie zutreffend formuliert ein Wikipedia-Eintrag den "Southern-Rock". Drei neue Platten huldigen dieser Stilrichtung.

HARD WORKING AMERICANS: Supergruppe des Neo-Südstaaten-Rock

Die Besetzung dieses Sextetts lässt Kennern das Wasser im Munde zusammenlaufen: Sänger Todd Snider, die Gitarristen Neal Casal und Jesse Aycock, Bassist Dave Schools, Schlagzeuger Duane Trucks und Keyboarder Chad Staelly - alte Kämpen "echter" US-Rockmusik, die meisten mit starkem Southern-Bezug. "We're All In This Together" (Melvin/Thirty Tigers/Alive), ein fast 80-minütiges Live-Album mit energiestrotzenden 2016er Aufnahmen aus Atlanta, Birmingham/Alabama, Arrington/Virginia und Los Angeles, feiert den Südstaaten-Rock mit Herzblut und Virtuosität.

Der Bandname klingt nach einer Donald-Trump-Phrase, doch nichts könnte hier ferner liegen. Dem "Heil Trump" mancher Rechtsaußen-Landsleute setzen sie ein klares "Hail Hail Rock 'n' Roll" entgegen. Diese sechs Herren richten sich an die Hippies, sie lassen sich nicht - wie manche Southern-Rocker vor ihnen - von Rednecks vereinnahmen. "Ich denke, unsere Botschaft findet ein lautes Echo in diesen Tagen und diesem Zeitalter, wo die Menschen so sehr voneinander getrennt sind", sagt Schools. Der Jubel des Publikums über die kraftvollen Gitarrenrock-Songs und glutvollen Balladen spricht dafür, dass das Konzept eines "collective spirit" aufgeht. Festival-Mucke in Vollendung!

CHRIS ROBINSON BROTHERHOOD: Bienenfleißige Hippies

Als Hippie-Truppe mit recht unverblümter Kiffermentalität präsentiert sich das Psychedelic-Rock-Quintett um den früheren Boss der Black Crowes. Einer der Musiker der Chris Robinson Brotherhood: Neal Casal, der auch auf "Barefoot In The Head" (Megaforce/H'art) mit seiner E-Gitarre brilliert. Das Faible für bewusstseinserweiternde Substanzen hat diese Band keineswegs zu Faulpelzen gemacht: Seit 2012 brachten sie fünf Studioalben und eine EP heraus. So vielseitig wie diesmal aber klang ihre Mixtur noch nie, mit Country-Rock, Blues, Honkytonk, Folk und Soul. Und tollen Americana-Balladen wie "If You Had A Heart To Break".

Die fünf langhaarigen und bärtigen Typen der Bruderschaft kennen die Southern-Rock-Vorbilder genau und machen in zehn für ihre Verhältnisse recht fokussierten Songs etwas unerhört Frisches daraus. Ein Klimper-Klavier steht wie in einer verrauchten New-Orleans-Pinte immer irgendwo herum, die Pedal-Steel-Gitarre weint, der Groove klingt erdig, und dazu schickt Chris Robinson den geneigten Hörer mit seiner markanten Koyotenstimme direkt in die 70er Jahre. Eine 45-minütige Zeitreise, bei der das Rad naturgemäß nicht neu erfunden wird, die aber irre Spaß macht. "Good To Know" (so der Titel des abschließenden Tracks), dass es solche Nachlassverwalter der klassischen US-Rockmusik gibt.

THE MAGPIE SALUTE: Kräftig entstaubte Klassiker

Der Bruder von Chris Robinson und Mitbegründer der Black Crowes, Rich Robinson, hat sich längst mit eigenen Projekten emanzipiert. Seine neu gegründete, insgesamt zehnköpfige Band The Magpie Salute spielte nun fast ihr gesamtes selbstbetiteltes Debüt (Eagle Rock/Universal) vor einem handverlesenen, begeisterten Publikum live im Studio in Woodstock ein. Der versierte Gitarrist und seine Mitstreiter zollen in zehn Tracks über 64 Minuten den Black Crowes ("What Is Home", "Wiser Time"), aber auch älteren Helden Tribut.

Die Auswahl der Neuninterpretationen ist kunterbunt: von Pink Floyd ("Fearless") und The Faces ("Glad And Sorry") über Bob Marley ("Time Will Tell") bis zu Delaney And Bonnie ("Comin' Home"). In den oft ausufernden Magpie-Salute-Fassungen mit üppigen Gitarren-Jams und jazzigen Piano/Orgel/Vibrafon-Passagen (Anspieltipp: das neunminütige "War Drums") erhalten die Lieder eine kräftige Southern-Rock-Infusion. Stärker noch als die beiden anderen Bands erinnert Rich Robinsons neue Formation an US-Legenden wie Little Feat, Grateful Dead oder Doobie Brothers. Musik für lange Ami-Highways (oder meinethalben auch nächtliche Autobahnen...).

  

Website Hard Working Americans

Website Chris Robinson Brotherhood

Website The Magpie Salute

Im Geiste der 70er: Chris Robinson Brotherhood. Foto: Megaforce/Silver Arrow Records
Im Geiste der 70er: Chris Robinson Brotherhood. Foto: Megaforce/Silver Arrow Records
dpa