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Auf Tour mit Gruff Rhys Gar nicht zum Gähnen: Ryder-Jones brilliert mit "Yawn"

Er macht es seinem Publikum nicht immer leicht - und ist doch (oder gerade deswegen) einer der talentiertesten britischen Songschreiber: Bill Ryder-Jones zeigt auch auf seinem vierten regulären Studioalbum keine Formschwäche.

Von Werner Herpell, dpa 20.11.2018, 14:28

Berlin (dpa) - Zwar lädt der 35-jährige, immer noch jungenhaft wirkende Sänger und Multiinstrumentalist Bill Ryder-Jones mit dem Albumtitel "Yawn" zu spöttischen Wortspielen ein - aber zum Gähnen ist die Platte nun ganz und gar nicht.

Sie setzt vielmehr auf spannende Weise eine Karriere fort, die vor rund 15 Jahren mit der Gitarristenrolle bei der Psychedelic-Britpop-Truppe The Coral begann.

Ja, "Yawn" nimmt sich Zeit, dehnt sich in verschiedene Richtungen und mäandert auch mal, verlangt dem Hörer Konzentration ab mit ambitionierten Indiefolk- und Gitarrenrock-Songs, die meist nicht den direkten Weg über eine Hookline ins Ohr suchen. Die wieder auf dem feinen Label Domino erschienenen zehn Lieder sind etwas für den zweiten und dritten und vierten Durchlauf, sie offenbaren immer neue Qualitäten und dann durchaus auch Schönheiten.

"Yawn" ist eine lange Platte mit fast einer Stunde Laufzeit. Dabei hatte der Musiker aus West Kirby in der Nähe von Liverpool sogar noch viel mehr Material zur Verfügung: "Ich musste kürzen", sagte Ryder-Jones kürzlich in einem Interview. "Das ganze Album war eigentlich 75 Minuten lang." Im Gegensatz zum letzten Werk "West Kirby County Primary" (2015), mit dem er nicht hundertprozentig glücklich gewesen sei, nennt er das neue nun "eines meiner besten".

Ryder-Jones' zurückhaltend-schläfriger, oft sanft raunender Gesang ist womöglich nicht jedermanns Sache, dafür aber auch nicht so austauschbar wie viele andere Britpop-Stimmen. Zuguterletzt das witzige, berührende Cover-Artwork: Es zeigt in einem Schnappschuss einen frech in die Kamera grimassierenden kleinen Jungen - Bills älterer Bruder Daniel, der im Kindesalter starb.

Mit "Yawn" bleibt es dabei: Die Soloplatten dieses Künstlers sind bravourös unterschiedlich. Zuerst "If..." (2011), ein überwiegend instrumentales Neoklassik-Werk, das Ryder-Jones mit dem Royal Liverpool Philharmonic einspielte; danach "A Bad Wind Blows in My Heart" (2013), ein Singer-Songwriter-Album zwischen Nick Drake und Bill Callahan; dann "West Kirby County Primary", ein melancholischer Rückblick auf eine Jugend im Norden Englands. Die Entwicklung zum flächigen, auch mal noisigen Gitarrenrock setzt Ryder-Jones nun fort und variiert doch erneut seinen Ansatz.

Konzerte von Bill Ryder-Jones im Vorprogramm von Gruff Rhys: 21.11. Ampere/Muffatwerk, München; 22.11. Privatclub, Berlin; 23.11. Turmzimmer, Uebel & Gefährlich, Hamburg; 27.11. Studio 672, Köln.

Internet: https://billryderjones.co.uk/

Facebook: https://www.facebook.com/bryderjones/

Label-Info: http://www.dominorecordco.com/artists/bill-ryder-jones-/