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Dark Days & Canapés Ghostpoet: Es sind finstere Zeiten

Mitten im Sommer bringt Ghostpoet vielleicht eines der düstersten Alben des Jahres heraus. Bestand aber wird "Dark Days & Canapés" auch unabhängig von der Jahreszeit haben.

Von Wolfgang Marx, dpa 21.08.2017, 05:00

Berlin (dpa) - Die Wandlung vom Rapper zum smarten Storyteller hat Ghostpoet längst vollzogen - und gleichzeitig seine Songs von Neo-Trip-Hop mehr Richtung Alternative Rock mit Gitarren verschoben. Sein feinnerviges experimentelles Elektro-Umfeld hat er gleichwohl behalten.

Bei Ghostpoet, der eigentlich Obaro Ejimiwe heißt, darf man sich nie zu sicher sein. So leicht will sich der britische Musiker, der seine Songs seinen Stimmungen anpasst, nicht festlegen und festlegen lassen. Eine unglaubliche Dynamik zeichnet aber sie alle aus.

Am ersten aber verfällt man dieser dunklen Stimme - mehr Spoken Word als wirklicher Gesang. Nick Cave, Mark Lanegan oder Sean Rowe kommen einem da in den Sinn - smart, dunkel, eindringlich.

Mit dem gehetzten "One More Sip" startet Ghostpoet mit finsterem Gebrummel und glockenhellen Piano-Schlägen recht spooky in sein viertes Album "Dark Days & Canapés" (Play It Again Sam/PIAS) - wie ein Auftakt zur Geisterstunde. "Many Moods At Midnight" heißt passenderweise der zweite Song, der mit knallharten Piano-Schlägen und Morricone-Anleihen weiter in die Dunkelheit führt - wie in einem Horrorfilm.

Es sind die finsteren Zeiten, die Ghostpoet auf "Dark Days & Canapés" beschwört. In den Clips zu den Songs "Immigrant Boogie" oder "Freakshow" stanzt der Musiker seine Zukunftsvision in trostlose Bilder des Elends, der Verzweiflung und der Einsamkeit. Bilder einer Dystopie. Die Apokalypse ist nahe, Hoffnung scheint es nicht zu geben. Und wir "(We're) Dominoes" macht einfach nur Angst.

Heiterer wird es nicht: "Karoshi", ein Song musikalisch irgendwo angesiedelt zwischen Suicide und Joy Division, heißt bei den Japanern Tod (durch Überarbeitung). Wie aus dem Grab hallt die Stimme von Ghostpoet herüber, der mit seinen Sound-Landschaften gerne mal in den 80er Jahren andockt. Aber auch zarte Country-Noir-Anleihen ("Woe Is Meee") hat er im Programm. Durch "Freakshow" ziehen die Streicher und in einer dissonanten Welt hämmert das Piano in "Blind As A Bat..." neben die Spur.

Etwas Beunruhigendes und Beschwörendes geht von "Dark Days & Canapés" aus, wobei Ghostpoet das weit verbreitete Gefühl der Unsicherheit kongenial in Songs gegossen hat, bei denen organische Musik (Piano, Gitarren) auf Computer-Sounds (Synthie, Noise) treffen.

Website Ghostpoet