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Queer-Pop Marika Hackman und Shura feiern die lesbische Liebe

Zwei britische Musikerinnen, die offen über Liebe und Sex als lesbische Frau singen, erleben derzeit einen verdienten Hype: die Songwriterin Marika Hackman (27) und die Soulpop-Sängerin Shura (28).

Von Werner Herpell, dpa 15.08.2019, 05:00

Berlin (dpa) - Die Themen der beiden Musikerinnen überschneiden sich teilweise, aber stilistisch könnten Marika Hackman und Shura kaum unterschiedlicher sein.

Die eine singt über Liebe und Sex als lesbische Frau zu Gitarren- und Elektro-Rock; die andere säuselt Romantisches zum supersmoothen Soulpop, den einst Madonna, Prince, Michael und Janet Jackson zur Blüte führten.

Ungeschminkt, vom Fotografen ungeschönt ins Bild gesetzt, mit einem Ferkelchen vor der Brust - so tritt uns MARIKA HACKMAN auf dem Cover ihres dritten Albums "Any Human Friend" (AMF/Caroline International) entgegen. Das selbstbewusste Bild einer Musikerin, die schon auf dem Vorgängerwerk "I'm Not Your Man" (2017) davon sang, einem ignoranten Hetero-Mann die Frau auszuspannen.

Explizit sind auch jetzt wieder Hackmans Texte, Worte wie "fuck", "dick", "blow" oder "hand solo" (für Masturbation) gehören bei ihr ganz natürlich dazu. Zur genderpolitischen Botschaft will das 27-jährige Ex-Model ihre Platte aber nicht hochstilisieren - die schambefreite Wortwahl gefällt ihr einfach.

"Ich tauche förmlich in mich selbst ein und ziehe Hautschicht um Hautschicht ab, entblöße mich recht großflächig", zitiert das Online-Magazin "laut.de" die Britin. Dabei erweist sie sich nicht als verbissene Feministin, sondern zeigt Humor. Beste Textzeile: "Under patriarchal law, I’m gonna die a virgin". Das sitzt.

Auch musikalisch ist "Any Human Friend" ein sehr gelungenes, spannendes Album. Während sie früher eher als Folk-Songwriterin auftrat, sind Hackmans Mittel nun moderner. Weiterhin Gitarren, aber auch jede Menge Synthies und elektronische Beats prägen den Sound dieser derzeit zu Recht gehypten Platte. Als wäre Annie Clark alias St. Vincent mit PJ Harvey ins Studio gegangen. Und auch als Sängerin ist Marika Hackman ganz große Klasse.

Das gilt ebenso für die derzeit in New York beheimatete Aleksandra Denton alias SHURA, die ihre eher zarte Stimme in eine opulent soulige Keyboard-Klangkulisse bettet. Das zweite Album "Forevher" (Secretly Canadian/Cargo) feiert offenkundig autobiografisch die romantische Liebe zweier Frauen - man kann den Titel wohl auch als "forever her" lesen, also "für immer sie".

Es geht um eine Fernbeziehung New York/London ("BKLYNLDN"), um Sex mit höheren Weihen ("Religion (U Can Lay Your Hands On Me)", "Flyin'") und gegen Ende um reine Glücksgefühle (im grandiosen Closer "Skyline, Be Mine"). Die Melodien sind ebenso erhebend wie ihre zunehmend euphorischen Texte: fantastisch künstliche, manchmal auch wunderbar kitschige Hybride aus dem Seventies-Soul einer Minnie Ripperton, dem Charts-Sound der 80er Jahre und aktuellen Autotune-Verfremdungen. Shuras "Control" zitiert sogar bereits im Songtitel einen Janet-Jackson-Megahit von 1986.

Dass "Forevher" wohl ein queeres Statement mit den Mitteln des Sophisticated-Pop sein soll, schlägt sich auch im Album-Artwork nieder: zwei sich küssende Frauen in der Pose von Auguste Rodins Marmorskulptur "Der Kuss".

Shura sagt dazu, sie habe "etwas Spezifisches über meine Erfahrungen als lesbische Frau" zeigen wollen, das jedoch Menschen aller Geschlechter und sexueller Orientierungen schön finden können. "Denn darum geht es doch in der Liebe." Mit dieser äußerst gediegenen, edlen Soul-Platte ist ihr das in jeder Hinsicht gelungen.

Konzerte Shura im November: 5.11. Köln, 6.11. München, 7.11. Berlin, 8.11. Hamburg

Website Marika Hackman

Website Shura

Shura - edler Soul-Pop über die Liebe. Foto: Hollie Fernando
Shura - edler Soul-Pop über die Liebe. Foto: Hollie Fernando
dpa